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Maison Aglaia

Maison Aglaia

Titel: Maison Aglaia
Autoren: Peter Hardcastle
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Mehrheitsentscheiung.
    Und dann ging es endlich los. Schon bald kristallisierten sich die Charaktere der einzelnen Streiter heraus. Die Leißensees spielten unbekümmert, der Meisel Sepp stürmte drauf los und wenn er einen Gegner hinauswarf, wurde das mit einem „Gemma, gemma die Herrschaften!“ kommentiert, er ärgerte sich aber selbst über jeden Gegner, der ihm diese Schmach bereitet.
    Armgard und Norbert Müller hielten sich zusammen mit Beatrice etwas zurück, während sich die Hebamme und Dr. Gertrud Fern als nervenstarke und äußerst hinterhältige Spieler entpuppten.  Die Auslosung hatte ergeben, dass zuerst das Ehepaar Leißensee gegen den Meisel Sepp und Dr. Gertrud Fern spielte, während Norbert und Armgard Müller die Hebamme und Beatrice zu Gegnern hatte. Die Hebamme hatte sich ein kompliziertes Punktesystem ausgedacht, nach dem immer Sieger gegen Verlierer spielen sollten und umgekehrt. Dadurch würde jeder eine echte Chance erhalten.
    Aus der ersten Runde gingen erwartungsgemäß Dr. Fern und die Hebamme als Sieger hervor, die zweite Runde entschieden der Meisel Sepp und Dr. Fern für sich. Das Finale zwischen den beiden  sollte, was die Lautstärke Sepps und die eisige Ruhe Dr. Ferns anbetraf, in die Mensch-ärgere-Dich-nicht-Annalen eingehen.
    Der Meisel Sepp wollte unbedingt auf Xaver reiten, was Dr. Fern angeblich fern lag. Sie erklärte,  sie wolle nur aus prinzipiellen Gründen gewinnen, erstens als ausgefuchste und erfahrene Spielerin und zweitens natürlich als Frau gegen den etwas gönnerhaften Wochenendmacho in Form des polternden Meisel Sepp.
    Ihre unendliche Ruhe und die kühl überlegene Haltung zwangen am Ende den Meisel Sepp in die Knie. Er ärgerte sich am Schluss so bühnenreif über eine eigene Fehlentscheidung, dass sich die Hebamme seiner schließlich erbarmte und aus ihrer Autoapotheke einen Enzian hervorzauberte.
    Mittlerweile hatte der Regen aufgehört und der Siegesparade mit Xaver und Dr. Fern als strahlendem Mittelpunkt stand nichts mehr im Wege. Der Meisel Sepp, mittlerweile wieder versöhnt, schmückte Xaver mit Dieters durchlöcherter Baskenmütze und die Hebamme legte anstelle eines Sattels ihre rosa Autodecke mit dem aufgestickten Spruch „Trautes Heim, Glück allein“ auf Xavers knochigen Rücken. Im letzten Augenblick wollte sich Dr. Fern noch drücken, indem sie darauf verwies, keine Reithose zu besitzen. Das ließen die anderen aber nicht gelten und der Meisel Sepp bot selbstlos aber vergeblich seine Kniebundhose aus feinsten Hirschleder an.
    „ Da seh ich ja aus wie eine Dampfwalze!“ protestierte sie und schlüpfte stattdessen in eine Trainingshose von Beatrice. „Sieht auch nicht besser aus,“ flüsterte Frau Leißensee, was Dr. Fern leider hörte. Peter fürchtete ihre Rache.
    In der prachtvollen, auf den Regen folgenden Abenddämmerung führte die kleine Karawane auf der nassen Straße in die Ortsmitte zum Bistro, wo sich die alten Bauern beim Anblick der stolzen Reiterin beinah an ihrem Anisette verschluckten.
    Dr. Fern ließ sich aber nicht lumpen und gab im Bistro einen aus, wobei dem Wirt der Anlass der selbstlosen Prozession langatmig erklärt wurde. Die Bauern tippten sich an die Stirn. Auf diese Art war jedenfalls dafür gesorgt, dass das „Maison Aglaia“ schnell zum „Maison folle“ umgetauft wurde.
    Auf dem Rückweg intonierte der Meisel Sepp einige deftige Strophen aus den „alten Rittersleut“, den Arm vertraulich um die kräftig mitsingende Hebamme gelegt. Die gelöste Stimmung hatte noch eine andere ungewollte Folge - Peters liebevoll vertonter Film über Carcassonne - Ziel des geplanten nächsten Ausflugs wurde ständig durch alberne Kommentare unterbrochen. Doch Peter trug es mit Fassung und brummte etwas von Künstlerpech. Beatrice tröstete ihn später mit der Feststellung, dass gutgelaunte Gäste für den Wirt das Wichtigste seinen.
    „ Wenn es klingelt in der Kasse, sind alle Gäste Klasse!“
    Ohne, dass sie das eigentlich geplant hatten, verwandelte sich Beatrices antike 2-CV-Ente in den folgenden Tagen in einen Leihwagen. Der VW der Hebamme schien plötzlich doch eine Werkstattreparatur nötig zu haben, was den Aktionsradius der unternehmungslustigen Dame sehr einschränkte.
    Der Meisel Sepp, der sich als überzeugter Bayer zu ihrem Beschützer aufgeworfen hatte, unter dem Motto: „Preußen braucht Bayern!“ hatte sie überredet, Beatrices Ente für ein paar Franc pro Tag auszuleihen, nachdem die Hebamme sich
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