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Maison Aglaia

Maison Aglaia

Titel: Maison Aglaia
Autoren: Peter Hardcastle
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und heilig später alle seine Schulden zu begleichen, das sei Ehrensache. Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass Dieter dieses Versprechen nicht nur hielt, sondern sogar einer unserer Stammgäste wurde.
    Eine turbulente Woche war herum, und sie hofften auf ein paar ruhigere Tage ohne nächtliche Störungen oder andere Scherze.
    Das Erstaunen über Dieters plötzliche Abreise wurde bei den restlichen Gästen schon bald durch neuen Gesprächsstoff verdrängt. Unangemeldet stiess am Freitagvormittag gegen 10 Uhr als neuer Gast Sieglinde Schmalfeldt aus Dortmund zu ihnen. Die etwas pummelige 38jährige Hebamme mit ihren kurzen blonden Haaren und einem Faible für lindgrüne Schuhe, fuhr einen sehr alten, sehr rostigen lilafarbenen VW-Käfer, der ihr bei Dieter sicher den Spitznamen „Der Milka-Bomber“ eingebracht hätte.
    Sieglinde Schmalfeldt sagte, sie wolle nur ein oder zwei Tage ausspannen und dann zur Atlantikküste weiterfahren. Dieters Zimmer war ja frei geworden, und da waren sie über jeden wirklich zahlenden Gast froh.
    Im Meisel Sepp erwachte spontan der Kavalier und Techniker, als Siggi, wie wir sie heimlich getauft hatten, beiläufig erwähnte, dass an ihrem Käfer irgendetwas klappere. Er erbot sich sofort, den Schaden zu begutachten und möglichst auch zu beheben. Was zur Folge hatte, dass er die nächsten zwei Stunden mit ölverschmierten Händen und schwarzen  Schmutzflecken im Gesicht unter Siggi’s Käfer werkelte. Sehr zum Vergnügen der anderen Gäste, die nicht mit vollkommen unnützen und unfachmännischen Tipps geizten, während sie an einem Aperitif nippten.
    Schließlich brüllte der Meisel Sepp stolz: „I hab’s, fertig samma, passt sitzt, wackelt und hat Luft!“
    Siggi schmolz vor Bewunderung dahin, was im Meisel Sepp offenbar Frühlingsgefühle weckte, wenn man seinen „So-ein-Holz-vor-der-Hütte-Blick“ auf  Siggis üppiges Decolleté nicht völlig missdeutete.
    Beatrice rief zum Mittagessen und alle trotteten in den Speisesaal in dem es heute Cote-agneau a la provencale gab, was mit allgemein zustimmendem Gemurmel aufgenommen wurde.
    Leider trübte sich der Himmel während des Essens ein und bei der Plateau de fromage begann es zu regnen.
    Beatrice befahl: „Der Tag X ist gekommen, du musst dich jetzt als Maitre de plaisir bewähren, damit unsere Gäste nicht in Schwermut verfallen.“
    Sie hatte durchaus recht, denn der Ruf, dass hier bei Regen Langeweile herrschte, könnte für den zukünftigen Erfolg ihres kleinen Unternehmens negativ sein. Sie hatten für solche Fälle einige Spiele angeschafft, von Brettspielen von Trivial Pursuit bis Monopoly, von Quartett bis Bridge, nicht zu vergessen das unverwüstliche Schach. Kartenturniere erfreuen sich ihrer Erfahrung nach einer gewissen Beliebtheit, denn sie waren kommunikativ und beinhalteten doch den Wettbewerb, der den Ehrgeizigeren die Möglichkeit bot, sich ins rechte Licht zu setzen. So auch hier.
    Das Problem war nur, ein Spiel zu finden, das alle beherrschten. Der Meisel Sepp konnte nur Schafkopfen, wovon Norbert und Armgard Müller jedoch leider keine Ahnung hatten. Sie schlugen Skat vor, doch Dr. Gertrud Fern, die überraschenderweise einmal nicht lesen wollte, konnte ihrerseits nur mit Bridge oder einer Streitpatience dienen. Die Hebamme wusste schließlich Rat - Siggi schlug ein Mensch-ärgere-dich-nicht Turnier vor. Alle, sogar die anfangs etwas skeptische Dr. Gertrud Fern, stimmten dem begeistert zu. Offenbar weckte dieses Spiel bei allen irgendwelche Kindheitserinnerungen, und die konnten bekanntlich den ernstesten Menschen in einen „Horrido!“ schreienden Spieltisch-Matador verwandeln.
    Beatrice entschloss sich spontan mitzuspielen und überließ es Peter, die Würfelritter mit Kaffee und Kuchen, Cognac und Calvados zu versorgen.
    Bevor es ernst wurde, musste man sich auf die zu erringenden Preise einigen. Der Meisel Sepp setzte sich schließlich mit seinem Vorschlag durch, dass dem Sieger neben einer Flasche Calvados – gestiftet vom Haus - ein kostenloser Ritt ins Dorf und zurück auf Xavers Rücken zufallen sollte, die Verlierer mussten dabei die würdige Eskorte bilden. Dr. Gertrud Fern schüttelte zwar milde lächelnd den Kopf und Armgard Müller versicherte, auch im Falle eines Sieges Xaver niemals besteigen zu wollen, aber die Leißensees, ebenso wie die Hebamme und Beatrice, unterstützten den Meisel Sepp lachend, und so beugten sich – nach einem Cognac - alle der demokratischen
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