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Meade Glenn

Meade Glenn

Titel: Meade Glenn
Autoren: Unternehmen Brandenburg
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Verrückte Indios und Mestizen in den Elendsvierteln, die sich gegenseitig abstachen, wenn sie zuviel Schnaps getrunken hatten, korrupte Polizisten auf Raubzug, die Straßenkinder, die auf der Calle Palma den Touristen die Brieftaschen stahlen. Für ihn waren das alles nur noch Wiederholungen im Fernsehen. Deshalb war ihm die Geschichte, an der er eigentlich saß, so wichtig.
    »Bist du noch dran?« Mendoza klang gereizt. »Rudi, ich hab’
    nicht den ganzen Tag Zeit.«
    »Der Alte, hast du noch was über ihn?«
    »Nur Namen und Adresse … Momentchen, ich hab’s hier irgendwo in diesem Chaos …«
    Hernandez zog an der Zigarette. Welchen sollte er nehmen?
    Raubüberfall oder Selbstmord? Welche Rolle spielte das schon?
    Nimm dir den Fall, der am dichtesten am Flughafen ist, dachte er.
    »Der Name des Alten ist … Jesus Maria, was ist das bloß für ein Name? Tscharkin, Nikolas Tscharkin. Sein Haus liegt in der Calle Iguazu. Nummer dreiundzwanzig.«
    Hernandez schwieg. Der Schock elektrisierte ihn am ganzen Körper, und seine Haut kribbelte. »Nikolas Tscharkin? Bist du sicher?«
    »Sicher bin ich sicher. So steht es hier jedenfalls. Wie viele Nikolas Tscharkins laufen wohl in Asunción herum, hm?«
    Hernandez klopfte das Herz bis zum Hals. Er erinnerte sich sehr genau an den Namen, und auch an das Gesicht. Vielleicht hatte sich Mendoza ja geirrt?
    »Gib mir noch mal die Adresse.«
    »Calle Iguazu 23. Was hast du? Schon mal von dem Kerl gehört?«
    »Nein«, log Rudi. »Was ist mit der Polizei?« Er spürte, wie sein Hals und die Handflächen schweißnaß wurden. Draußen, außerhalb des klimatisierten Terminals, herrschten beinahe vierzig Grad, drinnen angenehme zwanzig, und trotzdem schwitzte er am ganzen Körper.
    »Was soll damit sein?« erkundigte sich Mendoza.
    »Sind Polizeibeamte im Haus?«
    »Vermutlich, aber genau weiß ich das nicht.« Der Redakteur wartete ungeduldig und fragte schließlich. »Also, welchen willst du?«
    Hernandez überlegte. Es war dieselbe Adresse. Er war dagewesen, hatte gegenüber auf der Straße geparkt und das Haus beobachtet, weil Rodriguez ihn darum gebeten hatte. Er erinnerte sich daran, als wäre es gestern gewesen. Der Tag, an dem er die Fotos gemacht hatte. Das große Haus mit den weißen Wänden, wo der alte Mann lebte, der Alte, den er auf Rodriguez’ Anweisungen hin beobachten sollte.
    Und jetzt war der alte Mann tot. Der Alte, und Rodriguez ebenfalls.
    Mendozas Stimme klang jetzt eindeutig verärgert.
    »Mensch, Rudi … Was zum Teufel ist mit dir los? Welchen Fall willst du? Ich hab’ nicht den ganzen Tag Zeit.«
    »Ich nehme Tscharkin«, erklärte Hernandez. »Ich melde mich bald wieder bei dir.«
    3. KAPITEL
    Straßburg.
    23. November.
    Heute war Sally Thorntons letzter Abend in Straßburg, und sie wußte ganz genau, was sie wollte: Sie wollte mit ihm ins Bett.
    Es regnete in Strömen, als sie aus dem Restaurant in der Nähe der Oper kamen. Joe Volkmann hielt ein Taxi an und nannte dem Fahrer die Adresse seiner Wohnung. In dem Moment war Sally klar, daß sie die Nacht dort verbringen würde. Männer luden Frauen in einer regennassen Nacht nicht zu einem Drink ein und schickten sie dann mit dem Taxi nach Hause. Jedenfalls nicht die Männer, die sie kannte.
    Sie trug eine smaragdgrüne Bluse, die sich eng an ihre schlanke Figur schmiegte und gut zu ihren Augen paßte. Ihre langen Beine steckten in glatten, schwarzen Nylons, und Sally war klar, daß sie von vielen Frauen glühend um ihre Figur beneidet wurde. Sie hatte große, feste Brüste und schmale Hüften. Aber sie war nicht leicht herumzukriegen, und sie ging auch nicht verschwenderisch mit ihren erotischen Reizen um.
    Außerdem wollte sie im Augenblick keine feste Beziehung. Sex war für sie ein Ausdruck der gegenseitigen Anziehung.
    Eine Menge Jungs im DSE-Hauptquartier klopften an ihre Bürotür, um mit ihr zu plaudern. Sie erkannte an ihren Blicken und den Beulen in ihren Hosen, daß sich ihre Absichten keineswegs nur auf die Arbeit bezogen und alles andere als ehrenhaft waren. Joe Volkmann war da ganz anders. Vielleicht wollte sie ihn genau deshalb.
    Sally hatte vor fünf Jahren in Oxford Examen gemacht und arbeitete seitdem für den Geheimdienst. An diesem Abend ging ihr sechswöchiges Praktikum bei der DSE zu Ende – der Direction de Sécurité Européene oder Büro für Innereuropäische Sicherheitspolitische Zusammenarbeit, das vor anderthalb Jahren von der Europäischen Union gegründet worden war. Mit
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