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Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen

Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen

Titel: Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen
Autoren: Aufbau
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mit einem Arbeitspensum von 18,5 Stunden pro Woche hierzulande »kürzer« seien als im europäischen Durchschnitt. Ein Volumen von über einer Million faktischen Vollzeitstellen ließe sich allein dannmobilisieren, wenn es gelänge, die durchschnittliche Teilzeit für Frauen von 18,5 Stunden pro Woche auf das schwedische Niveau von 25 Stunden anzuheben. Denn vom Gehaltszettel her gelten diese nämlich sogar als Vollzeitstellen.
    Es dürfte also ruhig noch ein bisschen mehr sein – vor allem für die Mütter und ihre künftige Rente. Aber das Problem ist nicht nur ein finanzielles. Denn solange Arbeitszeiten so statisch und unflexibel sind, hetzen täglich zehntausende Mütter ihrem Leben hinterher. Man sieht sie an Bahnhaltestellen, Tramstationen, im Kaffeeladen, beim Bäcker, an der Ampel, in der Reinigung, beim Rausgehen aus dem Büro, vor der Kita-Tür auf die Uhr schauen und denken: »F***, schon wieder zu spät dran. Jetzt schnell den Rest des Tages abreißen.« Das heißt, zusammen mit den Schulkindern in den Supermarkt, das jüngste Kind von der Tagesmutter abholen und in den Fahrradkindersitz heben, sich vom Mann noch abends anhören müssen, dass nie, aber nie was im Kühlschrank ist und man das Ganze doch praktischer organisieren könnte. Doppelt-F***.
    Vielleicht sollte ich mit meinem Sohnemann einfach einen Deal machen: Ich sorge dafür, dass er eine dieser Bullerbü-Kindheiten hat, in der Mama zum Mittagessen ruft – ohne psychologische Schäden wie Bindungsangst und was vermeintliche Experten sonst noch Böses für Kita-Kinder prognostizieren. Und er kommt dafür später für meinen Unterhalt auf und lässt mich in seinem Gästezimmer wohnen. Ich möchte mal Maximes Gesicht sehen, wenn er 30 ist und ich mich mit meinen zehn Katzen bei ihm ankündige!
    Aber Spaß beiseite. Denn gerade die oben geschilderte Arbeitssituation erhöht tatsächlich die Gefahr, dass dasPendel eines Tages böse zurückschwingt: Kai-Olaf Maiwald vom Institut für Sozialforschung an der Universität Frankfurt am Main spricht in einer Studie zum Thema sogar von einer Re-Traditionalisierung der Geschlechterrollen: Die Geburt des ersten Kindes sei die Zäsur. In der Regel übernehmen die Frauen dann Kinderbetreuung und Haushalt. Arme Simone de Beauvoir, arme Alice Schwarzer. Heißt das: 50 Jahre Emanzipationsstreben für (fast) nichts? denke ich. Das möchte ich nicht wahrhaben!
    »Im Grunde müssen wir vorsorgen und das Beste aus uns, unseren Möglichkeiten und Talenten machen«, sagte ich später zu meiner deprimierten Freundin Charlotte. »Nur, weil dein jetziger Arbeitgeber dich nicht anstellen wird und du dich im fünften Monat deiner Schwangerschaft arbeitslos melden musst, heißt das ja nicht, dass du die Zeit nicht nutzen kannst, um dich beruflich weiterzuentwickeln und dir eine neue Perspektive zu suchen.«
    Charlotte kräuselte die Augenbrauen und überlegte: »Vielleicht kann ich tatsächlich erst einmal meinem Bruder helfen«, sagte sie dann. »Er stellt Holzspielzeug her, das er auf Wochenmärkten verkauft, aber eigentlich könnte er auch einen Onlineshop gebrauchen. Den könnte ich ihm ja entwerfen.«
    »Na bitte, da hast du deinen Plan«, jubelte ich und kam mir wie die Retterin der Welt vor.
    Julia Malchow, Gründerin und Chefin eines Veranstalters für luxuriöse Abenteuertrips, reiste mit ihrem zehn Monate alten Sohn Levi zehn Wochen lang 15 000 Kilometer mit der Transsibirischen Eisenbahn von Sankt Petersburg durch Sibirien und die Mongolei bis nach Peking. Fürsie, die hauptberufliche Weltenbummlerin, war es eine klassische Forschungsreise. Denn sie war auf der Suche nach einem individuellen und zeitgemäßen Verständnis von Familie – jenseits der Klischees. Über diese Zeit schrieb sie das Buch Mut für Zwei. Zum Thema Karriereknick für Frauen mit Kind in Deutschland kommt sie darin zu dem Schluss, dass Kinderfeindlichkeit im Kopf beginne. Bei den Glaubenssätzen in unseren Köpfen über das perfekte Leben mit Kind und die perfekte Karriere. Nicht Kinder seien die Karrierekiller, sondern die Art, wie in unserer Gesellschaft das Berufsleben organisiert sei. Und der Druck, der von dem Leitbild der »perfekten Mutter« ausgehe, das leider immer noch stark in deutschen Köpfen verankert sei und besage: Kinder gehören die ersten ein bis drei Jahre im Schwerpunkt zur Mutter, Babys seien eine Frage der Organisation. Und vieles mehr.
    Mit ihrer Reise will Julia Malchow diese gesellschaftlichen Glaubenssätze
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