Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade
Autoren: Dorothy Gilman Butters
Vom Netzwerk:
geplant hatte. Als absolut nichts Dramatisches sich zwischen Peter und Liz abspielte, was man ja immerhin hätte erwarten können, hatte sie ihn frei heraus nach dem Grund gefragt, worauf er mit geradezu brutaler Offenheit Farbe bekannte. Wort für Wort, Punkt für Punkt hatte er ihr die Situation erklärt, und jedes Wort und jeder Punkt hatten Melanies Eitelkeit hart getroffen. Wie dumm sie gewesen war! Und um eben dies zu erkennen, hatte sie ein herrliches Wochenende schwimmen lassen!
    Jetzt lag sie auf ihrem Bett, starrte zur kalkweißen Decke hinauf und dachte über all das nach, während unaufhörlich die Schritte der Kameradinnen treppauf, treppab klapperten. Liz und Penny hatten sich beide bereits von ihr verabschiedet und sie zu einem Besuch in der neuen Wohnung eingeladen, aber Melanie glaubte nicht, daß sie hingehen würde. Die drei Mädchen zählten für sie bereits zur Vergangenheit, und allein die Zukunft war ihr wichtig.
    Melanie war intelligent und schlau, und bis zu einem bestimmten Punkt war sie sich selbst gegenüber ehrlich. Sie begann zu erkennen, daß sie keine Freunde besaß, die wirklich zählten. Gleich vom Schulbeginn an hatte sie es falsch angefangen, indem sie die gewohnte Mauer des Snobismus um sich errichtet hatte und sich dann bald hinter dieser Mauer allein fand, während alle andern sich auf der andern Seite drüben freuten. Es war nicht eben das, was sie angestrebt hatte.
    Es war jetzt still geworden auf der Etage. Sie wußte, daß sie aufstehen und packen sollte, denn um sieben Uhr fuhr der Zug nach Glendale Manor ab. Aber sie blieb liegen, zu müde, um sich zu bewegen, bis sie Schritte nahen hörte, die vor Pennys Zimmer haltmachten. Ein Schlüssel wurde ins Schloß gesteckt und gedreht, die Tür geöffnet und wieder zugeklappt.
    Die Neue! dachte Melanie, denn sie wußte, daß Pennys Zimmer sofort von einer Schülerin des zweiten Jahrgangs mit Beschlag belegt worden war, einem eifrigen kleinen Mädchen mit runden, schwarz umrandeten Brillengläsern, Doris Kline. Gräßlich! Die Welt schien voll zu sein von Penny-Saunders- und Doris-Kline-Typen.
    Wenn ich Liz wäre, dachte sie mit einem zynischen Lächeln, dann ginge ich jetzt zu ihr und würde mich vorstellen. Aber ich bin nicht Liz! Sie konnte nie eine Liz werden, aber war sie glücklich in ihrer eigenen Haut? Ich könnte es versuchen, so wie man ein Kleid im Geschäft anprobiert, überlegte sie weiter. Ich könnte an ihre Tür klopfen und eintreten und so tun, als sehe ich ihre unmögliche Kleidung nicht und auch nicht diese schwarzen Knopfaugen! Ja, das könnte sie tun, sozusagen als einmaliges Experiment. Sie könnte fragen, ob Doris etwas brauche, oder sie vielleicht zu sich einladen.
    Andererseits war es einfach, die Neue zu ignorieren. Wenn man erst einmal mit unbedeutenden Leuten auf freundschaftlichem Fuß steht, wird man sie nie wieder los. Und dabei ist es doch so wichtig, eben nicht mit unbedeutenden Leuten gesehen und dann leicht mit ihnen auf eine Stufe gestellt zu werden! Aber wenn man sich nur auf bedeutende konzentriert, endet das schließlich mit dieser Verlassenheit, die Melanie sich widerwillig eingestand, als sie da auf ihrem Bett lag und an die weiße Decke starrte. Als sie schließlich aufstand, wußte sie immer noch nicht, was sie tun sollte.

    Cara hatte sich angezogen, den Krankenschwestern Lebewohl gesagt und ihre Rechnung bezahlt. Jetzt wartete sie an der Einfahrt darauf, daß Liz und Penny sie abholten. Es hatte wieder zu schneien begonnen, dicke, weiße, nasse Flocken, die schwerfällig durch die Luft tanzten und sich schmelzend auflösten, sobald sie das Pflaster berührten. In Illinois bleibt der Schnee länger liegen, dachte sie und freute sich, daß sie morgen am späten Nachmittag daheim sein würde.
    Ein Taxi bog in die Einfahrt ein, und sie sah Penny aus dem Fenster winken. Gleich darauf sprang Liz heraus.
    „Alles fertig?“ rief sie und griff nach Caras Koffer. „Wie fühlst du dich?“
    „Etwas weich in den Knien; sonst aber gut!“ Sie folgte Liz über die Stufen hinunter und ins Auto hinein. „Fröhliche Weihnachten, Cara!“ hieß Penny sie willkommen.
    „Gleichfalls! — Oh!“ Da fiel ihr etwas Wichtiges ein: „Ich habe fünfundzwanzig Dollar als Beitrag zu Gardinen. Papa hat heute einen Scheck geschickt.“
    „Wir sind reich!“ jubelte Penny.
    „Die Wohnung wird heute wahrscheinlich etwas trübselig auf dich wirken“, beugte Liz eifrig einer möglichen Enttäuschung vor.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher