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Meckerfritz - 3: Bissige und ironische Betrachtungen des Alltags. (German Edition)

Meckerfritz - 3: Bissige und ironische Betrachtungen des Alltags. (German Edition)

Titel: Meckerfritz - 3: Bissige und ironische Betrachtungen des Alltags. (German Edition)
Autoren: Lutz Spilker
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Sie haben sie gesehen, die Gaskammern, die ausgehobenen Gruben, welche als Massengrab dienten und die Räume mit den Pritschen. Gesehen haben es viele. Teils auf Bildern und teils als Touristenattraktion, aber erlebt hat es von diesen Leuten niemand.
     
    Unverständnis in den Gesichtern derer, die keine Ansprüche und keine fragwürdigen Verdienste vorbringen und nicht das Schicksal einer längst verstorbenen Generation zum Alibi des eigenen Handelns verbiegen. Stellte man einige Personen »rein netto« dar, bliebe von ihnen nichts mehr übrig. Sie würden in der Masse verschwinden wie Millionen andere es auch und ohne Kommentar tun.

Die bunte Welt der Rückspiegel
     
    Babys haben keine Käse-Füße, die bekommt man erst viel später. Hätten Babys jedoch stark schwitzende und unangenehm riechende Zehenhalter, würde niemand ihre Schühchen an den Rückspiegel eines Autos befestigen. Obwohl es den eigenen Eltern wahrscheinlich nicht auffiele und man sich zur Not mit einem Frischebäumchen behelfen könnte, der ebenfalls am inneren Rückspiegel baumelt. Zum Glück kam bisher noch niemand auf die Idee, die erste vollgeknödelte Windel als Sichteinschränkung an den Rückspiegel zu hängen.
     
    Wer nun kinderlos ist und sich nicht zur ewigen Erinnerung die ersten Treterchen des Nachwuchses an den Spiegel knoten kann, greift auf andere Dinge zurück. In der Beliebtheitsskala stehen Würfel weit oben. Passend zur Lackierung des Gefährts, oder zur Augen- oder momentanen Haarfarbe der Beifahrerin, findet der Asphaltjünger sie sortiert in den Regalen.
     
    Diese Gehängebamsel an den Rückspiegeln der Autos sollen Glück bringen. Es sind demnach Glücksbringer, manche sagen dazu Götzen. Demzufolge leistet ein paar Babyschuhe Götzendienst. Kommt es dann zum frontalen Auffahrunfall während einer beschwingten Geisterfahrt, hat der Glücksbringer komplett versagt. Das dazugehörige Kind ist ohnehin schon an der Uni und macht sich um ehemaliges Schuhwerk kaum Gedanken.
     
    Nicht nur dem medizinalen Studiosus, sondern auch allen anderen morbiden Wegwerfverweigerern, stehen Skelette im Miniformat zur Verfügung, die dann bei jeder Kurve eine bombastische Schräglage einnehmen. Schaut man den Knochenexhibitionisten länger zu, nimmt der Rückspiegel samt dazugehörigem Gefährt ebenfalls einen bedenklichen Neigungswinkel an.
     
    Zur Personenrettung dringend benötigte Utensilien, falls es tatsächlich mal zum Crash kommt, entdeckt das Auge des Betrachters so gut wie nie. Nothämmer und Sägen, Bolzenschneider und Warndreiecke, sowie andere nützliche Gegenstände, werden nicht am Rückspiegel befestigt. Hier werden Handlungs- und Aufklärungsbedarf erkennbar. Noch nicht einmal ein Schweizer Messer liegt griffbereit herum. Stattdessen hat man den Rückspiegel mittlerweile mit einer durchgehenden und rostfreien Schraube, wegen der ständig zunehmenden zu tragenden Last, an der Windschutzscheibe des Benzinschluckers befestigt.
     
    Selbst die flüchtig von Schnee und Eis befreiten Scheiben des Winters, bieten mehr optischen Durchlass, als die, einer öffentlichen Müllhalde gleichenden Rückspiegel mancher Rostlauben. Oftmals fühlt man sich an den Arm eines Wolfgang Petry erinnert, an dem unzählige Freundschaftsbändchen ihr wahrscheinlich geruchintensives Dasein fristeten.
     
    Der immer weiter nach vorne gerückte Fahrersitz deutet es an: Hier wird das Auge in verkehrstechnischer Hinsicht nicht mehr fündig. Die Pupille des Fahrers leistet innen den gleichen Dienst, wie die Wischer außen.
     
    Dieser Trend hält schon lange an und findet nun auch Nachahmer. So hängen z. B. Piloten einer Verkehrsmaschine den BH der Stewardess an den Spiegel, die nicht schnell genug die Hotelzimmertüre verschließen konnte. Linienbusfahrer befestigen an den Rückspiegel gerne Liegengebliebenes. Skateboards und Zelte, Rucksäcke mit und ohne Wanderkarte, Taucherflossen und Falschgeld, tütenweise Rauschgift und Lektüren aller Art, findet man schnell und der Aushang erscheint sortentreu und übersichtlich. Selbst von der Straße aus können sich Besitzer über den Verbleib ihrer Gegenstände kostenlos informieren, gottlob ist Glas durchsichtig. Auch Straßen- und U-Bahnen haben sich dem Treiben angeschlossen und bieten diesen Schaufenstereffekt. Suizidambitionierte Aufsgleisspringer schätzt man als Gaffer ein, denn die ansonsten aktiven Fundbüros werden nun anderweitig genutzt und das Inerfahrungbringen des Aufenthaltsortes evtl.
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