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Max Perplex

Max Perplex

Titel: Max Perplex
Autoren: Hen Hermanns
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Ludwig Marcuse gelesen. Den stringentesten Glücksdurchblick hatten eigentlich die Epikureer, wenn ich mich richtig erinnere.«
    »Sie haben den Durchblick jedenfalls nicht«, sagte Frank, »und ich bin es jetzt satt, Ihre Sprüche anzuhören. Lassen Sie die Finger von Ziegler.«
    »Wo denken Sie hin, Herr Wachtmeister! Ich habe eine Freundin!«
    Frank spielte wieder die echauffierte Herz-Lungen-Maschine. »Fffffff.«
    »Kommissar«, stellte Bohling vorwurfsvoll richtig, »Kommissar. Sagen Sie Ziegler ab, Herr Reinartz. Sie sind nicht der Typ, der Kidnapper zur Strecke bringt. Machen Sie ein bißchen Urlaub. Das dürfte für alle Beteiligten das beste sein.«
    »Und was für Beteiligte sind das? Klingt ja interessant.« Frank stand auf und griff seinen Mantel.
    »Die Beteiligten, das sind wir drei, Herr Reinartz«, sagte er, »Sie allein, wir zwei und hinter uns der ganze Polizeiapparat. Geben Sie auf. Komm, Martin.«
    Bohling sah mich traurig an, schüttelte den Kopf und griff ebenfalls nach seinem Mantel.
    »Passen Sie auf, Reinartz«, sagte er, »das Leben ist voller Fallstricke.«
    An der Tür drehten sie sich noch mal um, und Frank zeigte mit dem Finger auf mich. »Wir haben Sie gewarnt.«

    Ich wartete ein paar Minuten und rief dann Hartmut Knodt an.
    »Ich glaube, du mußt jetzt mal eingreifen.« Ich erzählte ihm kurz von dem netten Überraschungsbesuch.
    »Und was erwartest du von mir? Ich hab keine guten Kontakte zur Polizei.«
    »Aber du hast ein paar Bekannte auf der Gegenseite, oder? Hör dich doch mal ein bißchen um. Ich muß langsam vorankommen. Ich hab keine Lust, mich von den Bullen einschüchtern zu lassen. Ich werde denen die Kidnapper auf einem silbernen Tablett servieren. Ohne >ffffff< und ohne Abitur.«
    »Wieso Abitur?«
    »Vergiß es!«
    » Komm heute abend ins >Basilikum<, vielleicht weiß ich dann schon mehr.«

5.

    Um fünf vor drei stand ich im Vorzimmer von Dr. Hans Breyvogel, Vorstandsvorsitzender der DALAG AG. Zum auch hier angebrachten grauen Yamamotosack trug ich noch eine sehr schmale, sehr leere Aktenmappe. Die Vorzimmerdame mit der erotischen tiefen Stimme war leider ganz und gar nicht nach meinem Geschmack. Sie war gar keine Dame. Breyvogel schien einen Assistenten zu bevorzugen. Bürstenhaarschnitt, Dreitagebart, Schnauzer, eine kleine runde Hornbrille, geradezu die Reinkarnation von Walter Benjamin. Er gab irgend etwas in einen Computer ein. An seinem rechten Ringfinger steckte ein Siegelring. Wie war das noch mit dem guten Geschmack und dem ständigen Bemühen, Übertreibungen entgegenzuwirken? Jetzt schien er den Computer genügend gefüttert zu haben und schenkte mir seine volle Aufmerksamkeit. »Sie kommen von der >Capital<-Redaktion?«
    »Ja, wir haben miteinander telefoniert.«
    »Ich weiß. Dürfte ich mal Ihren Presseausweis sehen?«
    Was macht man in einer solchen Situation? Sagen, daß man seinen Presseausweis leider vergessen hat, und nach Hause geschickt werden? Irgendwelche Ausreden und Ablenkungsmanöver erfinden? Ein anständiger Investigator macht keine Fisimatenten, sondern zieht ganz cool einen Presseausweis aus der Tasche. Glauben Sie denn, ich bin blöd? Zu meiner Ausstattung als Investigator zählte ein ganzer Haufen Visitenkarten und Ausweise, die mir mein Exkollege, der Artdirektor Sigi, zu einem Sonderpreis gestaltet hatte.
    »Einen Augenblick noch, Herr Dr. Wachsmuth«, sagte der Siegelringträger, »Herr Dr. Breyvogel telefoniert noch.« Ich lächelte verständnisinnig. Dann hatte Breyvogel anscheinend aufgelegt und nach einem kurzen »Herr-Dr.-Wachsmuth-wäre-jetzt-da-Herr-Dr.-Breyvogel-soll-rein-kommen«-Ritual über eine Gegensprechanlage wurde ich ins Allerheiligste geführt. Der Assistent hielt mir die gepolsterte Tür auf, und ich betrat einen Raum von der Größe eines Öltankers. Ich ging die zehn Kilometer zu Breyvogels Schreibtisch. Breyvogel stand auf und kam mir entgegen. Er deutete auf einen riesigen Ölschinken, auf dem zerbrochenes Porzellan und Hirschgeweihe klebten.
    »Mögen Sie Julian Schnabel?« fragte er, und das »Mögen Sie« klang wie »Mögetse«. Der kleine dicke Mann mit den buschigen Augenbrauen, die waigelhaft über dem Nasenbein zusammenwuchsen, war offensichtlich ein Schwabe. »Julian Schnabel, kreativ wi’d Sau«, schwäbelte ich etwas derb, aber glaubhaft. Breyvogel fiel auf mein Imitationstalent rein.
    »Wo kommet Sie her?« fragte er begeistert.
    »Stuargert.«
    »Hanno, an Landsmann. Und was kann ich für Sie tun?
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