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Mann kocht

Mann kocht

Titel: Mann kocht
Autoren: Ludger Fischer
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fertig. Außer dem Pacojet und dem Rotationsverdampfer gibt es noch Schüttelwasserbäder, Tiefkälte-Umwälzthermostate, Wärmethermostate, den Isi Whip, Entsafter, Zentrifugen, Dörrgeräte, Gefriertrockner, den Thermomix und den Smoker. Und was macht man damit? Vorwiegend Schäume und Aromen. Eins nach dem anderen:
    Ein Schüttelwasserbad aus Edelstahl, LED -Display inklusive, sollte auf jeden Fall über Mikroprozessor-Technik mit PID -Temperaturregelung verfügen, damit in den Aufheizphasen keine Überschwinger entstehen und eine optimale Temperaturkonstanz gegeben ist. Jetzt bitte so tun, als sei das ja wohl das Mindeste. Dabei haben Sie natürlich kein Wort verstanden.
    Bei Wärmethermostaten handelt es sich eigentlich um Wärme- und Kältethermostate. Firmen, die solche Maschinchen für den Laborbedarf herstellen, sprechen von »hochdynamischen Temperiersystemen«. Ihr Arbeitstemperaturbereich reicht, jetzt halten Sie sich fest, von -40 Grad bis +250 Grad. Bei der Zubereitung von Speisen braucht kein Mensch so ein Präzisionsgerät, außer man wolle behaupten, den eingefrorenen Ochsenschwanz über 48 Stunden kontinuierlich auf 74,83 Grad hochgeheizt zu haben.
    Wenn Sie Powerdrinks wie Cranberry-Kombucha-Saft oder einen Kirsch-Kokos-Smoothie herstellen wollen, kommen Sie als echter Freizeit-Küchenchef mit einem Entsafter wahrscheinlich nicht weit. Eine Zentrifuge muss da schon her. Da reicht aber eine Mini- oder Mikrozentrifuge, im Laborbedarf so um die 350 Euro zu kaufen, gebraucht 100 Euro billiger. Damit nutzen Sie die bei einer Drehbewegung auf Gemische mit unterschiedlicher Teilchengröße einwirkende Fliehkraft. Die Bestandteile unterschiedlicher Dichte werden bei etwa 3000 bis 18000 Umdrehungen voneinander getrennt. Echt gut für den Kokos-Kohl-Cocktail, weil es dessen Bestandteile so zerfetzt, dass man das Ergebnis glatt für ein Getränk halten könnte.
    Wissen Sie, was ein Intensifier ist? Das Gerät kommt ausnahmsweise einmal nicht aus dem Laborbereich, sondern aus dem der industriellen Lebensmittelproduktion. Man braucht so ein Teil bei der Herstellung von Fertigsuppen, Milchpulver und Fertigkakao. Homogenität und Lösbarkeit in heißem Wasser sind da ganz wichtig. Andererseits dürfen trockene Gemüseteile und Cro û tons nicht zerhäckselt werden. Und wie schafft man das? Mit einem Hochgeschwindigkeitsquirl für feste Gegenstände. Da bleibt kein Klümpchen übrig. Die Trockengemüse und die Cro û tons dürfen natürlich erst später dazugegeben werden. Bei 750 Umdrehungen pro Minute werden auch kleinste Fettmoleküle dauerhaft in der jeweiligen Masse verteilt. In 500 Kilo Suppen-Trockenmasse etwa in sieben Minuten. Da kann man nicht meckern. Bei Instant-Pulvern ist es wichtig, die feinen Puder wieder zu größeren, aber leicht auflösbaren Klümpchen zusammenzupappen. Zwischen diese größeren Klümpchen kann leichter Flüssigkeit fließen und in jedes einzelne poröse Klümpchen eindringen. Nur so ist der gefürchtete Zusammenklumpeffekt von Mehlschwitze zu verhindern. Wenn Sie also keine Tütensuppe, kein Milchpulver und keinen Fertigkakao herstellen wollen, sondern ein gut lösbares Pulver von – sagen wir mal – Hummerschwänzen, muss so ein Intensifier in Ihre Männerküche!
    Und eine Gefriertrocknungsanlage muss natürlich auch her! Ein Boystoy der Extra(preis)klasse. Die Firma Hosokawa Micron im holländischen Doetinchem behauptet von sich, sie habe Erfahrung im Gefriertrocknen von Bakterien, Enzymen, pharmazeutischen Produkten, probiotischen Erzeugnissen, Polymeren, Salzen, Keramik, Kalkstein, Backhefe, Hefe, Brüheextrakten, Schimmelpilzen, pflanzlichen Extrakten, Glaspulver, Gemüse, Lipiden, Insekten, Acryllösung, arzneilich wirksamen Bestandteilen, Milch, Milchderivaten, Nanomaterialien, Katalysatoren, Suppe basierend auf Getreidekörnern, Geliermitteln, Aromen, Zellulosefasern, Proteinen etc. 44 Ich finde das sehr beeindruckend. Da können Sie übrigens so eine Gefriertrocknungsanlage auch gebraucht kaufen. Ich habe da mal freundlich nachgefragt, was so eine Maschine kostet. Mattijs Raadsen hat mir ganz vorsichtig geantwortet. 45 Was er mir auf jeden Fall mitteilen konnte, war, dass ich schon bei einem kleinen System für ein paar Liter Trockenendprodukt mit ein paar zehntausend Euro nicht auskommen würde. Er schätzt, dass die Anlage zwischen hundert- und fünfhunderttausend Euro kosten wird. Ich hab’ ja nur mal nachgefragt! Spanische Avantgarde-Köche behaupten gleichwohl,
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