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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte
Autoren: Nicole Joens
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zieht Leine. Der Cowboy hat gewonnen und will gerade wieder in sein Taxi steigen.
    »Bitte, Miri, pfeif! Nur ein Mal!«
    Auch Anna-Sophie sieht ihre Tante jetzt erwartungsvoll an. Miriam holt tief Luft, steckt Daumen und Zeigefinger in den Mund und gibt ihr Bestes. Wunderbar schrill ist ihr Pfiff, erschreckt aber eine dürre Barbiefrau neben ihnen, die auf hohen Hacken ihren Glühwein an die aufgespritzten Lippen balanciert. Barbies schlecht gelaunter Ken, ein älterer Muskelmann mit undezent gefärbten Haaren, packt Miriam am Arm und zeigt vorwurfsvoll auf seinen Kragen aus Pelzimitat.
    »Verschüttet! Meine Frau hat nur wegen Ihnen meinen Glühwein verschüttet! Jetzt muss meine Jacke in die Reinigung. Aber Sie bezahlen die Rechnung!«
    Bevor Miriam sich eine gemeine Antwort überlegen kann, wird sie von Bene von dem Stand weggezogen.
    »Das Taxi will uns mitnehmen! Komm schnell!«
    Miriam weiß, dass das nicht stimmen kann. Das Taxi will sie keineswegs mitnehmen. Eine Millisekunde lang hatten sich nach dem Pfiff ihre Blicke gekreuzt. Der Cowboy hatte Miriam direkt in die Augen gesehen. Er hatte sogar ansatzweise gelächelt. Doch dann sah der Cowboy ihren Bauch, erschrak und flüchtete in seine fahrbare Festung. Nein, dieses Taxi will nichts von ihnen wissen. Blink, geht das Licht in dem Schild auf dem Dach des alten Mercedes an. Das Taxi signalisiert Bereitschaft. So als hätte der Cowboy weder den heftig winkenden Jungen noch die pfeifende Schwangere wahrgenommen, fährt das Taxi geradewegs an ihnen vorbei.
    Warum der Cowboy sein Taxi ein paar Meter weiter dann doch angehalten hat? Später wird Joe es nie mehr so ganz genau wissen. Es lag weder an Miriams verachtendem Blick noch an dem wütenden Fluch des Jungen, begleitet von einer despektierlichen Handbewegung. Es war vielleicht Anna-Sophies einfache Geste, die den Cowboy gerührt hatte. Das Mädchen hatte ihre Hände zum Gebet verschränkt. Vielleicht.
    »Sie schickt der Himmel!«, ruft Miriam ins Taxi, als Bene ihr mit stolzem Lächeln den hinteren Schlag aufhält. Mürrisch erhebt der Cowboy seine Stimme.
    »Steigen S’ bittschön vorne ein!«
    Miriam erstarrt mitten in der Bewegung. Seine Stimme! Etwas im Klang dieser Stimme löst eine ungewisse Furcht in Miriam aus. Auf keinen Fall wird sie vorne einsteigen. Sie ignoriert die von innen geöffnete Beifahrertür und quetscht sich zu Anna-Sophie auf die Rückbank. Mit einem krampfhaft bemühten Lächeln, das kaum die Bezeichnung verdient, sieht sie dem Cowboy in die Augen.
    »Tut mir leid, vorne geht nicht mehr. Ich bin schon zu dick für den Gurt. Neunter Monat.«
    Ein undefinierbares Brummeln. Bene setzt sich lässig neben ihn auf den Beifahrersitz und reicht dem Taxifahrer die Hand.
    »Ich bin der Bene, und ich sitze gerne vorn! Cooles Taxi!«
    Der Cowboy mit den warmen, humorvollen Augen über dem Fünftagebart sieht den Jungen freundlich an.
    »Wie alt?«
    »Zehn, fast elf!«
    »Na gut!«
    Mit Anna-Sophie ist es allerdings nicht so einfach. Es gibt jede Menge Vorschriften für Taxifahrer. Und da der Cowboy ohnehin so etwas wie einen Oldtimer fährt und Sonderstatus hat, muss er sämtliche Auflagen streng beachten. Anna-Sophie darf nur mit einem entsprechenden Kindersitz befördert werden, den er ächzend unter seinem eigenen Sitz hervorzaubert. Was hat er sich da nur angetan! Zwischen Joes Worten über Sicherheit und Vorschriften tanzt zwischen seinen scheuen Blicken ein vertrauter Dämon im Taxi mit. Sein Blick wandert zu Miriams Bauch. Joe hat Angst. Miriam erkennt die wachsende Beunruhigung im Gesicht des Mannes und versucht gar nicht erst, negativ darauf zu reagieren. Aber eigentlich nervt es sie zunehmend, dass ihr lebendiger Bauch so vielen Männern Angst zu machen scheint. Ihr Ex, mit dem sie immerhin fünf Jahre verlobt war, wollte deshalb nie Kinder. Er fand den Gebärvorgang abschreckend. Auch deshalb hat Miriam ihm nach ihrer Trennung gar nicht erst von ihrer Schwangerschaft erzählt. Er hätte sicher mit allen Mitteln versucht, sie von einem Abbruch zu überzeugen. Letztendlich sind viele Männer eher ängstlich veranlagt, wie Miriam inzwischen findet.
    Aber bei dem attraktiven Cowboy schätzt Miriam die Lage etwas anders ein. Dieser Mann hat sicher vor allem Sorge, dass seine roten Lederpolster, über die er zum Schutz Decken gebreitet hat, durch einen plötzlichen Fruchtwasserfall Schaden erleiden könnten. Um ihm ein wenig von seiner Angst um den Oldtimer zu nehmen, plaudert Miriam mit
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