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Maison Aglaia

Maison Aglaia

Titel: Maison Aglaia
Autoren: Peter Hardcastle
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zwei bis drei Steinbrocken mit, von denen er fest überzeugt war, es seien Bruchstücke antiker Tempel. Wie nicht anders zu erwarten handelte es sich aber immer nur um ganz gewöhnliche Feldsteine, die durch ihre Form manchmal den Verdacht aufkommen ließen, sie wären Beatrice künstlerisch bearbeitet worden. Einer hatte zum Beispiel ein glatte Seite, der andere eine tiefe Kerbe, der dritte war dreieckig usw. Obwohl alle Anwesenden eingedenk der Drinks mit mehr oder weniger Ernst die Steine untersuchten, um irgendwo die Spuren antiker Steinmetze zu finden, war der Erfolg doch meist sehr mager.
    Nachdem die Brocken wieder nicht als römisch, sondern allenfalls neufranzösisch eingeordnet waren, mussten sie irgendwohin. Peter und Beatrice  hatten Norbert Müller in ihrer Not vorgeschlagen, seine Findlinge doch zur Basis eines geplanten Mäuerchens im hinteren Teil des Gartens werden zu lassen. So zogen sie alle jeden Abend mit dem Glas in der Hand zu dem Mäuerchen und stritten sich scherzhaft darüber, was mehr zu würdigen sei, Norbert Müllers unerschütterlicher Archäologenoptimismus oder das bauliche Fortschreiten des neuen Limes.
    Jeanne hielt die beiden Müllers für komplett verrückt. Nachdem sie zum ersten Mal deren Zimmer aufräumen sollte, kam sie mit wogendem Busen zu Beatrice und berichtete empört: „Der Mann hat Steine unter dem Bett liegen und die Frau putzt das ganze Zimmer selbst!“
    Beatrice meinte beschwichtigend: „Wer weiß, vielleicht hat sie etwas verschüttet gehabt ...“
    „ Nein, alles war sauber!“ grummelte Jeanne. „Und als ich Mittags noch einmal kam, da hat sie gerade den Schrank abgestaubt! Und dann hat dieser Monsieur Kieselstein doch zu mir gesagt, ich solle das Zimmer nie machen, seine Frau würde sowieso alles selber sauber machen. Er nannte es ein Hobby!“  Das Wort Hobby im Zusammenhang mit den Müllers bekam so eine sehr spezielle Bedeutung für sie.
    Beatrice glaubte Jeanne, wollte sich aber von Neugier getrieben selbst überzeugen. Als die Müllers nachmittags auf der Terrasse saßen, schlich sie sich in das Zimmer, um Jeannes Behauptung zu überprüfen.
    Alles war tatsächlich pieksauber und so aufgeräumt, als wäre das Zimmer unbewohnt. Das wäre nicht so schlimm gewesen, aber eine weitere Entdeckung verschlug ihr die Sprache. Armgard Müller hatte auch einen alten Kupferteller, den sie an die Wand gehängt hatten, seiner Patina beraubt. Er war nun blitzblank, damit wertlos und sah aus, wie aus der Ramschabteilung eines Billig-Kaufhauses.
    Peter war wütend, als er von der Zerstörung seiner Antiquität hörte und wollte grollend Schadensersatz verlangen, doch Beatrice hielt ihn zurück.
    „ Lass uns doch erst mal mit ihnen reden. Vielleicht können wir diese, äh, Putzkrise irgendwie auf diplomatischem Wege entschärfen.“
    Sie lud die Müllers in ihr kleines Büro ein. „Wie gefällt es Ihnen eigentlich bei uns? Haben Sie einen besonderen Wunsch? Gibt es Klagen?“ Die Müllers verneinten und meinten unisono, es gefiele ihnen gut.
    „ Sind Sie auch mit Ihrem Zimmer zufrieden?“ Die Müllers nickten wieder einträchtig.
    „ Lässt die Sauberkeit vielleicht zu wünschen übrig?“  Die Müllers hatten dazu nichts zu sagen.
    „ Seien Sie mir bitte nicht böse, aber warum putzen Sie dann Ihr Zimmer selbst?“ wollte Beatrice nun direkt wissen.
    „ Nun ja ...“ Armgard Müller wurde rot, Norbert biss sich auf die Lippen und betrachtete plötzlich interessiert die Zimmerdecke.
    „ Bitte verstehen Sie das richtig, aber Jeanne empfindet die Tatsache, dass Sie selbst putzen, als Kritik an ihrer Arbeit. Und sie ist da überaus empfindlich!“
    Armgard Müller bekam einen puterrotem Kopf, machte den Mund auf und zu, brachte aber kein Wort heraus.
    „ Meine Frau möchte einfach nur alles nach ihren eigenen Vorstellungen in einem untadeligen Zustand wissen,“ kam ihr Norbert schließlich zu Hilfe und fuhr fort: „Das ist ein Gedanke, der ihr sehr wichtig ist.“
    Beatrice fragte sich im Stillen, wie Armgard Müller das eigentlich mit dem Geröll unter Norberts Bett vereinbaren konnte. Aber die angespannten Gesichter der Müllers schienen ihr zu signalisieren, dass eine weitere Diskussion wohl sinnlos sein würde.
    „ Na gut, ich werde Jeanne bitten, das zu respektieren, denn das Wohl unserer Gäste geht uns über alles.“ Die Müllers atmeten auf.
    „ Nur eine Bitte hätte ich doch. Es wäre sehr freundlich, wenn sie den Wandschmuck unberührt ließen. Zum
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