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Masken der Lust (German Edition)

Masken der Lust (German Edition)

Titel: Masken der Lust (German Edition)
Autoren: Noelle Mack
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Taille gelegt. Während sie zärtliche Küsse tauschten, wurden sie wieder zu den gemalten Engeln an die Decke gezogen.
    Wunderschön, dachte Sarah voller Staunen. Sie waren vollendet aufeinander eingespielt, als wären sie schon Jahre zusammen. Sie fragte sich, wie es wohl wäre, jemandem derart zu vertrauen – sicher zu wissen, dass jemand einem das Seil zuwerfen und kräftige Arme einen auffangen würden, ehe man fiele. Offen und ehrlich hatten sie sich geliebt, als wäre es ihnen ernst damit, und hatten sich wirklich keinen Deut darum gekümmert, wer zusah.
    Sie richtete sich auf, als ein großgewachsener Mann im Abendanzug sie im Vorbeigehen streifte. Seine schwarzen Locken kringelten sich auf dem makellos weißen Hemdkragen. Dem Aussehen nach kam er gerade von einer sagenhaften Festlichkeit in einem Palazzo am Canal Grande. Unter den kunterbunten Kostümen und im Gedränge aus übersorgfältig oder allzu lässig gekleideten Partygängern stach er hervor, ein Inbegriff maskuliner Eleganz. Die schwarzweiße Strenge seiner Garderobe verlieh ihm etwas Herrschaftliches, das ihr sehr gut gefiel.
    Als hätte er ihre Gedanken gespürt, wandte sich der Schwarzhaarige um und sah sie an. Oh, oh, oh. Sarah blickte geradewegs zurück in Augen, die haselnussbraun waren, ein Mosaik aus Bernsteinfarben, Grau und Grün, das sich unter ihrer Betrachtung zu verändern schien. Eigentümlich, aber fesselnd.
    Er lächelte und neigte den Kopf zu einem Nicken, das einen Hauch aristokratisch wirkte. Von brennender Neugier erfasst, rätselte Sarah beim Zurücklächeln, wer er war, und bemerkte, wie viel voller seine Unterlippe im Vergleich zur oberen war. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass Männer mit einer volleren Unterlippe am besten küssen konnten. Ein wahres Knabbervergnügen, wenn man die weibliche Hälfte des küssenden Paars war.
    Er wird dich nicht küssen, sagte sie sich. Er nimmt bloß deine Gegenwart zur Kenntnis. Sie starrte ihn an und versuchte gleichzeitig, es nicht zu tun. Buschige schwarze Brauen, energische Wangenknochen und diese geheimnisvollen Augen … er war sehr anziehend. Sarah konnte den Blick nicht von ihm lösen und nahm sein kantiges, kräftiges Kinn wahr und den Anflug von schwarzen Bartstoppeln, die seinen Unterkiefer betonten. Zusammen mit seiner untadeligen Abendgarderobe gaben sie ihm etwas Wildes. Sie liebte Bartstoppeln. Wenn ihr jemand damit über den Hals fuhr, erbebte sie stets lustvoll und machte einen Buckel wie eine Katze. Er ging weiter. Verdammt. Und sie hatte schon geglaubt, dass ihr Hals von Bartstoppeln gereizt werden würde. Doch er wirkte beschäftigt und wichtig und trat wie jemand auf, der Verantwortung trug. Sarah erinnerte sich nicht mehr an den Namen auf der Einladung, die sie an der Tür abgegeben hatte. Er könnte ihr Gastgeber sein. Sie sollte ihm danken – nein. Was, wenn er herausfände, dass sie eigentlich nicht auf der Gästeliste stand?
    Er ging weiter, woraufhin sie um die Säule lugte und ihn mit jemandem sprechen sah, der Kopfhörer trug, an einem komplizierten Mischpult stand, verschiedene Regler betätigte und dabei die riesige Menge im Auge behielt. Was der Schwarzhaarige sagte – sie konnte es nicht hören –, veranlasste den Toningenieur, zu nicken und die Musik zu wechseln. Durch die Fußsohlen konnte sie die Bässe wie den Pulsschlag eines gewaltigen Herzens spüren.
    Die Tanzenden bewegten sich nun beinahe wie ein einziges Wesen im Bann eines Stücks, das ganz und gar von Begehren handelte. Hände wurden durch die Luft geschwenkt, Hände von unterschiedlicher Hautfarbe, manche beringt, manche schmucklos, manche schlank, manche kräftig. Getönte Punktstrahler schwenkten über die wogende Menge hinweg und badeten sie in schillernde Farben. Sarah sah, wie sich viele der Feiernden mit einem Lover heimlich davonmachten und Händchen haltend eine der Nischen aufsuchten, deren Einlässe mit leuchtend roter Brokatseide drapiert waren, um Abgeschiedenheit zu gewährleisten.
    Doch nicht alle waren auf Abgeschiedenheit aus. Ein auffallend gutaussehender Mann, der wie Casanova gekleidet war, sah sich den amourösen Aufmerksamkeiten von mindestens fünf Frauen ausgesetzt, die ihn schamlos befummelten. Sie hatten alle ihre Masken abgelegt und schienen sich keinen Deut darum zu scheren, wer nun was zu sehen bekam, er schon gar nicht. Seine muskulöse Brust lag frei unter einem bauschig geschnittenen Hemd, das bis zur Taille offen stand und dessen weite Ärmel in
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