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Mann kocht

Mann kocht

Titel: Mann kocht
Autoren: Ludger Fischer
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raus. Warum ist das so?
    Feuerhaken, Stocheisen, Eisen geschmiedet mit façonnirtem Griff, mit schwarz polirtem Holzgriff oder mit feinem,
polirtem Holzgriff. Mit solchen Geräten haben Männer alles im Griff, seien sie façonniert, schwarz und poliert oder fein und poliert.
    Es hängt wohl mit den Erwartungen zusammen, die an Männer gestellt werden, von Frauen und von den Männern selbst.
    Frauen wissen (außer wenn es um total romantische Kerzenarrangements geht) um die Gefahren, die von offenen Flammen ausgehen. Männer wissen es auch, würden das aber nie zugeben, weil sonst der Eindruck entstünde, sie hätten da etwas nicht im Griff. Und etwas im Griff zu haben ist die oberste Priorität bei der Erfüllung von Männlichkeitsklischees: viel zu schnelle Autos, viel zu steile Klippen, viel zu hohe Flammen. Bloß keine Angst vor der offensichtlichen Gefahr zeigen! Die Unfall- und Todesursachenstatistiken zeigen ein deutliches Übergewicht bei Männern, wenn es zu Unfällen und zum Ableben durch unterschätzte Gefahren kommt. 57 Einzige Ausnahme: Frauen unterschätzen die enorme Gesundheits- und Lebensgefahr, die von nicht erhitzten Speisen ausgeht. Sieht doch ganz harmlos aus, so ein Salätchen. Und was soll an diesen Sprossen schädlich sein?

Raucharoma ohne Rauch - Männer packen Lagerfeuer zur Not in kleine Gläser
    Es gibt ein Aroma, das besonders Männer schätzen: Rauch. Erstaunlicherweise schätzen auch Frauen Raucharoma, nämlich an Männern. Die starke erotische Anziehung, die Frauen bei Feuerwehrmännern empfinden, ist unleugbar. Das stärkste Raucharoma wird, nach Whisky, Schinken zugesetzt. In Europa ist die Verwendung solcher Aromen in der Verordnung ( EG ) 2065/2003 geregelt. 69 Darin ist pingelig alles festgehalten, was »über Raucharomen zur tatsächlichen oder beabsichtigten Verwendung in oder auf Lebensmitteln« so zu regeln ist. Und weil es Männern so gut schmeckt, gibt es Rauch- und Schinkenaroma jetzt auch als Brotaufstrich. Die Schmiere heißt Baconnaise.
    Eigentlich handelt es sich um Mayonnaise mit Schinkengeschmack, die mit dem Slogan Everything should taste like bacon verkauft wird. Amerikaner fragen sich, wie sie jemals Burger ohne diesen Schmierstoff zu sich nehmen konnten. Sie essen ihn löffelweise (wie ich Nutella) und entschuldigen sich beim guten alten Ketchup dafür, dass sie ihm untreu werden. Sie nehmen’s zu Pommes frites, zu Hühnchen, zu Fisch und zu Hackfleisch zu sich, wobei der Hersteller stolz verkündet, dass sein Produkt »streng vegetarisch« sei.
    Lampen-Rauchglocken, Messing, polirt.
    Mit solchen Rauchglocken verhinderte man, dass die in Petroleumlampen unverbrannten Kohlenstoffteilchen die ganze Küche schwärzten. Es ging dabei eher um Ästhetik als darum, den krebsfördernden Effekt des Rauchs zu verringern. Raucharomen gibt es jetzt auch ohne Krebsgefahr.
    Seit Oktober 2006 ist der fragwürdige Genuss, den die Tüftler Dave Lefkow und Justin Esch kreiert haben, auf dem Markt. Erste Schritte dazu waren die Registrierung der Internetadresse und die Eintragung des Markennamens. Das Marketing wurde über kostenlose Kanäle wie YouTube und Facebook gestartet. Diskussionsforen und Blogs wurden mit entsprechenden Fragen gefüttert und die Netzgemeinschaft schwatzte fleißig werbend mit. Dann musste nur noch ein Produkt für die Idee erfunden werden. Weil die Versuche dazu in der eigenen Küche kläglich scheiterten, wandten sich Lefkow und Esch an einen professionellen Lebensmittelentwickler.
    Was dabei herauskam, besteht vorwiegend aus Mayonnaise (Wasser, Sojaöl, Eier), Salz, Knoblauch, Zwiebeln und, die wichtigste Zutat, Schinkenraucharoma. Eine Portion enthält neun Gramm Fett, davon 1,5 Gramm gesättigte Fettsäuren, keine Transfettsäuren, fünf Gramm mehrfach ungesättigte Fettsäuren, außerdem zehn Milligramm Cholesterin und 130 Milligramm Salz. Ich würde sagen: mittelungesund. Weil die Raucharomen mittels flüssiger Aromenstoffe zugefügt werden, sind diese Aromen in dem fetten Mix jedenfalls als Gefahr zu vernachlässigen. In der EU gelten seit 2005 strenge Grenzwerte für die in solchen Aromen enthaltenen Benzo[a]pyrene und Benzo[a]anthracene.
    Das Produkt Baconnaise war schon in den ersten beiden Jahren seiner Existenz so erfolgreich wie die von Julius Maggi erfundene Würzflüssigkeit in ihren ersten 20 Jahren. Noch verrückter geht es zu, wenn Raucharomen gar nicht erst mit Lebensmitteln in Zusammenhang gebracht, sondern als Parfum aufgetragen
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