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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte
Autoren: Nicole Joens
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mädchenhaftem Lachen drauflos. Wozu hat sie schließlich ihre Schauspielausbildung? Mit leichter, bisweilen sogar heiter wirkender Stimme plappert sie über die Berechenbarkeit von Geburtsterminen sowie ihre gesicherte familiäre Situation und die allgemeine große Freude über dieses dritte Kind. Fast automatisch breitet sie dabei Carolas schweren Bühnenumhang, sehr praktisch in der fortschreitenden Schwangerschaft, über ihre monströse Kugel. Unsichtbar will sie ihren Bauch irgendwie machen, was ihr natürlich nicht gelingt. Aber der Cowboy grinst trotzdem. Er hat ein besonders nettes Lächeln, mit zwei Grübchen an genau der richtigen Stelle. Miriam erlaubt sich einen kurzen Flirtmoment aus reiner Berechnung, um den Mann in gute Stimmung zu versetzen. Alles easy, so wie Bene es sich wünscht. Als Nächstes dreht Miriam den Verlobungsring von ihrem Ex mit dem verschwindend kleinen Stein so an ihrem Finger um, dass er wie ein Ehering aussieht. Dann stellt sie noch ein paar belanglose Fragen, wobei sie ihre Hand mit dem Ring beiläufig auf die Lehne des Vordersitzes legt. Der Cowboy bemerkt auch das. Miriam bildet sich ein zu hören, wie er erleichtert ausatmet.
    Alles in Ordnung. Eine ordentliche Familie, alles läuft nach Plan. Diese kleinen Lügen machen Miriam das Leben um so vieles leichter, seit sie unfreiwillig zum Bodensatz der Gesellschaft mutiert ist. Das Problem dabei ist, dass sie Miriam bisweilen selber vergessen lassen, dass ihre Existenz ein einziges Desaster ist.
    Das Taxi fährt los. Miriams außerhalb von München gelegenes Ziel nickt der Cowboy ohne weitere Fragen ab. Sie lehnt sich erleichtert in die Polster zurück. Auf der Fahrt kann sie sich ein wenig ausruhen. In der Hoffnung auf eine Hebamme, die Miriam weder nach ihrer Krankenkasse noch nach ihrem Ausweis fragen wird, muss sie mit den Kindern nach Erding. Das ist weit weg, teuer und jetzt in der Stoßzeit eine sichere Zumutung. Doch der Cowboy reagiert ganz und gar nicht ablehnend. Der Junge gefällt ihm. Bene hat den Cowboy zunächst über seinen Oldtimer befragt und sieht sich jetzt interessiert die Musikauswahl an. Vorne im Taxi liegt auch ein Stapel CDs zum Verkauf. Der große Mann beginnt mit dem kleinen Mann zu fachsimpeln. Ist der Cowboy etwa Gitarrist? Bene ist wach und klug. An den langen Fingernägeln der rechten Hand hat er den Musiker sowie sein Instrument erkannt. Außerdem ist der Cowboy auf dem Cover der CD mit zwei weiteren Männern zu sehen. Bene reicht Miriam eine der CDs nach hinten. »Chiemgauer Blues Brothers« steht drauf, und die drei Musiker sind mit ihren Instrumenten entsprechend verkleidet. Sie tragen dunkle Sonnenbrillen und präsentieren sich mit coolen Cowboyposen. Lächerlich, findet Miriam, hütet sich aber, einen negativen Kommentar abzugeben. Mit einem Lächeln gibt sie die CD an Bene zurück.
    »Wie interessant!«
    Dann lehnt Miriam sich erschöpft zurück. Sie lässt den Jungen und den Cowboy reden, während sie Anna-Sophies Hand nimmt. Es ist ein schlimmer Tag gewesen, der auch die Kinder angestrengt hat. Miriam hatte das Gefühl, den ganzen Tag auf verlorenem Posten zu kämpfen. Erst der Vermieter, der ihr mit einer Gerichtsvollzieherin erneut eine Räumungsklage überreicht hat. Diesmal wurde Miriam quasi gezwungen zu unterschreiben. Als Nächstes hatte die Leiterin von Anna-Sophies Kindergarten Miriam die Pistole auf die Brust gesetzt. Sie hat auf den überfälligen Beiträgen der letzten Monate bestanden und damit gedroht, Anna-Sophies Platz sonst einem zahlenden Kind zu geben. Zuletzt war es noch Miriams Gynäkologin, die sich geweigert hatte, die letzte Vorsorgeuntersuchung vor der Geburt zu machen, weil Miriam die zehn Euro Praxisgebühr nicht bezahlen konnte. Aber das war nicht der einzige Grund, warum Miriam im Flüsterton gebeten wurde, das Wartezimmer der edlen Praxis sofort zu verlassen. Die süße türkische Sprechstundenhilfe mit dem Diamanten im Vorderzahn hatte es Miriam beim Rausgehen zugeflüstert. Die Polizei war dort gewesen. Man hatte sich nach Miriam erkundigt. Es läge eine Anzeige wegen Betrugs gegen sie vor. Von der netten jungen Türkin hatte Miriam aber auch die Nummer der Hebamme in Erding zugesteckt bekommen. Dort würde man ihr helfen, hatte die junge Frau gesagt. Keine Fragen, keine Papiere, kein Krankenkassenkärtchen. Auch Bezahlung sei bei dieser Hebamme nicht so wichtig. Ein echter Mensch eben, wie sie so rar geworden waren. Die Folgen der Wirtschaftskrise hatten
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