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Maskenspiel

Maskenspiel

Titel: Maskenspiel
Autoren: Kelly Stevens
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Urlaub.« Es steht das Wochenende an, an dem die Party bei Dean stattfindet. Ich hätte es nicht ertragen, alleine zu Hause zu sitzen, wissend, dass Christopher mit Vanessa hingeht. Also habe ich, was selten genug vorkommt, meine Mutter angerufen und sie gefragt, ob ich ein paar Tage zu ihr kommen kann.
    Charlie schaut mich völlig entgeistert an, aber ich bleibe hart. Wenn Christopher mich nur unter dem Vorwand des Projektes nach London locken wollte, damit ich bei der Party dabei bin, hat er sich in mir getäuscht. So billig bin selbst ich nicht zu haben.

    Obwohl der Ökobauernhof, auf dem meine Mutter wohnt, nur ein paar Kilometer außerhalb von Berlin liegt, habe ich jedes Mal das Gefühl, in eine andere Welt zu reisen. Genau das, was ich jetzt brauche.
    Das fängt schon damit an, dass ich erst mal eine halbe Stunde am Bahnhof stehe und auf meine Mutter warte, weil der uralte Lieferwagen nicht angesprungen ist. Als sie endlich eintrudelt, klemmt die Beifahrertür, und ich muss über den Fahrersitz in den Wagen klettern.
    »Warum kauft ihr euch nicht endlich einen neuen Wagen, Mom?«
    »Ach, der funktioniert doch noch gut. Außerdem mussten wir den Stall reparieren lassen, das war wichtiger.« Auf dem Weg zum Hof erzählt sie mir die Neuigkeiten des Landlebens: wie es den Tieren geht, welche Pflanzen sie züchten, dass sie überlegen, neben dem Hofverkauf noch ein Café zu betreiben. Über die Menschen hingegen redet sie kaum. »Wir haben auch ein paar Neuzugänge, die zeige ich dir nachher. Sie sind total süß. Aber jetzt komm erst mal rein. Es gibt frischen Apfelkuchen.«

    Unter »süß« hatte ich mir irgendwie etwas Kleineres vorgestellt. Kätzchen beispielsweise, oder Welpen. Nicht unbedingt zwei tiefschwarze Wasserbüffel, die über recht eindrucksvolle Hörner verfügen.
    Die beiden scheinen mich jedoch zu mögen, denn sie beobachten neugierig, wie ich versuche, den Riegel ihres Koppelgatters zu reparieren. Mit Händen, die eher an eine Tastatur und einem Gehirn, dass eher an Programmierung gewöhnt ist. Meine Mutter hat mich natürlich trotzdem eingespannt, aber das kenne ich schon von früheren Besuchen: Hier wird jede Hand gebraucht, und eine unbezahlte ganz besonders.
    Leider komme ich bei dieser Tätigkeit doch zum Nachdenken. Ich frage mich zum Beispiel, welchen Programmiercode Christopher gemeint haben könnte. Oder ob er heute Abend Vanessa mitnehmen wird. Und wieso gerade ein Taxi vor dem Hof hält, obwohl wir hier gefühlt am Ende der Welt sind.
    »So, ihr beiden, fertig!« Stolz drehe ich mich zu den Wasserbüffeln um, die inzwischen noch näher gekommen sind. Ich lasse meinen Blick schweifen. Eigentlich ist es hier wirklich idyllisch. Die Sonne glitzert in den Schlammpfützen, die Wasserbüffel grasen, und auf dem Hof backt wahrscheinlich gerade wieder jemand Kuchen.
    Ich wische mir mit meinen dreckigen Fingern durchs Gesicht und fange an, mein Werkzeug zusammenzupacken. Dabei sehe ich aus den Augenwinkeln, wie jemand vom Hof auf mich zukommt. Ein Mann in einem Anzug, während ich hier mal wieder in Jeans, T-Shirt, Kapuzenjacke und Sneaker stehe.
    Irgendwie muss ich meine Tagträume mal in den Griff kriegen, denn ich hätte schwören können, dass es Christopher ist.
    »Hallo Emily«, sagt er, als er vor mir steht.
    »Was machst du denn hier?«
    In meinen Tagträumen würde er jetzt vor mir auf die Knie fallen und mich, nachdem wir es hier auf der Wiese getrieben hätten, in einem Privatjet nach London entführen. Stattdessen sagt er: »Ich habe dich gesucht.«
    »Wegen der Party bei Dean heute Abend?«
    »Ich bin nicht gekommen, um dich zu einer Party zu holen. Vorletzte Woche bin ich auch mit Vanessa gegangen.«
    Das tut weh. »Und, hattest du Spaß?« Wehe, wenn er Ja sagt.
    »Um die Wahrheit zu sagen, es hat mich gelangweilt.«
    Irgendwie läuft das Gespräch nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe.
    »Deine Mutter ist ja eine ganz schöne Furie.«
    Meine Mutter Eva, eine Furie? Da muss sie jemand ganz schön gereizt haben. »Du hast meine Mutter schon kennengelernt?«
    »Sie musste mir Geld für das Taxi vom Flughafen leihen. Der Taxifahrer nahm keine Kreditkarten.«
    Ich blicke von Christopher zum Hof und wieder zu Christopher. Er ist tatsächlich hier. Ich träume nicht.
    »Woher weißt du überhaupt, wo ich bin?«
    »Als du gestern nicht nach London gekommen bist, habe ich Charlie angerufen, der sagte, dass du Urlaub hast und zu deiner Mutter fahren wolltest. Er kannte aber die
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