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1195 - Der Engelskerker

1195 - Der Engelskerker

Titel: 1195 - Der Engelskerker
Autoren: Jason Dark
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»Schade.«
    Stahl legte das Besteck zur Seite. Er wusste, dass seine Partnerin sich nichts einbildete, auch wenn beide Menschen waren, die sich auf übersinnliche Fälle spezialisiert hatten. Ihm war zunächst mal der Appetit vergangen. Er gab auch keinen Kommentar ab und schaute sich vom seinem Platz aus um.
    Es war ein sehr altes Lokal in der Kaiserstadt Goslar, in dem sie saßen. Die Gäste konnten zwischen der unteren Ebene und der ersten Etage wählen. Dagmar und Harry hatten sich für die Plätze oben entschieden.
    Es war gemütlich und auch rustikal. Dafür sorgten schon die Balken unter der Decke. Manche Tische waren quer zu den anderen gestellt worden, und zu einem Platz musste der Gast auch zwei Stufen hochgehen, sodass er innerhalb des Raumes noch erhöht saß. Kleine Fenster sorgten zusätzlich für eine gewisse Behaglichkeit, und der rustikale Holzboden passte ebenfalls perfekt.
    Außer ihrem Tisch waren noch zwei weitere besetzt. Zwei Paare aßen dort. Harry streifte sie mit einem flüchtigen Blick und stellte an ihrem Verhalten fest, dass sie ebenfalls nichts von den Schreien gehört hatten.
    »Du musst dich geirrt haben.« Harry nahm sein Besteck wieder in die Hände, um den Rest der Wurst zu essen.
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    Harry aß ruhig weiter. Seinem Gesicht sah man nicht an, mit welchen Gedanken er sich herumschlug. Er und seine Freundin wollten in einem kalten Januar für ein paar Tage im Harz ausspannen.
    Die Kaiserstadt Goslar war der ideale Ausgangspunkt. Von dort aus konnten die verschneiten Orte wie Braunlage, Hahnenklee, Bad Grund oder Harzburg schnell erreicht werden. Auch der Brocken mit seiner zu ihm hoch führenden Bahn lag in der Nähe. Sie hatten vorgehabt, Spaziergänge zu machen, mal so richtig die Seele baumeln lassen, und dass es sehr kalt geworden war - in der Nacht fielen die Temperaturen bis in den zweistelligen Minusbereich - störte sie nicht. Man brauchte sich eben nur entsprechend anzuziehen, und das hatten beide getan.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, Dagmar.«
    »Was meinst du?«
    »Keinen Job und…«
    Sie ließ ihn nicht ausreden. »Aber ich habe die leisen Schreie gehört, Harry, das musst du mir glauben. Ich habe mich nicht geirrt. Sie waren da.«
    Stahl zog ein Gesicht, als hätte ihm das Essen nicht geschmeckt. »Schlimm ist, dass ich dir glaube, Dagmar, das weißt du. Aber wer soll hier geschrieen haben?«
    »Die Person kenne ich nicht. Ich habe sie auch nicht gesehen, sondern nur gehört. Das ist kein Witz, Harry.« Sie deutete auf ihre Stirn. »Die Schreie waren in meinem Kopf.«
    »Tja - und jetzt?«
    »Sind sie verschwunden.«
    Dagmar Hansen hatte ihren winterlichen Salat mit den gerösteten Putenstreifen und den Croutons bereits gegessen. Ihr Teller war leer. Auf Harrys lagen noch einige Grünkohl-Reste, die er nicht mehr essen wollte. Da der Ober in ihre Nähe kam, winkte er den jungen Mann zu sich, um einen Aquavit zu bestellen, während Dagmar einen Espresso nahm.
    Beide bestätigten, dass es ihnen geschmeckt hatte und nahmen das Gespräch erst wieder auf, als der Kellner verschwunden war.
    »Du hörst also nichts mehr?«
    »So ist es.«
    »Aber du bist sicher, dass du sie…«
    »Ja, ja, ich bin mir sicher. Sie waren in meinem Kopf. Sie waren auch in den Ohren zu hören, das habe ich mir nicht eingebildet, Harry. Das musst du mir glauben.«
    »Kein Problem, wenn du das sagst, glaube ich es. Nur frage ich mich, wer da geschrieen hat.«
    Sie hob die Schultern.
    Harry stellte eine ganz andere Frage. »Ob das mit dem Namen des Lokals zusammenhängt?«
    »Wie meinst du das?«
    »Engelskerker. Wir sind hier in einem Engelskerker. So lautet der Name.«
    »Ja, stimmt.« Dagmar lächelte freudlos. »Der Name hat mich fasziniert.«
    Harry winkte locker ab. »Du darfst nicht vergessen, dass wir hier - sagen wir mal - in einem mystischen und mythischen Gebiet leben. Denk an die zahlreichen Geschichten aus dem Harz, die sich um Hexen und Geister drehen. Da kommt einiges zusammen, denke ich. Schau dich um. Überall findest du die Reste der alten Geschichten. Du kannst ihnen gar nicht entkommen. Auf jeder Ansichtskarte sind sie vermerkt. Oder jeder zweiten.«
    Dagmar lächelte spöttisch. »Und deshalb soll ich die Schreie gehört haben?«
    »Nein, natürlich nicht. Aber ich wollte nur gewisse Dinge mit einfließen lassen.«
    Der Kellner brachte die Getränke. Der junge Mann war so groß, dass er wegen der zu niedrigen Decke den Kopf einziehen musste.
    »Dann
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