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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
Autoren: Alexander Kent
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Begleitschiffe. Wie ich hörte, soll die Landung bald beginnen.« Er verstummte unter Bolithos festem Blick.
    »Sie gehören zur Einsatzreserve.« Bei dieser Feststellung zuckte Varian mit den Schultern und schob seine Tasse auf dem Tisch hin und her.
    »Jawohl, Sir Richard. Ich erwarte aber noch einige Schiffe.« Als Bolitho schwieg, fuhr er fort: »Wir beobachteten das Kap und sahen Ihre Segel. Da nahm ich an, Sie seien vom Kurs abgekommen.«
    »Warum hat Ihr Vorgesetzter, Commodore Warren, Sie dazu abgestellt?
Zest
ist doch seine wichtigste Fregatte, deren Hilfe er jederzeit brauchen kann.« Bolitho erinnerte sich an Commodore Warren wie an ein verblaßtes Bild. Er hatte mit ihm vor Toulon zu tun gehabt. Damals wollten französische Königstreue den Hafen der Revolutionsarmee wieder abnehmen, und Bolitho war zum ersten Mal Kommandant der
Hyperion
gewesen. Seither hatte er Warren nicht mehr getroffen, hatte nur gehört, daß er in der Karibik Dienst tat.
    »Dem Commodore geht es nicht gut, Sir Richard«, antwortete Varian. »Er hätte meines Erachtens kein Kommando mehr, wenn …«
    »Sie haben also als dienstältester Kapitän die gesamte Verantwortung für die Begleitschiffe übernommen?«
    »Ich habe einen ausführlichen Bericht darüber geschrieben, Sir Richard.«
    »Den werde ich lesen, sobald ich Zeit dazu habe.« Bolitho hob die Hand. »Ich will, daß wir Kapstadt früher angreifen. Die Zeit ist entscheidend. Darum sind wir so schnell gesegelt.« Das traf Varian.
    »Also werden unsere beiden Schiffe sofort zum Geschwader stoßen. Ich möchte Commodore Warren unverzüglich sprechen.«
    Er stand auf und sah aus dem Heckfenster. Die Wellenkämme kräuselten sich im Wind wie weiße Spitzen. Das Schiff hob sich ungeduldig.
    Varian versuchte Haltung zu bewahren. »Und wo bleiben die anderen uns versprochenen Schiffe, Sir Richard?«
    »Es gibt keine anderen Schiffe und wird auch keine geben. Ich muß sogar einige der hiesigen Einheiten sofort nach England in Marsch setzen.«
    »Ist etwas Schlimmes passiert, Sir Richard?«
    »Im Oktober hat unsere Flotte unter Lord Nelson den Feind bei Trafalgar besiegt«, sagte Bolitho leise.
    Varian schluckte trocken. »Das wußten wir nicht, Sir Richard.« Für einen Moment verlor er die Kontrolle. »Ein Sieg! Mein Gott, was für eine wunderbare Nachricht!«
    Bolitho zuckte mit den Schultern. »Aber der tapfere Lord Nelson ist dabei gefallen. Der Sieg war also zu teuer erkauft.«
    Es klopfte, Poland trat ein. Die Kapitäne musterten einander, nickten sich zu wie alte Freunde. Doch Bolitho spürte, daß sie Welten trennten.
    »Der Wind frischt auf aus Nordwest, Sir Richard.« Poland sah Varian nicht wieder an. »Und
Zests
Beiboot hängt immer noch an den Großrüsten in Luv.«
    »Bis demnächst, Kapitän Varian.« Bolitho streckte die Hand aus und ergänzte etwas freundlicher: »Wir blockieren noch immer alle feindlichen Häfen, Sir. Das ist lebenswichtig für unser Land und muß auch so bleiben. Aber trotz des ermutigenden Siegs von Trafalgar ist unsere Flotte geschwächt.«
    Die Tür fiel hinter den beiden Kapitänen zu, und Bolitho hörte das Schrillen der Pfeifen, als Varian von Bord ging.
    Unruhig lief Bolitho in seiner Kajüte auf und ab und erinnerte sich an seine letzte Besprechung in der Admiralität in London.
    Admiral Sir Owen Godschale hatte ihm erläutert, warum Eile geboten war. Zwar war die vereinigte französischspanische Flotte geschlagen, aber der Krieg noch lange nicht gewonnen. Es gab Berichte, wonach mindestens drei kleine französische Geschwader die Blockade durchbrochen hatten und in den Weiten des Atlantiks verschwunden waren. War es Napoleons neue Strategie, abgelegene Häfen und einsame Inseln zu überfallen, Versorgungsschiffe aufzubringen und Handelswege zu bedrohen? Gab es keine Ruhe für die Engländer, während die Franzosen ihre neue Flotte aufbauten?
    Godschales verächtliche Einschätzung der französischen Kriegsmarine ärgerte Bolitho. Ein Geschwader, das aus Brest ausgebrochen war, hatte der erfahrene alte Vizeadmiral Leisségues geführt, und sein Flaggschiff, die
Imperial
, hatte 120 Kanonen. Das war also gewiß keine Lappalie, wie Sir Owen meinte.
    Die Franzosen hatten sicher Kapstadt im Auge, und was sie mit einer Eroberung der Stadt erreichen würden, konnte man sich leicht vorstellen. Dann konnten sie wie mit einer Axt Englands Handelswege nach Indien und Ostasien kappen.
    Bolitho erinnerte sich, wie kühl Godschale zu ihm gewesen war.
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