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Mark Twain für Boshafte

Mark Twain für Boshafte

Titel: Mark Twain für Boshafte
Autoren: Mark Twain
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schillernder Herbstespracht gesehen hat, wäre geradezu komisch – wenn sie nicht so rührend wäre.
    [DD 354]
    W ir wanderten weit und in vielen Richtungen, und ich könnte dem Leser nun eine lebendige Beschreibung der Mammutbäume und der Wunder des Yosemite vorsetzen – aber was hat mir der Leser getan, daß ich ihn damit plagen soll? Ich überlasse ihn lieber weniger gewissenhaften Touristen und nehme seinen Segen. Wenn ich schon in allen anderen Tugenden versage, möchte ich wenigstens wohltätig sein.
    [DD 385]
    D rei Monate Lagerleben an Lake Tahoe würden einer ägyptischen Mumie ihre alte Kraft zurückgeben und ihr den Appetit eines Alligators verleihen. Ich meine natürlich nicht die ältesten und vertrocknetsten Mumien, sondern die frischeren. Die Luft dort oben in den Wolken ist sehr rein und gut, stärkend und köstlich. Und warum auch nicht? Es ist doch dieselbe Luft, welche die Engel atmen. Es dürfte wohl kaum soviel Erschöpfung zusammenzukriegen sein, als daß sie sich nicht in einer einzigen Nacht auf dem Sand am Ufer dieses Sees wegschlafen ließe.
    [DD 142 f.]
    F ort Yuma ist ein Bundesmilitärposten, und seine Insassen haben sich so an die schreckliche Hitze gewöhnt, daß sie ohne sie leiden. Man erzählt sich dort eine Geschichte (die man John Phenix zuschreibt), daß dort einmal ein sehr, sehr gottloser Soldat gestorben und selbstredend sogleich in den heißesten Winkel der Verdammnis abgefahren sei – und am nächsten Tag nach seinen Decken telegrafiert habe.
    [DD 357]
    I ch mußte den Niagara fünfzehnmal besuchen, ehe es mir gelang, den Wasserfall meiner Phantasie der Wirklichkeit anzupassen, und ehe ich beginnen konnte, ihn vernünftig und sachlich als das zu bestaunen, was er war, nicht als das, was ich erwartet hatte. Als ich ihn das erste Mal aufsuchte, geschah das mit zum Himmel erhobenem Gesicht, denn ich dachte, ich würde dort von wolkenverhangenen Himalajahöhen einen Atlantischen Ozean herabstürzen sehen, eine meergrüne Wassermauer von sechzig Meilen Länge und sechs Meilen Höhe, und als mir plötzlich die spielzeugähnliche Wirklichkeit vor Augen kam – jene kleine, rüschenbesetzte Schürze, naß zum Trocknen aufgehängt –, war der Schock einfach zu groß.
    Doch langsam, sicher und stetig paßten sich im Verlauf meiner fünfzehn Besuche die Proportionen den Tatsachen an, und schließlich wurde mir klar, daß ein 165 Fuß hoher und eine Viertelmeile breiter Wasserfall etwas Beeindruckendes sei. Verglichen mit meiner dahingeschwundenen großartigen Vision war es keine Kelle voll, aber es genügte auch.
    [Ä 368]
    E in Mensch mit ungehemmter Einbildungskraft begeht einen Fehler, wenn er sich ein berühmtes Weltwunder ansehen geht.
    [Ä 369]
    I ch habe entdeckt, daß es keinen besseren Weg gibt, herauszufinden, ob du jemanden magst oder haßt, als mit ihm zu reisen.
    [TSA 92]

Über die deutsche und andere
schreckliche Sprachen
    I ch ging oft ins Heidelberger Schloß, um mir das Raritätenkabinett anzusehen, und eines Tages überraschte ich den Leiter mit meinem Deutsch, und zwar redete ich ausschließlich in dieser Sprache. Er zeigte großes Interesse; und nachdem ich eine Weile geredet hatte, sagte er, mein Deutsch sei sehr selten, möglicherweise einzigartig; er wolle es in sein Museum aufnehmen.
    [BEU 527 f.]
    E s gibt ganz gewiß keine andere Sprache, die so unordentlich und systemlos daherkommt und dermaßen jedem Zugriff entschlüpft. Aufs hilfloseste wird man in ihr hin und her geschwemmt, und wenn man glaubt, man habe endlich eine Regel zu fassen bekommen, die festen Boden zum Verschnaufen im tosenden Aufruhr der zehn Redeteile verspricht, blättert man um und liest: »Der Lernende merke sich die folgenden Ausnahmen .« Man überfliegt die Liste und stellt fest, daß diese Regel mehr Ausnahmen als Beispiele kennt. Also springt man abermals über Bord, um nach einem neuen Ararat zu suchen, und was man findet, ist neuer Treibsand.
    [BEU 528]
    I ch fange am falschen Ende an, das muß so sein, denn das ist die deutsche Idee.
    [BEU 529]
    E in durchschnittlicher Satz in einer deutschen Zeitung ist eine unübertrefflich eindrucksvolle Kuriosität; er nimmtein Viertel einer Spalte ein; er enthält sämtliche zehn Redeteile – nicht in ordentlicher Folge, sondern durcheinander; er ist hauptsächlich aus zusammengesetzten Wörtern aufgebaut, die der Schreiber an Ort und Stelle hergestellt hat, so daß sie in keinem Wörterbuch zu finden sind – sechs oder sieben Wörter
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