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Malice - Du entkommst ihm nicht

Malice - Du entkommst ihm nicht

Titel: Malice - Du entkommst ihm nicht
Autoren: Ravensburger
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konnte.
    Auf einmal spürte er etwa s … was war das? Mit der Spitze seines rechten Schuhs tastete er behutsam an der Wand entlang. Da! Ein Felsvorsprung, der gerade weit genug herausragte, um ihm Halt zu bieten. Seth stellte prüfend den Fuß darauf und verlagerte sein Gewicht. Er hielt!
    Seine Arme zitterten inzwischen unkontrolliert und er hatte kaum noch Gefühl in den Fingern. Eins war sicher: Wenn Kady dieses Klemmding nicht schleunigst irgendwo verkeilte und ihm ein Seil hinunterwarf, würde es zu spät sein.
    Seth biss die Zähne zusammen. Er hatte nur eine Chance, einen einzigen Versuc h – hoffentlich reichte seine Kraft noch aus.
    Er ging in die Knie, holte tief Luft, sprang in die Höhe und krallte sich an einer Felsnase fest. Mit letzter Kraft zog er sich noch ein paar Zentimeter höher und schaffte es dann tatsächlich, das rechte Knie über die Felskante zu ziehen und sich auf den Hang zu robben.
    Keuchend presste er die Wange an den sonnenwarmen Fels, während sein Herzschlag sich allmählich beruhigte und das Blut in seine Fingerspitzen zurückströmte. Nach ein paar Sekunden brach er vor lauter Erleichterung in lautes Lachen aus. Er würde nicht in den Abgrund stürzen! Seine Hände brannten und jeder Knochen und jeder Muskel tat ihm weh, aber er fühlte sich großartig.
    Kurz darauf hörte er ein schleifendes Geräusch und dicht neben ihm glitt ein Seil den Hang hinab.
    »Sorry, das kommt leider ein paar Minuten zu spät. So lange konnte ich dann doch nicht warten!«, rief er und packte das Seil, um sich die letzten Meter hinaufzuziehen.
    »Seth!«, schimpfte Kady, lachte dann aber erleichtert, als sie sah, dass er in Sicherheit war. »Verdammt! Ich hab dir doch gleich gesagt, dass es zu gefährlich ist, ungesichert zu klettern.«
    »Hey, no risk, no fun! «
    »Jetzt komm endlich rauf, du Idiot!«, lachte Kady.
    2
    Sie lagen nebeneinander auf einem breiten Felsen und schauten zu den weißen Schäfchenwolken auf, die träge über den strahlend blauen Himmel wanderten. Um sie herum erhoben sich die sanften grünen Hügel des Peak District Nationalparks, von denen manch e – wie der, auf den sie gerade hinaufgeklettert ware n – von felsigen Gipfeln gekrönt wurden. Es war Anfang August und ganz England wurde von einer Hitzewelle überrollt, eine überraschende, aber sehr willkommene Abwechslung zu dem ansonsten verregneten englischen Sommer. Der Schulbeginn lag noch in weiter Ferne und sie konnten jeden Tag tun und lassen, was sie wollten.
    »Wäre es nicht cool, wenn es immer so sein könnte?«, murmelte Seth verträumt.
    »Wie denn?«
    »Immer haarscharf am Abgrund vorbei.«
    Kady schnaubte bloß.
    »Ich mein’s ernst«, sagte er. »Oder willst du etwa so enden wie deine Eltern? Zur Arbeit gehen, nach Hause kommen und in die Glotze starren, bis du ins Bett fällst? Kein Spaß, keine Abenteuer?«
    »Du beschreibst gerade deine Eltern, nicht meine«, antwortete sie trocken.
    Seth sagte nichts mehr. Nach einer Weile richtete Kady sich auf, stützte sich auf die Ellbogen und sah ihn fragend an. Er lag auf dem Rücken und starrte mit finsterer Miene in den Himmel. Seine schwarzen Haare, die ihm unordentlich in die Stirn fielen, wehten in der leichten Brise.
    Kady seufzte. »Findest du es so schlimm, wie sie leben?«, fragte sie.
    Er zuckte mit den Schultern, was so viel hieß wie: Ja.
    Sie stupste ihn mit dem Fuß an. »Jetzt hör schon auf, dir solche Gedanken zu machen. Es gibt schließlich kein Gesetz, das vorschreibt, dass Kinder so werden müssen wie ihre Eltern.«
    Sie legte sich wieder hin, faltete die Hände im Nacken und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Körper. Die englische Sonne war ganz anders als die in Südkalifornien, wo sie aufgewachsen war. Sie hatte ihre Kindheit hauptsächlich am Strand verbracht. Jeden Tag herrliches Wetter und selbst im Winter war es niemals wirklich kalt geworden. In England zeigte sich die Sonne seltener und war viel kostbarer, weil es nie genug davon gab, und die Winter waren lang und trostlos.
    Wenn Kady in Momenten wie diesen die Augen schloss, konnte sie sich fast vorstellen, wieder zu Hause in Kalifornien zu sein.
    »Sag mal, was war vorhin eigentlich mit Luke los?«, wechselte sie das Thema.
    »Er war am Wochenende bei seinem Vater in London«, murmelte Seth. »Vielleicht ist es nicht so gut gelaufen.«
    »Ich fand es total komisch, dass er allein losgezogen ist und nicht mit uns kommen wollte. So ist er doch normalerweise gar nicht.«
    »Ich
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