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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte
Autoren: Nicole Joens
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Energien der dunklen Seite gefüllt, und die junge Mutter aus New York war dem Geschehen hilflos ausgeliefert. Wanda konnte förmlich hören, wie die Geistwesen im Haus, in Form der verstorbenen Vorfahren des Vaters und teilweise noch in Parteiuniform, sich gegen die Mutter aussprachen, weil sie Jüdin war. Der tote kleine Junge sah merkwürdig erwachsen aus, als er vor Wanda lag, so als hätte er mit allem gerechnet. Doch der Vater war voller Wut. Er hat Wanda anschließend verklagt, eine bittere Erfahrung, die sie wohl nie ganz verwinden wird, weil er ihr die Schuld gegeben hat für einen Schmerz, der auf anderer Ebene entschieden worden war. Hart hat sie kämpfen müssen, um ihre Zulassung als Hebamme danach zu behalten, denn sie hat mit niemandem über den wahren Sachverhalt sprechen dürfen. Die Mysterien von Leben und Tod verlangen Opfer. Es gibt ein Schicksal, das fordert und gewährt. Diejenigen, die an der Pforte stehen, dürfen es mitgestalten, können es aber nie abwenden. Wanda glaubt fest an das Schicksal. Aber wie damals, so ist sie auch jetzt mit Miriam überfordert. Das Geheimnis, das den bayerischen Taxifahrer im Schnee mit der heimatlosen Ostfrau verbindet, scheint stärker als Wandas heilende Kräfte zu sein. Sie muss handeln.
    Miriam atmet ruhig, so als ob sie eingeschlafen wäre. Wanda öffnet das Fenster weit und kneift ihre Augen zusammen. Durch den dicht fallenden Schnee sieht sie am Berghang in großer Entfernung zwei Lichtpunkte aufblinken und verschwinden, so als würden Menschen mit Taschenlampen dort umhergehen. Wanda hat den Notarzt angerufen. Sie muss wegen der Glatteisgefahr mit einer Stunde rechnen, und es kommt nur ein Arzt und nicht der große Sanitätswagen, den Wanda eigentlich brauchen würde. Wie es das Schicksal will, hat es bei Bernau einen Unfall auf der A 8 gegeben, und fast sämtliche Einsatzfahrzeuge mussten ausrücken.
    Wanda fühlt eine kalte Energie in ihrem Nacken, als würde jemand mit einer Nadel auf der Haut über ihre Wirbelsäule streichen. Ihre Hände, sonst kribbelnde Lebensfühler voller Mut und Magie, hängen nach wie vor kalt und leblos an ihrer Seite herunter. Es ist ihr ein Rätsel. Gerade drei Tage ist es her, dass sie mit dieser Mutter und dem Kind so gut gearbeitet hatte. Miriams Situation war schwierig, aber die vitalen Kräfte von Mutter und Kind waren mehr als intakt. Wo sind die beiden hineingeraten, und was kann Wanda tun? Ihre Kräfte sind in diesem Raum nicht erwünscht. Es geht um etwas anderes, größer und älter als sie.
    In der Scheune sitzt Alembusch vor seinem Takouba. Er hört plötzlich auf, Wasser aus der Schüssel über das Schwert zu schöpfen, und sieht zu seiner Frau, die fest in ihren Schal gewickelt auf den nächtlichen Hof starrt. Dort steht eine junge Geisterfrau, fast noch ein Mädchen, und wendet ihr Gesicht Magdalena zu. Der Schwangerschaftsbauch der jungen Frau wölbt sich deutlich unter einem altmodischen Wintermantel, wie ihn die Frauen im Zweiten Weltkrieg trugen.
    Seit einer ganzen Weile kommt vom oberen Stockwerk weder ein Stöhnen noch ein Schreien. Es ist gespenstisch still, und Anna-Sophie hat Angst. Ihre Hände, krampfhaft zum Gebet aneinandergepresst, beginnen bereits wehzutun, aber sie wagt nicht, sie auseinanderzunehmen, weil das Unaussprechliche sonst geschehen könnte.
    Vor ihrer Marienstatue über dem kleinen Weihwasserbecken neben dem Herd betet auch die bleiche Hilla voller Inbrunst. Sie spüren alle, wie die Pforte zur anderen Seite sich öffnet, so wie auch damals, als Joe seine Rosemarie in die Klinik fuhr. Hilla hat schon viel Schlimmes erlebt, selber Kinder verloren und immer aufs Neue Trost bei der Heiligen Jungfrau gesucht, aber diesmal fügt sie neue Worte hinzu.
    Sei gegrüßt, o Königinmutter der Barmherzigkeit unseres Lebens.
    Bitte, lass es diesmal an Santa Lucia anders sein.
    Lass die Liebe stärker sein als die Vergeltung.
    Schenke uns deine Gnade, Engel des Todes.
    Nimm mich, aber erhalte den Kindern die Mutter.
    Anna-Sophie versucht Hillas Worte mitzubeten, doch ihr Hals ist wie zugeschnürt. Am liebsten würde sie auch weinen, so wie Oma Hilla, aber dann ist sie durch eine Gestalt abgelenkt, die vor dem Küchenfester vorüberhuscht. Anna-Sophie tritt ans Fenster. Sie sieht, wie sich auf dem Hof eine Frau aus Glas wie zu einer Musik unter den Schneeflocken dreht. Die junge Frau mit dem Bauch tanzt und hebt ihre Arme, so als würde sie einer Musik zuhören, die sie glücklich macht. Etwas an
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