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Mann kocht

Mann kocht

Titel: Mann kocht
Autoren: Ludger Fischer
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Dieser Krimskrams ist Hanna Dietz, die ein Lexikon der unnützen Küchengeräte geschrieben hat, durch die Lappen gegangen. 40 Ha! Ansonsten gebührt ihr die Ehre, eine Unmenge überflüssiger Gerätschaften aufgespürt und beschrieben zu haben. Aristoteles hätte die Nerven in der Hand gehabt, wenn er gesehen hätte, mit welchem Kokolores heutzutage Küchenschubladen verstopft werden. Schon die wenigen Dinge, die ihn umgaben, ließen ihn aufseufzen: »Was es alles gibt, das ich nicht brauche!«
    Einer verbreiteten Unterstellung zufolge sind es vor allem Frauen, die sich ihren Küchenalltag mit derlei relativ preiswertem Schnickschnack interessanter gestalten und Schubladen verstopfen. Nehmen wir den erwähnten Zwiebelschneider. In Wahrheit verwendet man dieses »total praktische Gerät« natürlich nicht, weil irgendjemand einmal die Erfahrung gemacht hat, dass es total praktisch sei (Zwiebeln werden damit eher zermatscht als zerschnitten), sondern weil das Saubermachen enorm viel Zeit in Anspruch nimmt und damit das Leben interessant macht. Küchengeräte, die vorwiegend von Frauen verwendet werden, können aber auch raumgreifender und zeitvertreibender sein.
    Was machen Frauen, wenn sie zu viel Zeit haben? Genau: Sie bereiten selbst und ohne den geringsten Anteil an vorgefertigter Ware Pizza zu und hoffen, dass ihre Lieben den Aufwand zu schätzen wissen. Sie dörren allerlei Früchte, kochen sie in Gläser ein, quetschen aus ihnen das letzte Tröpfchen Saft heraus, züchten Joghurt- und Kefirkulturen, lassen Sprossen sprießen, plätten und mahlen Körner, verbacken und verklumpen sie zu so etwas wie Brot. Für all diese Tätigkeiten gibt es natürlich Gerätschaften, die in der Küche herumstehen, um die mögliche Autonomie der Lebensmittelzubereitung zu beweisen. Wie oft all diese Geräte tatsächlich verwendet werden, tut nichts zur Sache. Wie oft die Alfalfa-Sprossen ungenießbar, weil von Schimmel überzogen sind, schon gar nicht. Hauptsache, man hat die ganzen Gerätschaften und könnte sie bei Bedarf einsetzen und damit autonom wirtschaften. Zeit, die man sonst vor dem Fernseher verbringen müsste oder bei einem Gespräch mit Freundinnen, schnurrt durch den Einsatz von Press- und Dörr- und Plätt- und Schrot- und Backautomaten schon fast greifbar zusammen, vor allem durch die Zeit, die man zum Saubermachen benötigt.
    Männer, heißt es, fahren stärkere Geschütze auf, vor allem teurere. Ich habe bei einigen Männern nachgefragt und erstaunt festgestellt: Es stimmt. Mit Kinkerlitzchen halten sich Männer gar nicht erst auf. Sie verplempern ihre Zeit lieber mit Maschinen, die echt hightech sind, so high , dass Männer davon fast in Rauschzustände geraten.
    Thomas Rombach, mit dem ich für ein Hörbuch ein kleines Interview aufnehmen durfte 41 (die Werbeeinblendung ist hiermit beendet), ist Diplom-Ingenieur und als Tontechniker mit technischem Gerät bestens vertraut. Er hat sich »für eine Mörderkohle« (meine Ausdrucksweise) ein Küchengerät zugelegt, das er selbst für »verhältnismäßig teuer« hält: einen Pacojet . Laut Hersteller wurde das Gerät »in Zusammenarbeit mit Spitzenköchen aus aller Welt« entwickelt, wobei die üblichen Verdächtigen, vorwiegend aus Spanien, genannt werden.
    Butterformen, rund, Ahorn, fein gedreht und gestochen, mit Blumen. Was Sie hier sehen, sind
natürlich KEINE Boystoys, sondern echte Girlstoys, Küchengeräte, die zwar genauso unnütz sind wie Boystoys, aber um das Hundert- bis Tausendfache billiger.
Männer bevorzugen in der Küche Geräte, die eher fürs Labor entwickelt wurden. Macht mehr her, gibt mehr Anerkennung, besonders von Männern.
    Der Hersteller regt zur Anfertigung von Kräuterkonzentraten und Suppen mit diesem Gerät an. Eigentlich aber kann man mit so einem Maschinchen vorwiegend zwei Speisen anrichten: Sorbets und Eiscremes. Gefrorene Früchte werden mit 2000 Umdrehungen in der Minute in Schichten von weniger als zwei Mikrometern abgefräst. Das sind zwei tausendstel Millimeter. Ich finde, dicker dürften die Späne auch nicht sein, oder? Dabei erhitzt sich die ursprünglich auf -20 Grad gekühlte Masse auf -12 Grad, die ideale Verzehrtemperatur. Sorbets schmecken damit so, wie Sorbets schmecken sollten. Dazu können außer selbst zubereiteten Früchten laut Werbefilm natürlich auch gekauftes Fruchtmark oder Eispulvermischungen (das billigste erhältliche Zeug) verwendet werden. Am Ergebnis ändern die Ausgangsmaterialien nichts. Dass die
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