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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
Autoren: Alexander Kent
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ihn hereingebrochen sei.
    Kapitän Poland klopfte hart an die Tür und trat in die Kajüte, den Dreispitz unter den Arm geklemmt. Bolitho sah seine Blicke durch den halbdunklen Raum huschen, als erwarte er, seine Kajüte völlig verändert zu finden.
    Bolitho setzte sich wieder auf die Fensterbank.
Truculent
war ein gutes Schiff, er fühlte sich wohl darauf. Darüber fiel ihm sein Neffe Adam ein, und er fragte sich, ob er schon die größte aller Chancen erhalten hatte: das Kommando über eine neue Fregatte. Wahrscheinlich war er schon mit ihr auf See wie die
Truculent.
Adam würde es bestimmt schaffen.
    »Neuigkeiten, Kapitän?« fragte er.
    Poland sah ihm ins Gesicht. »Wir haben Land in Sicht, Sir Richard. Der Master, Mr. Hull, hält es für einen perfekten Landfall.« Immer diese Vorsicht. Bolitho war sie schon einige Male aufgefallen, auch als er Poland eingeladen hatte, mit ihm zu Abend zu speisen. »Und was halten Sie selbst davon, Kapitän?«
    Poland schluckte trocken. »Er hat wohl recht, Sir Richard.« Zögernd fügte er hinzu: »Der Wind hat nachgelassen. Wir werden den ganzen Tag brauchen, um die Küste zu erreichen. Selbst den Tafelberg sieht man erst vom Masttopp aus.«
    Bolitho griff nach seinem Mantel, ließ ihn aber dann doch liegen.
    »Ich komme gleich nach oben. Sie haben eine ungewöhnlich schnelle Reise gemacht, Kapitän. Das werde ich in meinem Bericht erwähnen.«
    Zu jeder anderen Zeit hätte es ihn amüsiert, den schnellen Wechsel des Ausdrucks in Polands sonnengerötetem Gesicht zu beobachten. Einerseits freute er sich, denn das schriftliche Lob eines Vizeadmirals konnte vielleicht für eine noch schnellere Beförderung des Kommandanten sorgen. Andererseits konnte es aber so interpretiert werden, daß Poland die zweifelhafte Gönnerschaft eines Mannes genoß, der über Autorität spottete, der seine Frau wegen einer anderen verlassen und seine Ehre in den Wind geworfen hatte.
    Aber jetzt war jetzt, und Bolitho sagte scharf: »Also los!«
    Auf dem Achterdeck sah Bolitho seinen Flaggleutnant Jenour bei den Schiffsoffizieren stehen und freute sich wieder, wie vorteilhaft sich der Mann verändert hatte: ein eifriger, liebenswürdiger Junge und der erste in seiner Familie, der zur Royal Navy gegangen war. Bolitho hatte anfangs daran gezweifelt, daß er die Herausforderungen bestehen würde, die sie erwarteten. Auch hatte er gehört, daß einige der erfahrenen Salzbuckel an Bord darüber Wetten abschlossen, wie lange Jenour überleben würde. Aber er hatte überlebt – und wie! Er war aus den Gefechten als Mann, als Veteran hervorgegangen.
    Es war Jenours schöner Degen gewesen, ein Geschenk seines Vaters, der ihm entrissen worden war, als er Bolitho zu Hilfe eilte. Jenour hatte aus dieser Erfahrung ebenso gelernt wie aus vielen anderen. Seit jenem letzten Gefecht trug der junge Mann seinen Degen stets an eine Sorgleine geknüpft, die mit einem dekorativen Knoten geschmückt war und die Waffe im Kampf fest mit seinem Handgelenk verband. Es war auffallend, mit welchem Respekt die Offiziere der
Truculent
Jenour behandelten, obwohl die meisten von ihnen älter waren als er und einen höheren Rang hatten. Die Fregatte mit ihren sechsunddreißig Kanonen war zwar ständig im Dienst gewesen, auf Patrouillen und als Begleitschiff, doch noch kein Mitglied der Offiziersmesse hatte – wie Jenour – bisher an einem größeren Seegefecht teilgenommen.
    Bolitho nickte den Offizieren zu und schritt übers Seitendeck nach vorn, das wie sein Gegenüber das Achterdeck mit dem Vordeck verband. Unter ihm in der Kuhl wurde die Hauptbatterie bereits vom Stückmeister und einem seiner Gehilfen inspiziert. Poland war wirklich gründlich, dachte Bolitho. Er stand jetzt an der Reling und beobachtete die halbnackten Seeleute, die ihre Hängematten sauber in die Finknetze stauten. Einige der Männer waren schon braun, andere rot verbrannt von zuviel Sonne.
    Diese Sonne erhob sich nun aus der See und übergoß die niedrigen Wellen wie mit geschmolzenem Kupfer. Schon dampfte
Truculent
in der Morgenkühle. Sie würde wie ein Geisterschiff aussehen, bis die Hitze Rumpf und Segel ganz getrocknet hatte.
    Bolitho bedauerte die Wachoffiziere in ihren Hüten und schweren Mänteln. Poland wollte damit offensichtlich Autorität demonstrieren, wie ungemütlich sie sich auch fühlten. Was sie wohl von seiner lässigen Kleidung hielten? Für Pomp und Etikette blieb immer noch Zeit, wenn sie auf die Flotte trafen, die angeblich hier vor
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