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Elfen wie Diamant

Elfen wie Diamant

Titel: Elfen wie Diamant
Autoren: Chris Evans
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An Madam Yimt Arkhorn
Vierte Ebene, Blauer-Granit-Steinbruch
Region Yussel
Calahr
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    Mit tiefstem Bedauern muss ich Sie darüber informieren, dass Ihr Ehemann, Regimentssergeant Yimt Arkhorn (befördert auf dem Schlachtfeld) vom Regiment der Stählernen Elfen, unter dem Oberbefehl seiner Hoheit, des Prinzen von Calahr, Berichten zufolge vermisst wird und vermutlich tot ist. Obwohl die Leiche des Obengenannten nicht geborgen wurde, gilt dieser Brief als juristisch gültige Urkunde in sämtlichen rechtlichen Angelegenheiten, und zwar vom Tag des Empfangs dieses Schreibens an, dass der oben erwähnte Soldat von der Soldliste der Imperialen Armee gestrichen und für tot erklärt wird. Als seine unmittelbare Angehörige sind Sie hiermit berechtigt, Entschädigungszahlungen des Staates in Anspruch zu nehmen, wie sie von Ihrer Majestät der Königin beschlossen wurden. Diese umfassen eine Witwenpension in Höhe eines Drittels des Soldes Ihres Gatten sowie ein zusätzliches Zehntel für jedes lebende Kind, bis es das Alter von sechzehn Jahren vollendet hat, eingekerkert oder in eine Anstalt eingewiesen wurde, gestorben oder in die Imperiale Armee oder Marine eingetreten ist. Weitere Entschädigungen könnten sich abhängig davon ergeben, ob Ihrem Gemahl posthum Orden verliehen werden.
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    Unterzeichnet von
Major Konowa Flinkdrache,
i. A. seiner K.H., des Prinzen von Calahr

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    PS:
    Bitte verzeihen Sie den ziemlich formellen Ton dieser Benachrichtigung. Ich kannte Ihren Ehemann zwar nicht lange, aber ich bin sicher, dass er diesen Brief als zu voreilig empfunden hätte. Leider war ich nicht dabei, als er fiel, also kann ich Ihnen nur wenig über die genaueren Umstände mitteilen. Ich hoffe, dass wir bald mehr erfahren, und ich versichere Ihnen, dass ich Sie unterichten werde. Was ich Ihnen jedoch sagen kann, ist, dass Ihr Ehemann einer der zähesten, tapfersten und starköpfigsten Mistkerle war, die ich jemals in eine Schlacht führen durfe. Er hat einen Haufen Feinde vernichtet und eine Menge Leben gerettet. Sie haben allen Grund, stolz auf ihn zu sein.
    Ich bedauere Ihren Verlust zutiefst.
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    In tiefstem Mitgefühl,
Major Konowa Flinkdrache

1
    DER NACHTHIMMEL WURDE dunkler und lag in der zunehmenden Kälte wolkenlos da. Sterne flackerten wie stumme Musketensalven und spickten den Himmel mit weißen Rosetten. Den Wüstenboden bedeckten Reste von Lebewesen. Leichen lagen schlaff auf Felsbrocken. Aschehaufen markierten den Tod vieler anderer. Knochen ragten in allen möglichen Winkeln aus dem Sand, wenn auch nicht in sonderbaren Winkeln, o nein, denn das würde bedeuten, es gäbe korrekte Winkel, in denen Knochen aus dem Sand ragen könnten. Die Augen der Lebenden dagegen starrten, ohne etwas sehen zu können.
    Jedenfalls versuchten sie ihr Bestes, um nichts wahrzunehmen.
    Major Konowa Flinkdrache, stellvertretender Befehlshaber der Stählernen Elfen des Calahrischen Imperiums, stand mitten in dem Gemetzel. Mit seinen ein Meter achtzig wirkte er inmitten der Gefallenen wie der letzte Baum in einem sterbenden Wald. Seine rot geränderten Augen und die rissigen, blutenden Lippen, die von schwarzem Pulver bedeckt waren, bildeten den einzigen Kontrast in seinem von grauem Ruß überzogenen Gesicht. Auch seine Uniform wies Spuren dieser heftigen Schlacht auf. Das einst so leuchtende Silbergrün des Tuches war jetzt von Blut, Schmutz, Schwarzpulver und Knochensplittern sowie Fleischfetzen bedeckt. Unter den zerrissenen Stellen und den verbrannten Löchern der
Uniform schimmerte nackte braune Haut, die ebenfalls von Schmutz bedeckt war.
    Er wusste nicht, wie lange er dort gestanden hatte. Dumpf registrierte er, dass er weder genau wusste, wie spät es war, noch, welchen Tag sie überhaupt hatten. So etwas geschah nur in einem Kampf, der alles auslöschte, bis nur noch ein wütend lodernder Funke übrig war, der lediglich zwei Handlungen zuließ: töten oder flüchten und getötet werden. Doch auch solche Kämpfe dauerten nicht ewig, jedenfalls nicht im Reich der Lebenden. Konowa spürte, wie seine kriegerische Haltung in sich zusammensackte. Der Rausch der Schlacht, der ihm geholfen und ihn angetrieben hatte, obwohl er nicht einmal in der Lage hätte sein sollen, seinen Säbel zu schwingen, ebbte allmählich ab. Groteske, obszöne und herzzerreißende Visionen sickerten in sein Bewusstsein
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