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Mann kocht

Mann kocht

Titel: Mann kocht
Autoren: Ludger Fischer
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Consommé aus Ofenkartoffeln (Methylcellulose)
    Reis mit Huhn und Hummer (Methylcellulose)
    Cannelloni aus Milchhaut mit einer Foie-gras-Füllung
    Civet vom Kaninchen mit warmer Apfelgelatine (Agar-Agar)
    Kartoffel-Espuma mit Pilzen (Agar-Agar)
    Parmesanspaghetti (Agar-Agar)
    Da kommt ganz oft Methylcellulose vor und ich Dummi musste wieder nachschlagen, was das ist. Es ist der Hauptbestandteil von Tapetenkleister. Ein großer deutscher Hersteller nennt seinen Kleister deshalb auch »Metylan«, Chemiker nennen den Stoff Cellulosemethylether, und als Lebensmittelzusatzstoff ist er unter der Nummer E 461 zugelassen. Man kann ihn in der Bauindustrie gut einsetzen, etwa bei Mörtelmischungen. Das schleimige Zeug findet auch in der Pornofilmindustrie großen Absatz als Ersatzstoff für Na-Sie-wissen-schon. Nichts für Leute mit Blennophobie. Sehen Sie mal nach, was das wieder heißt!
    Man kann Methylcellulose gut benutzen als Verdickungsmittel und Emulgator bei der Herstellung von Instantprodukten, bei Tiefkühlkost, Speiseeis, Backwaren, Kuchencremes und Mayonnaise. In echter Mayonnaise ist natürlich nur Eigelb, Öl und ein Spritzer Zitronensaft, aber in Pseudo-Mayonnaise, die den Schlankheitsfreunden als Ersatz dient und auf der immer so etwas wie »leicht«, »schlank« oder »gesundundlecker« steht, ist fast immer Methylcellulose drin. Ich behaupte: Man schmeckt das. Vielleicht leide ich aber auch unter Fantogeusie, da schmeckt man was, obwohl gar nichts zu schmecken ist. Man kennt das vom »Fleur de Sel«, von dem Hobbyköche, die wenig Ahnung haben, sich aber interessant machen wollen, behaupten, es enthalte ganz andere Aromen als schlichtes Speisesalz.
    Aus dem »Texturas«-Katalog des Zusatzstoffhändlers Ferran Adrià kann man alles bestellen, was man für die angeblich weiterführenden Experimente mit Lebensmitteln so braucht. Sagen wir mal, Sie hätten vor, eine Spherificación zu machen, eine Gelificación , eine Emulsificación , oder Sie wollen etwas eindicken (heißt das dann Dickificación ?). Da gehen Sie einfach in den Zusatzstoff-Online-Laden und besorgen sich die notwendigen Pülverchen.
    Besonders die Spherificación finde ich allerliebst. Ein Gelier- und Auflösewahn der Extraklasse. Gibt es dafür eigentlich ein deutsches Wort? Ich würde es sonst »Kügelchendrehen« nennen. Adrià macht das mit dem Algen-Geliermittel Natriumalginat. Zur Gelificación (ich würd’s mit »Glibberisierung« übersetzen) gibt es statt der traditionellen Gelatine in der Molekularküche Agar-Agar (E 406), Gellan (E 418), Carrageen (E 407) oder Methylcellulose (E 461). Jetzt kommt die Emulsificación , zu Deutsch: die »Verquirlung«. Weil sich fette und wässrige Stoffe nicht gut verbinden, werden sie normalerweise verquirlt. Nicht so in der Molekularküche, denn da werden Emulgatoren eingesetzt, zum Beispiel Polyglycerinester von Speisefettsäuren (E 475) und Lezithin (E 322), meist hergestellt aus Soja und Zuckerester von Speisefettsäuren (E 473). Und zum Dickifizieren nimmt man Xanthan (E 415), ein vom Bakterium Xanthomonas campestris gebildetes langkettiges und weitverzweigtes Kohlenhydrat. Das Material ist wirklich praktisch, erhöht bei Teigen die Bindung von Wasser, verzögert so ein schnelles Austrocknen von Brot, verringert bei Speiseeis die Bildung von Kristallen und verteilt Schwebstoffe gleichmäßig in Flüssigkeiten. Deshalb wird es gern bei Backwaren, Soßen, Suppen, Marmeladen, Mayonnaise, Ketchup, Eis und Fischkonserven eingesetzt. Und in der Molekularküche. Wem das alles noch nicht prickelnd genug ist, der kann noch ein Granulat aufs Essen streuen, das auch bei Kindern beliebt ist: Prickelpulver, das im Mund knackt.

Männer sind ja so primitiv!
    Für klischeehaft männliches und klischeehaft unmännliches Verhalten verschieben sich die Beurteilungskriterien seit einem halben Jahrhundert ständig. Kochen gehört mittlerweile angeblich zu den Tätigkeiten, die der Männlichkeit im Urteil von Frauen und Männern keinen Abbruch tun, ihr sogar zuträglich sind. Noch immer abträglich für die Außenwirkung wie auch für die Selbstwahrnehmung von Männern, ist aber angeblich das Bügeln. Ich bügele daher nur an meinen »Männerabenden«, dann, wenn meine Frau nicht zu Hause ist, wenn ich rote Bohnen mit Hackfleisch esse, eine James-Bond- DVD einlege, mir Daniel Craig mit einem perfekt gebügelten Hemd ansehe und dabei selbst meine Hemden perfekt bügele. Erzählen Sie das bitte nicht rum, man könnte
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