Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mathe ist doof

Mathe ist doof

Titel: Mathe ist doof
Autoren: Thomas Royar
Vom Netzwerk:
dass Gambia ein afrikanisches Land ist…
    Und an was denken Sie, wenn Sie den Begriff Afrika lesen? Obwohl Sie wahrscheinlich noch nie in Gambia waren, entsteht allein durch das Lesen dieser Zeilen so etwas wie ein Bild von Gambia vor Ihrem „inneren Auge“.
    Möglicherweise ist dieses Bild völlig falsch, aber es ist immerhin ziemlich sicher, dass zu diesem Bild keine Eisbären, keine Fach werkhäuser und keine Hochgeschwindigkeitszüge gehören.
    Zum Aufbau von Verknüpfungen und Assoziationen in unserem Gehirn ist Redundanz nicht nur hilfreich, sondern geradezu notwen dig. Wären wir nicht in der Lage, Ähnlichkeiten zu erkennen und zu nutzen, müssten wir buchstäblich bei allem, was wir tun, ganz „von vorn“ anfangen.
    Wer Auto fahren kann, ist normalerweise in der Lage, sofort mit einem beliebigen serienmäßigen Auto loszufahren, selbst wenn er genau diesen Typ noch niemals vorher gesehen hat. Dass bei der Übertragung von Erfahrungen auf ähnliche Situationen dabei sogar mehr Nebenbedingungen mit übertragen werden, als eigentlich not wendig wären, kann man beim Autofahren gut sehen, wenn man von einem Fahrzeug mit Gangschaltung zu einem Auto mit Automatik getriebe wechselt: fast zwangsläufig beginnt bei bestimmten Ge schwindigkeiten der linke Fuß zu zucken.
    Gehören Sie auch zu den Unbelehrbaren, die die Feststellbremse partout als Handbremse bezeichnen und bei denen ein skeptisches Unwohlsein beim Parken am Hang bleibt, so fern man an keinem Hebel zerren kann, mit dem das Auto vermeintlich gesichert wird?
    Begriffe sind zwar nicht eindeutig, wecken aber trotzdem bestimmte „Erwartungshaltungen“ in uns.
    Denken Sie jetzt bitte einmal kurz an „Fingernägel“.
    Und nun nennen Sie bitte eine Farbe und ein Werkzeug.
    Grün – Säge? Das wäre Ihnen vielleicht eingefallen, wenn Sie vorher kurz an Weihnachten gedacht hätten. J etzt kam Ihnen vermutlich eher rot – Hammer oder r ot – Feile in den Sinn.
    Sie wissen, dass aus Wein destillierter Alkohol farblos ist und die Braunfärbung mancher Erzeugnisse auf Farbstoffen beruht (die auf natürliche Weise aus Holzfässern ausgelöst oder in Form von Kara mell zugesetzt wurden). Weshalb wundern Sie sich aber nicht beson ders, wenn Ihnen in der Werbung Weinbrand aus Rotwein präsentiert wird, der eine rot e Farbe hat? (Die hat er natürlich nur, weil er künst lich gefärbt wurde).
    In Experimenten wurde nachgewiesen, dass wir den Geschmack einer Limonade auch nach ihrer Farbe beurteilen. Eine grünlich ge färbte Limonade empfinden wir im direkten Vergleich als erfri schender, eine orange gefärbte Limonade als fruchtiger – selbst dann, wenn beide völlig identisch schmecken.
    Eine solche Denkweise ist keineswegs ein Zeichen unserer „Dumm heit“, sondern unserer Fähigkeit, anhand weniger Informationen eine komplexe Situation rasch so zu erfassen, dass wir zumindest grob schnell angemessen entscheiden können. In der Natur sind grüne Früchte meistens sauer und orange Früchte fruchtig! Wir sammeln also keineswegs nur „objektive“ Daten, sondern konstruieren uns aus ähnlichen Informationen ähnliche Bilder.
    Was dabei „ähnliche“ Informationen sind, wird auch subjektiv be stimmt. Genau so, wie jeder in einer Familie andere Ähnlichkeiten eines Babys zu bestimmten Familienangehörigen entdeckt, findet jeder unter Umständen andere „Ähnlichkeiten“ zwischen eigenen Erfahrungen und neuen Informationen.
    Wie bestimmen ein Physiker, ein Ingenieur und ein Betriebswirt die Höhe eines Kirchturms?
    Der Physiker steigt mit Ball und Stoppuhr nach oben, lässt den Ball herunterfallen, misst die Zeit bis zum Aufschlag und bestimmt aus diesen Daten die Turmhöhe.
    Der Ingenieur sucht im Stadtarchiv nach Plänen oder Tabellen, aus denen er die Höhe ablesen kann.
    Der Betriebswirt gibt dem Pfarrer 10 Euro, damit ihm dieser die Höhe des Turmes sagt.
    Aber was macht der Mathematiker? Errechnet er die Höhe mögli cherweise aus der Länge des Schattens? Muss man in Mathematik immer etwas „rechnen“? Die klügste Herangehensweise, durchaus eine mathematische, ist diejenige, als erstes die Frage zu stellen: Zu welchem Zweck muss man die Höhe des Turmes wissen? – um dann aus mehreren möglichen Verfahren ein angemessenes auszuwählen.
    Innerhalb einzelner Verfahren kann die Mathematik – und das ist eine ihrer großen Stärken – durchaus objektiv sein und zwischen „passenden“ und „unpassenden“ Ähnlichkeiten unterscheiden. So sind
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher