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Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter
Autoren: Serena David
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Blick, vor dem bis eben schwarze Kreise geflimmert hatten. «Ned?»
    Sein alter Freund und Nachbar wandte mürrisch den Blick ab.
    Adrian musterte die Wunde am Bein, den erschöpften Knightley, die Waffe in dessen Hand. Im selben Moment fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. «Ist er es gewesen?», fragte er.
    «Es ist wichtig, dass wir einen Wagen finden. Ich werde ihn dann kurzschließen. Helfen Sie mir tragen.» Knightley wartete die Antwort nicht ab. Er begann, sich nach einem geeigneten Gefährt umzusehen. Sein Blick fiel auf einen dunkelgrünen Mercedes, der mit offenen Türen schräg auf dem Gehsteig stand. Offenbar hatten seine Besitzer es im letzten Moment vorgezogen, anderweitig zu flüchten. Knightley betete, dass der Tank voll war.
    «Nein», sagte Adrian.
    «Was?» Knightley rechnete so wenig mit einer Ablehnung, dass er nicht sofort verstand.
    «Ich muss woandershin.» Adrian richtete sich auf und machte Miene weiterzugehen. Es wurde ein Hinken daraus. «Tut mir leid.»
    «Mir auch», sagte Knightley. Das Klicken, mit dem er seine Waffe entsicherte, widerlegte seine Worte.
     
    «Du hast recht.» Ondras Vater sprach, so sanft er konnte. «Man muss ein Opfer bringen.»
    «Ein Opfer», wiederholte Ondra voller Abscheu. «Du meinst, man muss jemanden töten.»
    Er hob die Hände. «Was willst du? Du hast getötet, um zu werden, was du jetzt bist.»
    Rose fuhr herum: «Stimmt das?» Sie schrie es beinahe. «Ist das wahr, Christy?»
    «Christy?», schnaubte Nox
    Aura kicherte.
    «Haltet ihr die Klappe», fuhr Ondra sie an. Und an Rose gewandt fuhr sie fort: «Nein, es stimmt nicht. Ich brauchte Menschenblut, das ist wahr. Ich habe eine Frau gebissen. Sie fiel ins Wasser, ich trug sie an Land, und dort kam sie wieder zu sich, das ist alles. Sie war gesund, als ich sie verließ.» Sie senkte den Kopf und fuhr leiser fort: «Allerdings habe ich ihre Kleider gestohlen.»
    «Ach, das grelle Zeug war nicht deins?» Rose konnte nicht anders, sie war erleichtert.
    Ihr Vater hob die Brauen. «Stimmt das?», fragte er.
    Er brauchte Aura nicht extra anzusehen. Sie wusste, dass sie gemeint war, und nickte, wenn auch widerstrebend. «Es ist wohl so», gab sie zu. Danach zuckte sie zusammen.
    Ondra lächelte böse. Sie wusste, ihr Vater konnte strafen, ohne die Hand oder auch nur die Stimme zu erheben. Im selben Moment wurde ihr bewusst, dass sie ihn nicht hörte. Er erreichte sie nicht. Sie jubelte innerlich, als ihr das klar wurde. Ihr Menschsein erwies sich zum ersten Mal als Vorteil. Er konnte ihre Gedanken weder lesen noch beeinflussen. Morningstar war sicher vor ihm.
    «Was gibt es da zu lachen?», fuhr ihr Vater sie an.
    Ondra versuchte, sich zu beherrschen.
    Missmutig fuhr der Meerkönig fort: «Der Rückweg ist nicht so billig zu haben. Mir hat mein Bruder ihn geebnet.» Als er sah, wie Ondra die Augen aufriss, fuhr er schnell fort: «Es war seine Idee. Und sein Wunsch. Ich wollte nicht gehen. Aber Frank bedrängte mich, mein Bruder rief nach mir – am Ende gab ich nach.»
    «Du gabst nach.» Ondra klang gallig. «Und hast ihn getötet.»
    Ihr Vater schaute sie an. Wie gerne hätte er ihr erklärt, dass auch er in seinem Leben nicht immer das getan hatte, was er wollte. Er war Zwängen gefolgt, er war schwach gewesen. Vielleicht hatte er sogar Fehler gemacht. Er wusste es nicht. Jedenfalls hatte er mit den schlimmsten Momenten seines Lebens dafür bezahlt. Und weitergemacht. Solche Dinge teilte man nicht mit seinen Kindern; man teilte sie mit niemandem. Unwillkürlich schaute er zur Seite.
    Dort stand Rose, noch immer zusammengekrümmt. Aber etwas in der Art, wie sie den Kopf hielt, etwas in der Geste, mit der sie sich die Hände vors Gesicht schlug, sagte ihm, dass sie ihn verstand, wieder einmal. Noch immer. Und für einen Moment gestand er sich ein, dass er nichts lieber getan hätte, als seinen Fischleib abzustreifen und mit ihr fortzugehen. Aber es ging nicht, er würde sich nie wieder verwandeln. Er durfte nicht, und er hatte das akzeptiert. Diese Erkenntnis schmerzte mehr als jeder Augenblick der Transformation.
    Ondra bemerkte nichts von alldem. Nur Nox schien etwas zu ahnen oder zu spüren, denn er trat vor. «Ich habe mich freiwillig erboten», stellte er klar.
    «Du?» Ondra musterte ihn kalt. Als er ihrem Blick standhielt, versuchte sie es mit Sarkasmus. «Ist das nicht ein wenig zu intim?», fragte sie. «Dafür, wie wir zueinander stehen?»
    Nox blieb ganz ruhig. «Nicht für mich», sagte er und
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