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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sonntag aus der Kaserne lassen, lernen Sie erst mal gehen! – Das nennen Sie Haltung? Streckt den Hintern raus wie 'ne singende Waschfrau! – Und schießen durfte man wieder … Nachtmärsche mit dreißig Pfund Gepäck … Robben durch Heide und Sand … Zieldörfer stürmen … Panzer anspringen … 2. Kompanie blau ist tot. Volltreffer … Und die Generale standen wieder herum, die Feldstecher vor den Augen und freuten sich über die hüpfenden, springenden, kriechenden, keuchenden Gestalten und sagten: Es war eine gute Übung. Im Ernstfall hätten wir diese Schlacht gewonnen …
    Heinrich Emanuel Schütze war nun zu alt, um seine Erfahrungen als Oberstleutnant zur Verfügung zu stellen.
    Er ließ sich zwar in Bonn melden und sprach mit dem Minister und drei Generalen, vier Ministerialräten und einem Oberamtmann, aber es ging weniger um Taktik oder militärischen Aufbau, als um die Lieferung von zunächst 30.000 Paar Bundeswehrsocken.
    Die ersten Unterredungen waren zufriedenstellend. Schütze fuhr beschwingt nach Frankfurt zurück.
    »Die neuen Leute sind aufgeschlossen«, sagte er zu Amelia beim Abendessen und gab einen Bericht über seinen Bonner Besuch. »Ein neuer Geist wird durch die Kasernen gehen. Man hat da einen Begriff geprägt: Der Bürger in Uniform. Gut, was? Bei aller Manneszucht Bewahrung der Menschenwürde.«
    »Und warum müssen wir wieder marschieren?« fragte Giselher.
    »Rußland steht an unseren Grenzen. Liest du keine Zeitung, Junge?«
    »Rußland hat doch als Verbündeter der Westmächte uns besiegt –«
    »Und jetzt haben die Westmächte erkannt, wer Rußland wirklich ist –«
    »Und nun sollen wir den Russen wieder besiegen …«
    »Einen Wall für den Frieden bilden, Junge.«
    »Oder sagt man besser: Die Irrtümer der anderen soll der Deutsche nun wieder ausfressen. Zuerst wurden wir in den Rücken getreten, weil man uns haßte … jetzt tritt man uns in den Rücken, weil man uns braucht. Irgendwo ist da doch der Wurm in der Logik. Warum hat man uns erst zerschlagen, wenn man uns hinterher doch so dringend braucht?«
    »Es gibt da einen Ausspruch, ich glaube, er ist von Churchill: ›Wir haben das falsche Pferd geschlachtete‹.« Schütze wischte sich den Mund mit der Serviette ab. Es hatte Krabbensalat gegeben. »Auch in der Politik gibt es Kehrtwendungen, die notwendig sind.«
    »Und man verlangt sie von denen, denen man die Beine abgeschlagen hat?«
    »Du bist und bleibst ein Stänker«, Schütze war zu fröhlich, um ärgerlich zu werden. »Auf jeden Fall habe ich für 30.000 Paar Socken abgeschlossen. Und der Ministerialrat – Namen tun nichts zur Sache – hat durchblicken lassen, daß auch Unterwäsche und Oberhemden zu vergeben sind. Ich war mit in seiner Wohnung. Der Arme hat nicht einmal einen Teppich im guten Zimmer. Wir werden morgen in Frankfurt einen wunderschönen Orientteppich kaufen, Amelia …«
    »Heinrich.« Amelia legte das Brötchen, in das sie biß, auf den Teller zurück. »Nennt man das nicht –«
    »Papperlapapp.« Schütze goß sich ein Glas Bier aus der Flasche ein. Ein Pils … er liebte das Bittere des Hopfens, und der Galle bekam es auch besser. »Der eine schenkt Pappkalender oder Füllhalter … ich gebe als kleines Präsent, meiner Firma angemessen, einen Orientteppich. Wer kann das übelnehmen? Ich kann doch einen lieben, guten Freund beschenken. Rein privat.«
    »Wieviel Hemden hängen daran?« fragte Giselher lächelnd.
    »Erste Lieferung 10.000 Stück.«
    »Immerhin.« Walter Bolz hob die Hand. »Als Werbungskosten kann man den Teppich auch noch von der Steuer abziehen.«
    Mit dem Aufbau der Bundeswehr wurde auch Heinrich Emanuel wieder sehr aktiv.
    Wenn in den vergangenen Jahren vor allem ein Geschäftsführer den Betrieb leitete und Schütze nur die ›Kontaktpflege‹ übernahm, saß er jetzt stundenlang in Bonn und konferierte, besuchte die Wehrdebatten des Bundestages und ärgerte sich maßlos, von der Zuschauergalerie nicht eingreifen zu können, um aus seinem reichen Erfahrungsschatz den Wehrgegnern die gröbste Wahrheit zu sagen. Mit dem Gesetz der Kriegsdienstverweigerung war er gar nicht einverstanden und hielt auf der Galerie eine Privatrede, bis die Saalordner ihn aus dem Plenarsaal wiesen. Darauf lief er von Tür zu Tür und ermunterte die Mitglieder des Wehrausschusses, an den alten, deutschen Geist zu denken, der sich in dem Satz manifestiert: Meine Braut ist das Gewehr. Er saß im Bundesrestaurant und debattierte mit
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