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Maison Aglaia

Maison Aglaia

Titel: Maison Aglaia
Autoren: Peter Hardcastle
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Kategorien aufteilen ließen: die einen waren aktiv und jeden Tag woanders und nahmen oft auch an den Ausflügen nicht teil, weil sie eigene Wege gehen wollten. Diese Leute aßen auch immer auswärts und waren so recht unauffällige Gäste. Die andere Kategorie wollte es bequem haben und überließ alle Aktivität den Wirten - sie nahmen nur an den Kunstausflügen Teil und blieben sonst im Haus, um am Swimmingpool lesend zu faulenzen. Manche zogen sich auch auf ihren Balkon zurück und waren so meist unsichtbar. Diese Gäste speisten natürlich auch bei ihnen. Die dritte Kategorie waren durchreisende Zufallsgäste, die nur ein oder zwei Nächte blieben, um weiter nach Westen in Richtung Spanien oder in den Rousillion zu fahren. Diese Kurzgäste erwarteten oft auch eine Möglichkeit zu einem schnellen Abendessen.
    Das hatten sie anfangs gar nicht einkalkuliert. Jeanne wurde ihnen hier zwar rasch zur großen Hilfe, sie zauberte schöne Salate und Snacks, aber eigentlich sollte sie sich mehr um das Haus und die Zimmer kümmern. Ein eigenes Restaurant war eben nicht in ihrer ursprünglichen Planung vorgesehen gewesen.
    Sie hatten zwar ihre Terrasse für maximal sechs Tische und ihre Kellerbar, aber ein veritables Restaurant? Darüber mussten sie erst mal nachdenken.
    Eigentlich war ihr vorrangiges Erweiterungsziel der Ausbau eines bisher noch ungenutzten Nebengebäudes in zwei größere, komfortable Appartements gewesen. Und das packten sie nun auch an, obwohl das Restaurant weiter in ihren Köpfen herumspukte.
    Die wesentlichen Maurer- und Installationsarbeiten waren bis Dezember von Monsieur Bartolet, dem Maurer, und Monsieur Cigonne, dem Installateur, erledigt. Den Rest, anstreichen und möblieren, wollten sie anschließend preiswert im Do-it-yourself-Verfahren bis zum folgenden März machen.
    Überraschend erschien dazu ihr Freund Dieter Kirschfeld für eine Woche zu Besuch. Er wollte angeblich seine Schulden durch tätige Mithilfe abarbeiten, sie sahen dagegen neue Spiel- und Weinorgien voraus. Und als er am ersten Abend ins Dorf verschwand, befürchteten sie schon das Schlimmste, aber er kam schon nach kurzer Zeit missgelaunt zurück.
    „ Das Bistrot ist für drei Wochen wegen Renovierung geschlossen und sonst gibt’s ja in dem Kaff absolut nichts! Und Ihr habt auch kein Restaurant! Hier muss man ja wirklich versauern.“
    Er hatte recht. Da es sonst keinerlei Ablenkung mehr für ihn gab, und wir uns hüteten, ihn über mögliche Ausweichkneipen in der Nachbarschaft zu informieren, griff er am nächsten Tag beherzt zu Farbe und Pinsel und erklärte ein Zimmer zu seinem Privatkunstwerk. Sie fürchteten schon das Schlimmste, aber er weißelte bis zum Mittag langsam aber sorgfältig immerhin eine Zimmerwand in tatsächlich  makellosem Weiß.
    Als aber am Nachmittag Albert Murgot, der Werkstattbesitzer, vorbeischaute und uns mitteilte, er müsse für ein Ersatzteil für unsere Ente noch mal nach Nimes fahren, entschloss sich der gelangweilte Dieter spontan, ihn dorthin zu begleiten.
    „ Ich muss doch dem Dianatempel unbedingt einen Besuch abstatten!“ erklärte er ihnen augenzwinkernd. Und da Albert Murgot bei Dieters früheren Spiel- und Zechabenden im Bistrot ein recht beherzter Teilnehmer gewesen war, ahnten sie Schreckliches.
    Am Abend kehrten die beiden Nimes-Reisenden überraschend nüchtern zurück – allerdings zu dritt. Albert Murgot setzte Dieter und einen sehr dunkelhäutigen, sehr grauhaarigen Fremden vor ihrer Tür ab und fuhr grinsend davon.
    Sie starrten die beiden fragend an, aber Dieter war wie immer gar nicht verlegen. Im Gegenteil, er verkündete ihnen strahlend: „Hier ist der Grundstock zu Eurem neuen Edel-Restaurant!“
    Ihnen blieb die Spucke weg und der dunkelhäutige Fremde sah sie besorgt an, da ihm dämmerte, dass er wohl keineswegs mit so offenen Armen empfangen wurde, wie Dieter ihm offenbar zuvor eingeredet hatte. Peter, dem der schwarze Mann leid tat, lud erst mal zum üblichen Empfangsritual, einem Glas Rotwein, ein.
    „ Also heraus mit der Sprache, was hat das wirklich zu bedeuten?“
    Wie sich herausstellte hieß Dieters Mitbringsel aus Nimes Jean Jesus Papalier und stammte aus Haiti. Tonton Jean, wie ihn ihre Tochter Aglaia bald nennen sollte, war mit seinen 52 Jahren ein friedlicher Mann und hatte das freundlich-melancholische Aussehen eines Clochard-Philosophen.
    In jungen Jahren war er im Hilton von Port-au-Prince zum Koch ausgebildet worden und hatte geheiratet. Doch vor
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