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Max Perplex

Max Perplex

Titel: Max Perplex
Autoren: Hen Hermanns
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leichtnehmen. Lebend kommt man da sowieso nicht raus. Aber manchmal ist es eben nicht leicht.

    Ich rief Alwine an und verabredete mich mit ihr im >Kornbrenner<. Gegen seelische Kälte hilft mir manchmal ein riesiges Stück Cordon bleu mit Sauce Hollandaise und Bratkartoffeln, und im >Kornbrenner< wird diese Medizin auf konkurrenzlose Art zubereitet. Wir unterhielten uns weder über das neue Theaterstück noch über meine Detektivspiele, und es wurde noch ein netter Abend. Als ich Alwine fragte, ob sie sich nicht mal wieder meine Briefmarkensammlung ansehen wollte, ging sie ohne Zögern darauf ein.

4.

    Den nächsten Vormittag verbrachte ich mit Julian Barnes in meinem Büro. Ich war gerade mit seinem Essay fertig, in dem er die Liebe den Monstrositäten und Grausamkeiten des Lebens entgegensetzt. Die Liebe. So ungeheuer viel und doch so wenig. Die Tür ging auf. Der eine war gut eins neunzig, schlacksig und blond. Der andere eins siebzig, schlank und dunkel. Beide waren Ende Dreißig, trugen graue Anzüge und farbige Krawatten, die auch irgendwie grau aussahen. Beide sahen gleichzeitig durchtrainiert und ungesund aus. Lalülala, die Polizei. Jetzt lächelten sie mich an, und der Blonde hielt mir seine Legitimation entgegen.
    »Kriminalpolizei«, sagte er, »mein Name ist Jochen Frank, und das hier ist mein Kollege Martin Bohling.«
    »Wie schön«, sagte ich. »Und was führt Sie ohne Schlüssel in mein Büro?«
    »Die Tür stand auf«, sagte Bohling, »sehr unvorsichtig, wenn man bedenkt, was Sie beruflich so machen.«
    Geradezu synchron warfen die Herren ihre Mäntel auf meine Besucherstühlchen, rückten sie zurecht und setzten sich. Frank zog sein Fielmann-Gestell ab, sah mich mit müden kurzsichtigen Augen an, legte die Brille auf den Tisch, fuhr sich mit beiden Händen durchs Blondhaar, seufzte resigniert und sah dann zu Bohling rüber.
    »Fang schon an, Martin.«
    »Sie sind also Privatdetektiv, Herr Reinartz, ja?« fragte Bohling freundlich. Das Rollenspiel ging wohl so, daß Bohling der Gute und Frank der Böse war.
    »Hundert Punkte«, gratulierte ich.
    »Und gestern haben Sie Herrn Ziegler besucht?«
    »Ist das gesetzwidrig? Herr Ziegler ist mein Klient.«
    Frank zog sich tief ein scharfes »ffffff« in die Lunge. »Da kriegen Sie ein Problem«, sagte er.
    »Wieso kriege ich ein Problem? Und woher wissen Sie überhaupt, daß ich bei Ziegler war?«
    »Wenn Ziegler Ihr Klient ist«, sagte Frank und setzte die Brille wieder auf, »dann wissen Sie ja wohl, was los ist. Solange dieser Fall nicht zu den Akten gelegt ist, machen wir hin und wieder noch ein paar Routinebeobachtungen. Wir sahen Sie ins Haus gehen, notierten Ihre Autonummer und kriegten raus, wer Sie sind.«
    »Und wo liegt nun das Problem?« fragte ich.
    »Wir haben es nicht gerne, wenn sich jemand in unsere Arbeit einmischt«, sagte Bohling.
    »Herr Ziegler hat sein Glück verloren«, sagte ich, »und ich soll es wiederfinden. Wieso mische ich mich damit in Ihre Arbeit ein?«
    Jetzt zog sich Bohling ein lautes scharfes »fffff« in die Lunge.
    »Sie sind aber ein gut eingespieltes Team«, lobte ich, »machen Sie fernöstliche Atemübungen in Ihrer Polizeihochschule? «
    »Wenn Sie uns nicht verstehen wollen, müssen wir Ihnen ziemlichen Ärger machen. So eine Lizenz ist schnell weg. Vielleicht interessiert sich auch das Finanzamt für Sie«, sagte Bohling.
    »Meine Güte, jetzt hab ich aber Angst. Warum machen Sie nicht gleich eine Hausdurchsuchung und finden Kokain in meinem Schminkköfferchen? Ist das sonst nicht Ihre Methode? Aber mal im Ernst, was stört Sie daran, daß Ziegler mein Klient ist? Und Ihre Routinebeobachtungen? Warum beobachten Sie denn Zieglers Haus? Glauben Sie, der wird noch mal entführt? Oder glauben Sie, der hat sich selbst entführt oder was?«
    Frank zog erneut die »Brille-abnehmen-resigniert-gucken«-Show ab. »Reinartz, die Ziegler-Entführung ist eine Nummer zu groß für einen Privatschnüffler. Und ganz besonders für einen, der sich großkotzig Investigator nennt und überhaupt keine Erfahrung hat.«
    Er setzte die Brille wieder auf, und aus den hilflosen Äugelchen wurden stechende Knöpfe.
    »Immerhin habe ich zwei Semester Philosophie studiert«, sagte ich, »warum sollte ich nicht Zieglers Glück finden?«
    »Sie haben noch nicht mal Abitur«, sagte Bohling, »wir kennen Ihren merkwürdigen Lebenslauf.«
    »Aber ich kann Schreibmaschine und Steno«, sagte ich, »und ich habe die >Philosophie des Glücks< von
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