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Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen

Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen

Titel: Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen
Autoren: Aufbau
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der Mütter, die wir später für dieses Buch interviewt haben, stand auch ich an jenem Punkt, an dem man zögert, wie wenn man als Kind zum ersten Mal auf einem Fünf-Meter-Brett steht. Soll ich wirklich springen? Werde ich mir dabei wehtun? Und wenn ich es tue, was habe ich davon? Tue ich das hier gerade für mich – oder für die anderen, die da unten stehen und »Spring!« rufen? Unter uns: Ich bin nie von einem Fünf-Meter-Brett gesprungen. Weil ich viel zu viel Angst hatte und nicht einsah, wofür das gut sein sollte. Doch in dem Moment, als es um mein Studium ging und das Wagnis, Hunderte von Hand getippte Seiten bis Semesterende, also in ziemlichgenau zwei Monaten, abgeben zu müssen, bin ich gesprungen.
    Und ich hatte es mir leichter vorgestellt. Wenn erst einmal die ersten Baby-Monate überstanden sind, dachte ich, ich würde mit meinem Baby Maxime quasi in den rosa Sonnenuntergang reiten: sonntags sitzt die ganze Familie vor Schwarzweißfilmen und isst Waffeln und – ja, wirklich – die jungen Eltern erfreuen sich nachts an ein bisschen Privatsphäre im Ehebett, während der Sohnemann bis morgens um acht Uhr durchschläft. Die ersten Stürme, die ersten Kinderkrankheiten würden überstanden sein, und wir, die Eltern, würden es geschafft haben, unsere durcheinandergewürfelte Zweierbeziehung zu einem großen bunten Kleinfamilienteppich zusammenzuflicken. Und auch mein Masterstudium hätte ich bis zu diesem Tag fast gemeistert. Dachte ich.
    Tatsächlich lief alles zunächst ziemlich glatt, doch dann kam die Woche vor Maximes erstem Geburtstag. Im Oktober. Mütter wissen, was diese Jahreszeit bedeutet. Ich kehrte also am Sonntagnachmittag gutgelaunt vom Yogakurs zurück. Pausti hatte mir am Vormittag den Kleinen abgenommen, ich hatte in der Herbstsonne gefrühstückt, mich auf der Matte gedehnt und dann noch ausgiebig mit meinem besten Freund telefoniert – das Leben war schön. Zu Hause angekommen, hielt meine gute Laune ungefähr zwei Sekunden an.
    »Pausti, fühl doch mal seine Stirn. Er glüht ja förmlich«, motzte ich den allzu entspannten Papa an, der gerade mit einer Zigarette auf den Balkon verschwinden wollte.
    »Echt? Habe ich gar nicht gemerkt!«
    Ich hatte noch nicht einmal die Jacke aus und war schonauf 180. Sofort schleppte ich Maxime zum Wickeltisch, schnappte mir das Fieberthermometer. Mein Muttergefühl hatte mich natürlich nicht im Stich gelassen: 40 Grad Fieber.
    »Eine Mittelohrentzündung«, wie die Kinderärztin am nächsten Tag sagte.
    Dicht gefolgt von einem Noro-Virus und einer Lungenentzündung, soviel kann ich jetzt schon mal verraten.
    In derselben Woche kam mein Mann ins Krankenhaus, weil er operiert werden musste. Ich war also allein zu Hause, Maxime behielt nichts bei sich, und ich ging am Stock.
    »Wenn er morgen nicht genug getrunken hat, kommt er an den Tropf«, drohte die Kinderärztin mir am dritten Tag von Maximes Brechdurchfall an. Nach einer Woche Mittelohrentzündung, schlaflosen Nächten und einem Baby, das seit drei Tagen weder essen noch richtig trinken wollte, dürfte es sie nicht gewundert haben, dass ich in Sweatshirt und schwarzen Leggins mit Breiflecken vor ihr saß.
    Noch eine Woche später fanden wir uns dann endgültig im Krankenhaus wieder. Die Diagnose: Lungenentzündung. Mit dem Rat, ihn für ein paar Wochen komplett aus der Kita zu nehmen und zu isolieren.«
    Ich war schockiert. Ganz ehrlich: Ich mag wie ein Weichei klingen, aber das alles auf einmal war zu viel für mich.
    Nun glaube ich zwar nach wie vor daran, dass Mütter alles schaffen können, wenn sie wollen – allerdings weiß ich mittlerweile, mit welchem Kraftaufwand das mitunter verbunden sein kann. Und nicht zu vergessen, die Grundvoraussetzung für alle persönlichen Pläne von Müttern lautet: ein gesundes oder, besser gesagt, kein krankes Kind zu haben.
    Mein kleines, perfekt ausgeklügeltes, auf die Stunde getaktetes Heim-Karriere-System krachte von einem Tag auf den anderen in sich zusammen. Ich saß inmitten eines Scherbenhaufens: Nachdem ich mit Maxime aus dem Krankenhaus nach Hause zurückgekehrt war, verschwitzte ich prompt mein zweitägiges Uni-Blockseminar und die erste Deadline bei unserer Lektorin. Die Elterngeldstelle drohte mir mit einer Rückforderung von Tausenden von Euros, weil ich meinen Steuerbescheid nicht einreichen konnte, obendrein stritt ich mit meinem Mann ständig über unseren Alltag und unsere Rollenverteilung. Ich hatte mich seit einer Ewigkeit nicht
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