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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
Autoren: Alexander Kent
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der afrikanischen Küste operierte. Unterwegs waren sie sich vorgekommen wie das einzige Schiff auf dem Ozean.
    Gedankenversunken begann er langsam hin und her zu gehen. Männer, die mit nimmer endenden Wartungsarbeiten beschäftigt waren, mit Spleißen, dem Ersatz von Tauwerk, mit Malen und Schrubben, sahen hoch, wenn sein Schatten an ihnen vorbeiglitt. Aber jeder schaute schnell weg, wenn ihre Blicke sich zufällig trafen.
    Mr. Hull, der schweigsame Master der Fregatte, überwachte drei Midshipmen, die abwechselnd in einer Karte arbeiteten. Neben ihm versuchte der Zweite, zur Zeit Wachoffizier, nicht zu gähnen – das wäre riskant gewesen bei einem Kommandanten mit so unberechenbarem Temperament. Aus der Kombüse roch es nach Frühstück, doch bis zum Wachwechsel würde es noch lange dauern.
    Hull fragte leise: »Was denkt er jetzt wohl, Mr. Munro?« Er deutete kurz auf die hohe Gestalt im weißen Hemd, in deren dunklem Haar, im Nacken zusammengebunden, die Brise spielte, während er ohne Hast hin und her wanderte.
    Munro antwortete leise: »Ich weiß nicht, Mr. Hull. Aber wenn nur die Hälfte von dem wahr ist, was man so hört, hat er genug zum Nachdenken.«
    Wie die anderen hatte auch Munro wenig vom Vizeadmiral gesehen, außer bei einem gemeinsamen Essen, zu dem er und der Kommandant die Offiziere und Unteroffiziere eingeladen hatten, um ihnen den Zweck der Reise zu erläutern.
    Zwei starke Verbände waren mit Infanterie und Seesoldaten zum Kap beordert worden. Ihr einziges Ziel: zu landen, Kapstadt zu belagern und es den Holländern wieder abzunehmen, Napoleons unfreiwilligen Alliierten. Dann, und nur dann, würden Englands Schiffahrtswege ums Kap wieder sicher sein vor französischen Kaperern. In Kapstadt gab es auch eine Werft, die nach der Wiedereroberung verbessert und vergrößert werden sollte, damit englische Schiffe sich nie wieder notdürftig selbst versorgen oder wertvolle Monate vergeuden mußten auf der Suche nach passenden Stützpunkten.
    Polands Stimme schnitt durch Munros Gedanken wie ein Messer: »Mr. Munro! Achten Sie gefälligst auf die Faulpelze, die angeblich am zweiten Kutter arbeiten. Sie starren zum Horizont, statt zu arbeiten. Aber vielleicht liegt es daran, daß auch der Wachhabende in den Tag träumt, wie?«
    Mr. Hull grinste mitleidlos. »Der hat seine Augen wirklich überall.« Er wandte sich an die Seekadetten, um von Munros Verlegenheit abzulenken. »Und was treiben Sie da, meine Herren? Guter Gott, so werden aus Ihnen niemals Leutnants, aus keinem von Ihnen.«
    Bolitho hörte das alles, war aber in Gedanken woanders. Er dachte an Catherines verzweifelten Zorn. Wieviel von dem, was sie sagte, traf zu? Er wußte, daß er sich im Lauf der Jahre Feinde gemacht hatte. Viele hatten versucht, ihm zu schaden, auch wegen seines toten Bruders Hugh, der während der Amerikanischen Revolution die Fronten gewechselt hatte. Später hatten sie das gleiche mit seinem Neffen Adam versucht. O ja, er hatte echte Feinde, nicht nur eingebildete. Brauchte man ihn wirklich so schnell am Kap der Guten Hoffnung? Oder stimmte es, daß Nelsons Sieg über die Vereinigte Flotte die englische Strategie völlig umgestoßen hatte? Frankreich und Spanien hatten zwar viele Schiffe verloren, sie waren gesunken oder als Prise genommen worden. Aber auch Englands Flotte war nach Trafalgar schwer angeschlagen, und die wichtigen Blockadegeschwader vor Frankreichs Häfen hatten die Grenze ihrer Belastbarkeit erreicht. Napoleon würde jetzt neue Schiffe brauchen und sie in Toulon bauen lassen oder an der französischen Kanalküste, moderne Schiffe, von denen Nelson in seinen Wortgefechten mit der Admiralität so oft gesprochen hatte. Doch bis dahin würde sich Napoleon woanders nach Hilfe umschauen – vielleicht bei seinem alten Alliierten Amerika?
    Bolitho zupfte Kühlung suchend an seinem Hemd, einem aus der eleganten Kollektion, die Catherine ihm in London gekauft hatte, während er bei den Lords der Admiralität vorsprach. Er hatte die Hauptstadt immer gehaßt, ihre verlogene Gesellschaft, ihre privilegierten Bürger, die den Krieg nur wegen seiner Unbequemlichkeit verfluchten, ohne an die vielen Männer zu denken, die draußen ihr Leben hingaben, um die Freiheit aller zu schützen. Bürger wie … Doch er verdrängte Belinda aus seinen Gedanken und tastete nach dem silbernen Medaillon, das Catherine ihm gegeben hatte: klein, aber mit ihrem perfekten Miniaturporträt im Inneren. Es zeigte ihre dunklen Augen, ihren
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