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Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade
Autoren: Dorothy Gilman Butters
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sonderlich begeistert“, stellte er belustigt fest.
    Dann brach es plötzlich aus ihr hervor: „Ich hatte geglaubt, ich würde statt dessen heiraten...“ Wie so häufig in letzter Zeit stiegen ihr die Tränen in die Augen. Es war das erste Mal, daß sie diese Worte seit zwei Monaten laut ausgesprochen hatte. Den ganzen Sommer über waren ihre Freunde und Nachbarn übereingekommen zu schweigen, und es tat nun gut, die traurige Wahrheit einem Fremden ins Gesicht zu schleudern.
    Der junge Mann streifte sie mit einem kurzen, mitleidigen Blick. „Vielleicht hilft es Ihnen ein wenig, wenn ich Ihnen sage, daß Eltern sich in solchen Dingen meist am besten auskennen. Ich meine, Sie sollten noch ein oder zwei Jahre warten. Schließlich haben Sie wohl gerade erst die höhere Schule abgeschlossen, stimmt’s ?“
    Sie putzte sich geräuschvoll die Nase und nickte. „Ja. Aber das war es nicht“, bekannte sie steif. „Meine Eltern hatten absolut nichts gegen unsere Heirat, zumindest dann nicht mehr, als sie sich an den Gedanken gewöhnt hatten, eine so junge Braut in der Familie zu haben.“
    „Das klingt ziemlich ungewöhnlich“, bemerkte er skeptisch.
    Sie stopfte das nasse Taschentuch in ihren Beutel zurück. „Ja, das ist richtig. Aber Peter und ich waren seit drei Jahren befreundet. Eigentlich sind wir sogar miteinander aufgewachsen, und seine Eltern sind die besten Freunde meiner Eltern. Peter trat nach Schulabschluß in die Druckerei seines Vaters ein und verdiente bereits achtzig Dollar in der Woche — er ist ein Jahr älter als ich —, und sehen Sie...“ Sie hielt inne, denn plötzlich erinnerte sie sich daran, daß sie ja nun niemanden mehr davon zu überzeugen brauchte, daß sie und Peter alt genug zum Heiraten waren, denn damit war es aus und vorbei.
    „Und jetzt sind Sie auf dem Weg zur Kunstschule?“ vergewisserte sich der junge Mann, der ihr gegenüber saß.
    „Ja“, erwiderte sie gedankenverloren.
    An ihrem achtzehnten Geburtstag hätte sie eigentlich Hochzeit gehabt. Es war ein strahlend sonniger Augusttag, wie geschaffen für ein solches Fest, bloß daß am achtundzwanzigsten Juni um halb sechs nachmittags — genau eine halbe Stunde, nachdem sie von einer zweiwöchigen Seereise zurückgekehrt war — Peter ihr eröffnet hatte, er habe sich in ein anderes Mädchen verliebt, und zwar in Margaret Hewitt . Dabei saß er auf den Stufen der Terrasse hinter dem Haus und hielt seinen Kopf in den Händen verborgen. Liz hatte ernsthaft geglaubt, er wolle sie zum besten halten.
    Sie glaubte kein Wort von dem, was er da sagte, bis sie ihm schließlich die Hände vom Gesicht zog und sah, wie erbärmlich er aussah, wie beschämt und gleichzeitig verwirrt. Als sie zwei Wochen zuvor mit ihren Eltern abgereist war, hatte er diese Margaret Hewitt noch nicht einmal gekannt. Liz war ahnungslos gewesen. Höchstens die Tatsache, daß der versprochene tägliche Brief zu einer Postkarte wurde, hätte sie warnen können, aber schließlich wußte sie, daß Jungen nicht allzugern lange Briefe schreiben. Margaret Hewitt hatte wohl an dem Tag, an dem Liz in Ferien fuhr, ihre Stelle als Stenotypistin im Büro von Peters Vater angetreten. Sie kam aus einer andern Stadt und fühlte sich einsam. Peter lud sie ins Kino ein, bloß um nett zu ihr zu sein, aber irgendwie — den Grund konnte er selbst nicht erklären — war es dann dazu gekommen, daß er am nächsten Abend mit ihr schwimmen fuhr, und dann gingen sie miteinander tanzen, und jetzt konnte er einfach nicht mehr ohne sie sein. Das einzig Gute an all dem sei, meinte er, daß er seine eigene Unbeständigkeit noch rechtzeitig erkannt habe, ehe es zu spät war.
    „Sie brauchen mir natürlich nicht zu erzählen, was Sie alles erlebt haben“, meinte der junge Mann.
    „Ach, er hat eine andere kennengelernt“, entgegnete sie leichthin, „während ich mit meinen Eltern in Urlaub war. Ja, so kann es gehen“, fügte sie mit möglichst ausdrucksloser Stimme hinzu. „Vielleicht halten Sie ihn für oberflächlich, aber das ist er nicht. Er ist ein sehr ernster Mensch, ungewöhnlich ernst, und sehr...“ Beinahe hätte sie „reif“ gesagt, aber seine Unbeständigkeit war nicht gerade das Merkmal eines reifen Menschen. „Ich weiß nicht, warum ich Ihnen das alles erzähle“, bekannte sie.
    „ North-Philadelphia !“ rief der Schaffner, und als sie die Tür öffnete, spürte sie einen warmen Luftzug in den Wagen strömen.
    „Vermutlich, weil Sie mich erst jetzt
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