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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel
Autoren: C Walden
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anschließend.
    Die Tür zu den Gewölben stand offen. Der Schein der Fackeln reichte bis zu dem dunklen Wasser, dessen Stand etwas gestiegen war.
    »Vielleicht ist es besser, wenn ich Euch helfe«, sagte Wolfhart, der nun durch die Tür in den Bereich der Anlegestelle trat.
    »Nein, ich nehme Theofanos mit – so wie immer«, widersprach Cagliari und sah Wolfhart an.
    Theofanos erhob sich träge. Er schien nun offenbar doch bereit zu sein, seinem Herrn zu dienen.
    Wenig später fuhren Cagliari und Theofanos mit einer der Barken, die mit mehreren Dutzend mit Pech verkleideten Behältern gefüllt war, in die ewige Nacht der säulengestützten Unterwelt von Konstantinopel.
    »Man sollte sich nichts daraus machen«, sagte Timon, der plötzlich hinter Wolfhart aufgetaucht war.
    Wolfhart drehte sich um. »Woraus?«
    »Daraus, dass er nicht jedem traut.«
    »So?«
    »Er traut niemandem, der nicht dieser Bruderschaft angehört, deren Anhänger sich ein Zeichen auf die Haut brennen.«
    »Ich gehöre nicht dazu«, stellte Wolfhart fest.
    »Ich auch nicht. Jemanden wie mich würde nicht einmal ein geheimer Orden aufnehmen. Die Bruderschaft glaubt, dass man der Hölle zur Herrschaft verhelfen muss, um dem Bösen zu begegnen.« Er verzog sein entstelltes Gesicht, das für einen kurzen Moment zur Gänze in den Fackelschein geriet, zu einer hässlichen Grimasse.
    Die Ruhepausen, die sich Wolfhart und alle anderen Helfer des Meister-Medicus leisteten, wurden immer seltener. Doch letztlich forderte die Natur ihren Tribut, und so sank Darenius schließlich vor Erschöpfung zu Boden. Glücklicherweise geschah dies im Korridor und nicht im Rattengewölbe, wo die Flöhe zweifellos die Möglichkeit genutzt hätten, um durch die Nasenlöcher und Augenschlitze der Schnabelmaske einzudringen. Nicht einmal die stark riechenden ätherischen Öle hätten sie vermutlich daran gehindert.
    Doch Darenius war für den Meister unabkömmlich. Cagliari selbst begab sich nach getaner Arbeit zu Besprechungen in den Palast. Er ließ keinen Zweifel daran, dass es dabei um den bevorstehenden Einsatz des Schwarzen Todes gegen die Belagerer gehen würde. Sosehr Wolfhart auch nachfragte, er bekam keine Auskunft, mit wem sich der Medicus treffen wollte. »Ihr müsst nicht alles wissen, Wolfhart«, war Cagliaris lakonische Antwort.
    Darenius hatte während der Abwesenheit des Meisters die Befehlsgewalt. Timon sah allein darin schon ein untrügliches Zeichen dafür, dass auch der ehemalige Mönch dieser unheiligen Bruderschaft im Zeichen von Lambda und Rho angehörte. Allerdings wagte Wolfhart nicht, Darenius danach zu fragen und unnötige Aufmerksamkeit zu erregen.
    Zu tun gab es auch jetzt noch genug. Meister Cagliari hatte ihnen aufgetragen, den Raum zu reinigen, in dem er den Körper des an der Pest gestorbenen Theofilos zerschnitten hatte. Der ganze Raum sollte mit ätherischen Ölen eingestrichen werden, sodass nichts von der krankmachenden Essenz zurückbleiben würde. Bei der Leichenöffnung war viel Blut auf den Boden getrieft. Der Medicus hatte den Toten vollkommen zerteilt und die Überreste in Tongefäße gefüllt, die anschließend dicht verschlossen wurden. Die Gefäße sollten aber noch zusätzlich mit Wachs versiegelt werden.
    »Wisst Ihr, was Meister Cagliari mit diesen Gefäßen beabsichtigt?«, wandte sich Wolfhart an Darenius.
    »Sein Ziel ist immer dasselbe, Wolfhart. Es geht um die Essenz des Schwarzen Todes, die in Theofilos’ Körper irgendwo verborgen sein muss!«
    Der Geschützdonner hallte jetzt manchmal in den Zisternen wider, und es schien, als würden die Hohlräume unter der Stadt wie der Klangkörper eines gewaltigen Instruments wirken. Dazu gab es oft einen Widerhall, sodass ein andauerndes Grollen zu hören war wie bei einem herannahenden Gewitter.
    »Man könnte meinen, die Truppen des Sultans müssten jeden Augenblick den Palast erstürmen«, meinte Wolfhart.
    »Ihr täuscht Euch, Wolfhart«, glaubte Darenius. »Und davon abgesehen würde den Belagerern das auch nicht gut bekommen, wie ich annehmen will.«
    »Ihr meint – wegen des Schwarzen Todes?«
    »So ist es.«
    »Glaubt Ihr, Meister Cagliari würde die Behälter auch dann öffnen, wenn bereits in der Stadt gekämpft würde?«
    »Natürlich! Die Wirkung wäre dieselbe.« Er lächelte. »Uns müsste das nicht sonderlich beunruhigen, Wolfhart. Wir sind dem Schwarzen Tod so nahe, dass wir uns zu schützen wissen – nun ja, meistens zumindest.«
    »Er würde die eigene
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