Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Max Perplex

Max Perplex

Titel: Max Perplex
Autoren: Hen Hermanns
Vom Netzwerk:
Nehmen Sie doch Platz.«
    »Ich arbeite an einem Artikel über gefeuerte Topmanager«, sagte ich und versank in einem gigantischen Ledersessel, »und dazu gehört auch Ihr Vorgänger, Bernhard Ziegler.«
    »So, der Ziegler.« Breyvogel schien nicht abgeneigt, ein paar Fragen zu beantworten. »Und was wollet Sie über den Ziegler wissen?«
    »Warum er gefeuert wurde, zum Beispiel.«
    »Hanno, des müsset Sie aber doch wisse. Während der Entführung von Herrn Ziegler sind einige unangenehme Tatsachen ans Licht gekommen, wäga dene mir uns von ihm getrennt henn.«
    »Weil er eine Mätresse hatte? Ist das denn so ungewöhnlich? Ich meine, wenn Sie hier eine Schweizer Bank wären, o. k., dann könnte ich das ja noch vielleicht verstehen, aber so?«
    »Die Sache mit dieser Frau war sozusagen nur der Tropfen, der des Faß zum Überlaufa brocht hot.«
    »Ach ja?«
    »Ach, wisset Se, wir sind ein traditionsreiches Unternehmen, und was uns hier am Herzen liegt, ischt, Qualität z’produziere und gute Gewinne z’mache. Der Ziegler wollte immer auf Höheres hinaus. Firmenphilosophie, Corporate Identity, Corporate Design ...«
    Breyvogels Telefon klingelte. Er hob ab und hörte zu. »Was?« sagte er dann, »Ich denke, das hätten Sie bereits abgecheckt? Das haben Sie vergessen?« Der gemütliche schwäbische Tonfall war verschwunden. »Na super, wir sprechen uns noch.«
    Breyvogel legte auf. »Entschuldigen Sie bitte, Herr Dr. Wachsmuth. Eine kleine Panne. Wie geht’s eigentlich meinem alten Freund Johannes? Seine Aphorismen für das FAZ-Magazin werden langsam immer schlaffer. Geht wohl zu viel essen?«
    »Ich möchte eigentlich kein Urteil über die Qualitäten meines Chefredakteurs abgeben«, sagte ich. Was war denn jetzt los? Hatte der was gemerkt? Hatte er.
    »Sollten Sie auch nicht«, sagte er, »Sie kennen ihn schließlich noch nicht mal. Und niemand bei der >Capital< kennt Sie, Herr Dr. Wachsmuth oder wer immer Sie auch sein mögen. Raus!«
    Peinlich, peinlich.
    Im Vorzimmer warteten bereits zwei stämmige Herren in blauen Uniformen auf mich.
    »Die beiden Herren sind vom Werkschutz«, sagte der Benjamin-ähnliche, »sie werden Sie hinausbegleiten, damit Sie sich nicht auf dem Firmengelände verlaufen.«
    Die beiden Herren sahen aus wie Metzger, und als wir im Aufzug standen, dachte ich an die Zeichnung von F. K. Waechter, in der ein armes Schwein zu seinen Schlächtern sagt, daß es doch sicher ganz toll sei, Metzger zu sein und Schweine abzustechen. Die Herren stachen mich aber nicht ab. Sie schlugen mich auf dem Weg von der 14. Etage bis zum Erdgeschoß nur ein bißchen zusammen. Sie hatten dafür rund eine Minute Zeit und machten es ganz diskret und professionell. Also nichts, was die Empfangsdame in der Halle hätte schockieren können. Kein Blut, kein Schlag ins Gesicht, nur gutplazierte harte Körpertreffer. Auf dem Firmenparkplatz mußte ich kotzen, und als ich endlich in meinem Auto saß, kriegte ich nach sechs Jahren Vernunft zum ersten Mal wieder Lust auf eine Zigarette.
    »Uns liegt am Herzen, Qualität zu produzieren und gute Gewinne zu machen«, hatte Breyvogel gesagt. Und er wünschte offensichtlich nicht, dabei gestört zu werden.
    Es gab wenig, was mir nicht weh tat, und ich beschloß, Breyvogel und sein scheiß Unternehmen so sehr zu stören, wie es nur eben ging.

6.

    Das >Basilikum< brummte, wie Knodt das bezeichnete. Es hatte nur Platz für 30 Leute, die bis zu fünf Stunden Geduld aufbringen mußten, bis endlich alle Gänge serviert waren, eine verrückte Geschäftsführerin, die jeden Abend mindestens zwei Gäste ohne jeden Grund vor die Tür setzte, und Preise, die nur von neureichen Profilneurotikern hingenommen werden konnten. Anscheinend war diese Kombination der Schlüssel zum Erfolg.
    Eigentlich hätten im >Basilikum< sogar 34 Personen Platz gefunden, aber ein Tisch war immer für Knodt selbst reserviert. An dem saß er auch, als ich am späten Abend reinkam.
    »Ich weiß nicht«, sagte ich, »egal, zu welcher Zeit ich komme, immer löffelst du gerade eine Mousse in dich hinein. Zufall? Oder hast du für alle Fälle immer eine da?«
    Knodt, wie immer nach den neuesten Empfehlungen von Yuppie- und Entrepreneur-Magazinen gewandet, musterte traurig meine abgewetzte Lederjacke.
    »Hättest ruhig was Anständiges anziehen können«, nörgelte er, »wir sind hier keine Kölschkneipe.«
    »Tut mir leid, aber mein Yamamoto ist verknitterter, als er sein sollte. Hab Prügel bezogen.«
    Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher