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Malerische Morde

Malerische Morde

Titel: Malerische Morde
Autoren: Ralf Kramp
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Außenlampe.
    Herbie ging langsam und mutlos über den Kiesplatz zur offenen Garage, in der er schon von Ferne allerlei Gerät und Hausrat neben den beiden Autos stehen sah. Teilweise waren die Dinge mit Folie abgedeckt, teilweise konnte man sofort erkennen, worum es sich handelte. Ein Sekretär, ein riesenhafter Gobelin, zwei Schränkchen … hier war offensichtlich ein Teil des Wohnzimmermobiliars untergestellt, um es vor den Malern und Gipsern zu schützen.
    »Sie war eigentlich nie besonders nett zu mir«, murmelte Herbie, während er sich zwischen den Gegenständen durchquetschte, um nach der versprochenen Liege zu suchen. »Nie so, wie eine Tante zu ihrem Neffen sein sollte.«
    Du warst eben einfach nicht der Neffe, den man sich so als Tante wünscht
. Julius lächelte leutselig, während er neben Herbie hertrabte.
Du hast keinen Beruf, keine Wohnung … dafür hast du mich. Wenn deine Tante wüsste, dass ich immer noch bei dir bin, hätte sie ohne Umschweife die Gelegenheit beim Schopf gepackt und dich endgültig in die Geschlossene einweisen lassen
.
    »Und sie hätte mit meinem Erbe glücklich und zufrieden gelebt bis an ihr Ende.« Herbie schob ein paar Kartons beiseite, wobei er unter anderem auch auf eine Bananenkiste voller zerfledderter Comics, alter Küchengerätschaften und ausgelatschter Schuhe stieß.
    Sehr glücklich und sehr zufrieden
.
    Herbie hielt einen braunen Schuh hoch. »Das wird eines Tages von mir übrigbleiben, Julius. Ein paar löchrige Treter und ein Mixer ohne Rührstäbe.«
    Er wühlte weiter.
    »Kaum zu glauben. Mein altes Tischfußballspiel!«
    Rührend
.
    Dann fand er die Gartenliege.
    Kultiges Design
.
    »Verschossene Siebziger-Jahre-Blümchen und aufgeplatzte Nähte. Ein Himmelbett für einen Burschen in meiner Situation.«
    Er schaffte es, das angerostete Ding aus der dunklen Ecke herauszubugsieren und verließ die Garage. Im selben Augenblick senkte sich geräuschvoll das Garagentor, und er fand gerade noch Zeit genug, seinen Koffer in Sicherheit zu bringen, bevor er zermalmt wurde.
    Die Liege unter den linken Arm geklemmt und den Koffer in der Rechten, verließ er Tante Hetties Grundstück. Er spürte ihre Blicke im Rücken und wandte sich nicht um.
    Sein Gepäck wog schwer, und er brachte es nicht zustande, auf die Uhr zu sehen. Es mochte vielleicht ein Uhr sein.
    Bis zur Unnaustraße ging es zwar bergab, aber als er dort ankam, war er in Schweiß gebadet, und als er es schließlich bis in den zweiten Stock von Tante Hetties Mietshaus geschafft hatte, glaubte er, am Ende seiner Kräfte zu sein.
    Die Wohnung war leer.
    Eigentlich noch leerer.
    Die Tapete war von den Wänden gekratzt worden, überall waren gespachtelte Stellen an den Wänden. Von den Decken der drei Zimmer baumelten nackte Glühbirnen, und es gab nicht einmal Vorhänge an den Fenstern, mit deren Hilfe er sich einen Hauch von Privatsphäre hätte verschaffen können. Im Bad lag anstelle des Toilettenpapiers nur die Bild-Zeitung der Bauarbeiter.
    Herbie nahm all das nur noch durch einen Schleier der Erschöpfung wahr.
    Ich weiß nicht, ob es dir genauso gut gefällt wie mir, mein Freund, aber ich finde, es hat so einen robusten Charme. Nicht gerade kuschelig, aber doch irgendwie anheimelnd
. Julius’ Stimme drang wie durch Watte zu ihm durch, während er die quietschende Liege in einem Raum auseinanderfaltete, der womöglich einmal das Schlafzimmer gewesen sein mochte.
    Ohne sich seiner Kleider zu entledigen, ließ er sich wenige Augenblicke später auf das ächzende Gartenmöbel sinken und schlug in der entstehenden Delle fast auf dem Boden auf.
    Darf ich auf der Fensterseite schlafen?
, juxte Julius. Herbie war zu müde für eine Gegenwehr.
    »Ich muss an Köbes denken, Julius. Er pennt heute in irgendeiner Zelle. Und irgendwie beschleicht mich der unangenehme Gedanke, dass es da bequemer ist als hier.«
    Aber er ist ALLEIN!
Indem er das letzte Wort betonte und den Zeigefinger hob, gab sein Begleiter zu verstehen, dass Herbie sich in allerbester Gesellschaft befände.
    »Ich kann nicht glauben, dass er das getan haben soll. Morgen wird mir Ulrike mehr erzählen. Ich habe sie seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Mein Gott, Julius, ist das alles schon lange her.«
    Dann schlief er ein.
    Er hatte es nicht mehr geschafft, sich noch einmal von seinem Nachtlager zu erheben, um die Zimmerlampe zu löschen.
    Inmitten eines kahlen, verdreckten Zimmers, im zweiten Stock eines drittklassigen Miethauses lag ein
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