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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
Autoren: Alexander Kent
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worden, als er versuchte, Bolitho zu verteidigen. Aber Allday war dagewesen und hatte das Schlimmste verhindert. Der Säbel des Spaniers war über das blutige Deck geschlittert, sein abgetrennter Arm mit ihm. Ein zweiter Hieb brachte ihm das Ende, als Alldays Rache für eine Wunde, die ihn seither fast ständig schmerzte und behinderte.
    Konnte er Allday nach all dem daheim zurücklassen, und sei es aus Fürsorglichkeit? Bolitho wußte, daß nur der Tod sie einst trennen würde.
    Er stieß sich vom Fenster ab und nahm den Fächer aus seiner Seekiste zur Hand. Catherines Fächer. Sie hatte dafür gesorgt, daß er ihn mitnahm, als er in Spithead an Bord der
Truculent
ging. Was tat sie wohl gerade, gut sechstausend Meilen achteraus? In Cornwall mußte es jetzt kalt und trüb sein. Die Bauernkaten duckten sich um das große graue Haus der Bolithos unterhalb von Pendennis Castle. Wind vom Kanal würde die wenigen Bäume am Hang schütteln, die Bolithos Vater einst »meine zerlumpten Krieger« genannt hatte. Die Bauern konnten jetzt ihre Steinwälle und Scheunen reparieren, die Fischer von Falmouth ihre Boote ausbessern, dankbar für den Schutzbrief, der sie vor den verhaßten Preßkommandos rettete.
    Das alte graue Haus war Catherines einzige Zuflucht vor dem Hohn und Tratsch der Gesellschaft. Ferguson, der einarmige Steward, der einst wie Allday in die Marine gepreßt worden war, kümmerte sich aufopfernd um sie. Aber im ganzen Westen des Landes würde man ebenso wie in London über sie lästern und tratschen:
Bolithos Geliebte. Die Frau eines Viscount, die zu ihrem Mann gehörte und nicht wie eine Matrosenhure leben sollte.
Das waren Catherines eigene Worte.
    Nur einmal hatte sie sich Bitterkeit und Zorn anmerken lassen: als er nach London gerufen wurde zum Empfang seiner Befehle. Da hatte sie ihn quer durch den ganzen Raum empört angesehen und gefragt: »Begreifst du nicht, was sie uns antun, Richard?« Die Wut hatte ihr dabei eine ganz neue Schönheit verliehen. Ihr langes dunkles Haar breitete sich aufgelöst über ihren hellen Morgenmantel, ihre Augen blitzten zornig. »In ein paar Tagen ist doch Lord Nelsons Beisetzung!« Sie entwand sich ihm, als er versuchte, sie zu beruhigen. »Hör mir lieber zu, Richard. Uns bleiben weniger als zwei Wochen zusammen, und davon bist du die meiste Zeit unterwegs. Verdammt noch mal, du hast dein altes Schiff verloren und alles für dein Land geopfert. Jetzt haben sie Angst, daß du an Nelsons Beisetzung nicht teilnehmen willst ohne mich, während sie doch nur Belinda akzeptieren würden. Deshalb
befehlen
sie dich nach London.«
    Dann war sie weinend zusammengebrochen und hatte sich von ihm trösten lassen, hatte sich an ihn geschmiegt wie damals, als sie in Falmouth ihren ersten gemeinsamen Sonnenaufgang erlebt hatten.
    Bolitho hatte ihre Schulter gestreichelt und gesagt: »Ich erlaube niemandem, dich zu beleidigen.«
    Hatte sie ihm überhaupt zugehört? Nein, sie dachte nur an seine Behinderung. »Der Chirurg, der mit dir segelte – Sir Piers Blachford –, der müßte dir doch helfen können.« Sie hatte sein Gesicht zu sich herabgezogen und seine Augen mit besorgter Zärtlichkeit geküßt.
    »Mein Liebster, du mußt dich vorsehen!«
    Jetzt war sie in Falmouth, und trotz allem Schutz und aller Verehrung blieb sie; dort weiterhin eine Fremde.
    Sie hatte ihn am jenem kalten, windigen Vormittag zu seiner Abreise nach Portsmouth begleitet. Zusammen warteten sie am alten Kai, wohl wissend, daß mit diesen abgetretenen Stufen auch Nelson zum letzten Mal englischen Boden unter den Füßen gehabt hatte. Hinter ihnen stand die Kutsche mit dem Wappen der Bolithos, so schlammbespritzt, als wolle sie von den Stunden zeugen, die sie beide unerkannt darin verbracht hatten.
    Nicht immer ganz unerkannt. Auf dem Weg durch Guildford hatten ein paar Bummelanten auf der Straße hurra gerufen und: »Gott segne dich, Dick! Und scheiß auf die Arschlöcher in London.
    ´Tschuldigung, Madam!«
    Als die Barkasse sich mit kräftigem Riemenschlag der Treppe näherte, hatte sie die Arme um seinen Hals gelegt, das Gesicht naß von Regen und Tränen: »Ich liebe dich, mein Alles.« Sie hatte ihn lange geküßt und sich erst von ihm gelöst, als die Barkasse geräuschvoll festmachte. Erst dann hatte sie sich abgewandt, aber noch einmal innegehalten, um zu sagen: »Erinnere Allday daran, daß er gut auf dich aufpassen soll.«
    Die restlichen Umstände hatte er vergessen, als ob plötzlich Dunkelheit über
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