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Mann kocht

Mann kocht

Titel: Mann kocht
Autoren: Ludger Fischer
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mich für ein Weichei halten. Zurück zum Kochen.
    Allein, also ohne sich um die Rangfolge im Rudel eins Kochklubs Sorgen machen zu müssen und ohne ein Weibchen vom eigenen Alphastatus überzeugen zu wollen, verschwenden Männer wenig Energie auf Körperpflege, Kleidung, Küchenraffinesse. Da wird erhitzt, was da ist, und wenn nichts da ist, wird getrunken, was da ist. Zu trinken ist immer da.
    Erschreckend ehrlich schildert Harald Schmidt, wie er sich, wenn er mal allein ist, Penne all’arrabbiata zusammenmatscht: »Man schüttet die Tomaten in eine Pfanne und kocht sie auf großer Hitze so lange, bis man vom Telefonieren wieder in die Küche zurückkommt. Dann klatscht man einen großen Löffel Sambal Oelek und schmeckt bei Bedarf mit Tabasco ab.« Diesen Mist isst ein echter Kerl, und Harald Schmidt ist ein echter Kerl, »stehend in der Wohnzimmertür direkt aus der Pfanne« 144 . Männer empfinden dabei die Wonnen des Primitiven.
    Gurkenhobel, Buchen, prima, mit verstellbarem Messer .
Außer primitiv sind Männer auch noch ungehobelt. Sind sie einmal unbeobachtet, brutzeln sie irgendwas zusammen und schlingen es sich rein. Zum Glück muss sich das keiner ansehen.
    Sie genießen einen nur von ihnen selbst wahrgenommenen Protest gegen die Zwänge der Zivilisation. Sie weigern sich, hier und ohne Publikum eine Rolle als zivilisierter Mensch zu spielen, und spielen die Rolle des unzivilisierten Menschen.
    Dann gibt es noch Männer-Kochblogs. 145 Da beschreiben Männer, meist im Urlaub oder während ihres angeblich wohlverdienten Ruhestandes, wie sie ihren ereignisreichen Tag verbringen. Sie kennen das: Aufstehen, Manchmalrasieren, Kaffeekochen, Rumgammeln, Malwaszumessenbesorgen, Alleszusammenbrutzeln, Iminternetrumwühlen, Tagausklingenlassen. Puh! Die Einträge in solchen Männer-Kochblogs haben einen hohen Drolligkeitsfaktor. Sie belegen unbezweifelbar, dass Männer kochen. Sie belegen aber auch, dass sie sich dabei, sofern kein Publikum vorhanden ist, nicht die geringste Mühe geben.
    Männer, die kochen, haben mehr vom Leben. Männer, die nicht kochen können oder wollen, sind natürlich nicht völlig wertlos. Sie nutzen aber ihre Möglichkeiten nicht annähernd aus. Sie parken praktisch immer vorwärts ein. Spätestens diese Attacke auf ihren Status wird sie scharenweise an die Herde treiben.

Intermezzo
    Kennen Sie den Foxtrott Wenn Männer kochen von Fred Frohberg? Die Noten, gesetzt für ein Streichorchester, sind 1954 in Berlin/Leipzig erschienen. Falls Sie einen Satz erwischen, finden Sie auf der Rückseite auch die Orchestrierung für »Unser Pianist ist miserabel«. Der Komponist und Interpret Fred Frohberg scheint in der DDR sehr beliebt gewesen zu sein. Deshalb durfte er oft in den Fernsehsendungen Da lacht der Bär und Ein Kessel Buntes auftreten. Große Lacher brachte offensichtlich schon allein die Erwähnung der Vorstellung, dass Männer kochen. Männer finden es im Allgemeinen » OK -hey«, nicht kochen zu können. Schlagersänger Chris Roberts hat das » OK -hey« erfunden. Ob er kochen kann, weiß ich nicht. Weil er aber bekennt, in die Liebe verliebt zu sein, wird er wohl wenigstens ein einfaches Mahl zubereiten können.
    Das Thema Essen und Küche ist ein beliebtes Schlagerthema. Fritz Löhner-Beda beschwerte sich1931 , dass sie Ausgerechnet Bananen von ihm verlange (zuerst 1923 mit dem Originaltext Yes! We have no bananas veröffentlicht). Das angeblich sparsame Lebenskonzept des Sängers Gus Backus, »Ich esse gerne Sauerkraut und tanze gerne Polka«, vielfach vorgetragen im Rahmen der Sauerkraut-Polka (1962), war gelogen. Das wissen wir spätestens seit der 2011 erschienenen Autobiografie mit dem ach so originellen Titel Ich esse gar kein Sauerkraut . Erik Silvester trank 1969 Zucker im Kaffee . Er empfahl aber auch Zitrone oder Sahne in den Tee sowie Pfeffer im Salat! Reinhard Mey besang 1972 Die heiße Schlacht am kalten Büfett , Udo Jürgens 1974 Griechischen Wein und 1976 das Tortendrama Aber bitte mit Sahne.
    Vogelkäfige, fein verzinnt, mit Verzierung, lackirtem Schubladenboden und bemalten Glaswänden. So schön wie Fred Frohberg singen
Vöglein allemal. Zum Glück singen sie aber nicht von kochenden Männern.
    Die Frauenversteher Hoffmann & Hoffmann verzehrten 1977 Himbeereis zum Frühstück und Peter Cornelius sang 1980 Der Kaffee ist fertig , »klingt das net unheimlich zärtlich«. Ganz anders die Toten Hosen. Sie schätzten 1983 klassisch männlich Eisgekühlten
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