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Malerische Morde

Malerische Morde

Titel: Malerische Morde
Autoren: Ralf Kramp
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…«
    »Ich will es nicht wissen!« Sie hatte begonnen, auf und ab zu gehen, und der Klebestreifen einer Folie hatte sich an die Ferse ihres linken Hausschuhs geheftet und schlich ihr leise flüsternd nach. »Wenn dieser Besuch eine Entschuldigung für dein Verhalten sein soll, für dein Verschwinden, deine grenzenlose Undankbarkeit, dann nehme ich sie an.«
    »Aber …«
    »Du sitzt nun also gewissermaßen mittellos vor mir. Deine Wohnung in Euskirchen ist vermietet, deine paar Habseligkeiten habe ich in einem Karton in der Garage stehen. Du kannst, bevor du etwas Vernünftiges gefunden hast, ein paar Tage in einer meiner Mietwohnungen hier in Münstereifel in der Unnaustraße wohnen. Dort wird ebenfalls gerade renoviert. Da kannst du also nichts kaputtmachen. Hier in diesem Hause wirst du nie wieder eine Nacht verbringen, das habe ich mir geschworen. Ich denke, eine Begründung dafür brauche ich nicht abzuliefern.«
    Nachtragend und kleinlich. Sie hatte zwei Jahre Ruhe vor dir. Andere an ihrer Stelle würden viel Geld dafür bezahlen
.
    Herbie schwieg. Er war völlig in die Betrachtung der kleinen Klebestreifenschlange versunken, die seine Tante auf Schritt und Tritt verfolgte.
    »Hast du mich verstanden?« Tante Hetties schneidender Tonfall riss ihn aus seiner Träumerei.
    Er nickte beflissen. »Aber natürlich. Deine Mietwohnung, selbstverständlich … wird renoviert, und ich darf drin wohnen. Sind die Fenster noch drin?«
    Sei nicht albern
.
    »Sei nicht albern«, fauchte Tante Hettie. Bärbelchen knurrte drohend. Dann guckte ihr Frauchen mit verkniffenen Mundwinkeln auf ihre Uhr und wollte Herbie zu verstehen geben, dass diese Audienz ihrem Ende zuging. »Und diesen Blödsinn mit deinem Freund und diesen angeblichen Morden will ich nicht hören. Ich habe genug von deinen Phantastereien. Ich erinnere mich mit Schaudern an diesen komischen Kerl, den du früher immer zu sehen geglaubt hast. Man hätte dich wegsperren sollen!«
    Oh, sie hat mich nicht vergessen. Damit hätte ich nicht gerechnet
. Julius wischte sich mit gespielter Rührung eine imaginäre Träne aus seinen Augenwinkeln.
    »Aber es ist wahr, Tante Hettie. Köbes steckt in echten Schwierigkeiten. Die wollen ihm da was anhängen«, ereiferte sich Herbie. »Ich habe mit Ulrike, seiner Frau, telefoniert. Sie arbeitet in Daun in einer Suchtklinik, und ganz in der Nähe ist gestern Morgen Köbes auf einem Parkplatz in einem Auto gefunden worden. Hackevoll besoffen – was keine Seltenheit ist – aber ganz in der Nähe lagen zwei Leichen am Ufer eines Maares. Köbes …«
    »Genug!« Tante Hetties Krücke zerschnitt erneut die Luft und die Plastikfolie geriet in Wallung. Es sah aus, als würde in der Augsburger Puppenkiste der Meeresspiegel dargestellt. »Ich bin müde, morgen ist mein Bridgetag, und ich gebe dir genau viereinhalb Minuten, um mein Haus zu verlassen.« Sie reichte ihm mit spitzen Fingern einen Schlüssel mit einem blauen Plastikschildchen. »Unnaustraße. Du kennst das Haus. Es ist die rechte Wohnung im zweiten Stock. Vorsicht, das ganze Haus wird renoviert. Es ist teilweise eingerüstet und das Geländer im Treppenhaus ist abmontiert.«
    Herbie verstaute den Schlüssel in seinem Mantel und murmelte. »Du bist die Güte in Person, Tantchen, weißt du das?«
    »Mach dich nicht lächerlich«, zischte die alte Dame und schob ihn aus dem Wohnzimmer.
    Bärbelchen hatte endlich den Klebestreifen entdeckt, der aus dem Zimmer fliehen wollte, und unter Julius’ launigen Sprüchen wie:
Wo ist das Zipfelchen?
und
Fass, du kleines hirnloses Vieh!
, schnappte sie nach Tante Hetties Ferse. Diese geriet ins Trudeln, fuchtelte mit der Krücke, stützte sich für einen Augenblick an Herbies Schulter ab, fuhr aber sofort zurück, als habe sie eine heiße Herdplatte berührt, und während Bärbelchen sich triumphierend mit ihrer Beute zurückzog, keifte sie: »Kaum bist du hier, geht wieder alles drunter und drüber. Ich wünschte fast, du wärst in … du wärst in …«
    »München?«
    »Ich will es nicht hören!« Sie betätigte einen Knopf in der Nähe des Sicherungskastens nahe der Haustür, und Herbie vernahm, wie sich draußen das Garagentor automatisch öffnete. »Da steht irgendwo eine alte Liege. Die kannst du dir unter den Arm klemmen, und dann wünsche ich für heute in Ruhe gelassen zu werden!«
    »Das ist lieb, Tantchen, das ist wirklich …«
    Sie warf die Haustür hinter ihm zu, und augenblicklich verlosch das Licht der
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