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Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen

Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen

Titel: Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen
Autoren: Aufbau
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neben einem Päckchen frisch gedruckter Visitenkarten auf meinem Schreibtisch.
    Es gibt also solche und solche Erfahrungen, aber wenn man sich umhört, ist meine leider eher der Ausnahmefall.
    Kein Wunder also, dass laut eines Berichts des Familienministeriums nur 11,5 Prozent der Mütter im ersten Lebensjahr ihres jüngsten Kindes erwerbstätig sind. Ich hatte mir eigentlich ausgemalt, nach sechs Monaten wieder arbeiten zu gehen. Wäre das überhaupt realisierbar? Dass nur eine von zehn Müttern im ersten Babyjahr arbeitet, liegt sicherlich auch daran, dass Kita-Plätze für ganz Kleine extrem rar sind, aber das scheint nicht der einzige Grund zu sein. Als ich anfing, die Kitas und Tagesmütter in meiner Gegend abzutelefonieren, lag Maxime mit seinen vier Monaten noch sehr zerbrechlich und schutzbedürftig in meinem Schoß. In diesem Moment war ich heilfroh, zu den 88,5 Prozent zu gehören, die zu Hause bei ihrem Babybleiben. Er war noch so klein, und ich hatte einfach Angst vor einer längeren Mama-Kind-Trennung.
    Doch was kommt nach diesem ersten Jahr Elternzeit? Laut Familienministerium steigt der Anteil der berufstätigen Mütter in Deutschland im zweiten Lebensjahr des Kindes auf 40 Prozent. Immer noch sehr wenig, wie ich finde. Beispielsweise sind in Frankreich, wo ein Teil meiner Familie lebt, über 80 Prozent der Frauen zwischen 25 und 49 Jahren erwerbstätig. Und das, obwohl Frankreich eine der höchsten Geburtenrate in Europa hat. Wie das kommt?
    Nun, das zeigt etwa das Beispiel meiner Cousine Clara, einer typischen Französin: Sie ist Lehrerin in der Nähe von Lille. Als ihre kleine Tochter Lise zwei Monate alt war, brachte sie die Kleine und ein paar Fläschchen abgepumpte Milch fünfmal die Woche früh um sieben Uhr zur Tagesmutter und holte sie in der Regel um zwei Uhr mittags wieder ab. Für sie war das völlig normal, schließlich machten und machen es alle ihre Freundinnen dort auch so.
    Auch wenn das für mich selber nicht in Frage gekommen wäre, weil ich keine Minute Stillen und Tragen mit Maxime missen will, finde ich es dennoch beneidenswert, in einer Gesellschaft zu leben, in der es für Frauen zumindest die staatlich zugesicherte Option gibt, nach zwei Monaten wieder arbeiten gehen zu können.
    Meine Rückfrage bei der Französischen Botschaft, wie sich dieses Betreuungsangebot realisieren lässt, ergab übrigens, dass Frankreich zwar weniger Kitas als Deutschland hat, allerdings die Politik mit 10,2 Milliarden Euro im Jahr, also einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes, an der Unterstützung von Betreuungsmöglichkeiten für Kleinkinderwie Tagesmütter, Krippen und auch Vorschulen beteiligt ist. Das bedeutet also, dass Tagesmütter Subventionen erhalten, den Eltern werden gestaffelt pro Kind erhebliche Steuerfreiheiten eingeräumt, darüber hinaus bekommen sie noch Kindergeld. Hinzu kommen Gelder wie Geburtszulage, Basisunterstützung und Zusatzhilfen für die freie Wahl der Betreuungsform und Erwerbstätigkeit. Oft hilft der Staat auch mit einer Kostenbeteiligung für eine private Kita, wenn diese zu teuer ist, es aber keine Alternative in der Nähe gibt. Wenn Frau nach der Geburt ihres Kindes beschließt, wieder arbeiten zu gehen, dann wird das organisiert. Staatlich und um jeden Preis.
    In Deutschland wird die Betreuungsfrage, und damit auch die Frage nach Vereinbarkeit von Kind und Karriere, mittlerweile auch immer wichtiger. Lange Zeit war das in Westdeutschland jedoch anders. Alles begann in den fünfziger Jahren mit Frauen wie meiner Oma. Sie stärkte ihre Gardinen noch, schrubbte jeden Tag das Waschbecken im Bad so blank, dass sich am Rand keine Tropfen bildeten, und vermochte aus allen Mahlzeiten von Kartoffelsuppe bis Schokoladenpudding ein Festtagsessen zu zaubern. Sie war eine dieser Frauen, bei denen die Wohnung immer leicht nach Putzmitteln und Seife roch, und sie entsprach dem Bild der typischen Hausfrau mehr als alle anderen Frauen, die ich kannte. Bis 1977 waren laut Paragraph 1356 des Bürgerlichen Gesetzbuches alle Frauen in der Bundesrepublik wie meine Oma – Hausfrauen also und damit nur dann berechtigt, erwerbstätig zu sein, »soweit dies mit den Pflichten in Ehe und Familie vereinbar« war. Zwischen den Zeilen klingt das für mich so: Du darfst dann arbeitengehen, wenn dein Ehemann kein Vollarsch ist, der darauf besteht, dass abends warm gekocht wird.
    Egal. Vorbei. Heute ist die Frau in Deutschland im Durchschnitt 29 Jahre alt, wenn sie ihr erstes Kind bekommt, und
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