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Mailand, Lombardei

Mailand, Lombardei

Titel: Mailand, Lombardei
Autoren: Florian Eder
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> Es gibt Tage, die strahlen vor Vergnügen. Wenn sich dann der gläserne Fahrstuhl aus dem Grün des Parco Sempione erhebt, man einen ersten Blick von oben in das sonnenbeschienene Castello Sforzesco werfen kann, langsam dahinter marmorglänzend der Dom mit der goldenen Madonnina sichtbar wird, warme Luft in südlicher Ferne die Apenninhügel flirrend umspielt, während sich in der Gegenrichtung hinter dem Arco della Pace, im Norden, der majestätische Alpenkranz vom wolkenlos blauen Himmel absetzt, dann möchte man oben auf der Torre Branca diese Stadt umarmen.
    Aber es kommt auch vor, dass ein bleigrauer Himmel über den Dächern lastet, sich Smogschlieren auf die Fenster legen, die Luft im Hals kratzt und die Menschen den Mantelkragen wie Scheuklappen aufgerichtet haben. Dann will man nur noch weg. Nach Genua ans Meer, eine gute Stunde mit dem Auto, oder in die Berge, auf den Monte Generoso gleich hinter der Schweizer Grenze, wo man den Kopf aus den giftigen Wolken stecken kann. Mailand, sagt der Schriftsteller Andrea De Carlo, ist eine ideale Stadt, weil man so schnell woanders sein kann: in Genf oder Zürich, in Nizza oder Venedig.
> Lokale Tradition und globaler Handelsplatz
    Es war wohl auch diese günstige Lage zwischen Bergen und Meer, die im 4. Jh. v. Chr. zur Gründung einer Stadt „met e leun“, inmitten der Ebene, durch die Kelten geführt hat. Inmitten der Ebene, am Kreuzpunkt von Wegen, auf denen Waren und Ideen transportiert wurden: Diese Lage hat oft genug auch Appetit bei fremden Mächten geweckt, die von allen Seiten kamen, um sich diesen reichen Stadtbrocken einzuverleiben. Heute ist Mailand mit rund 9 Mio. Gästen pro Jahr nach Rom die meistbesuchte Stadt Italiens. Fast zwei Drittel dieser Besucher geben geschäftliche Gründe für ihren Besuch an. Das hat leider Auswirkungen auf die Preise in Restaurants, Hotels und Geschäften.
    Die Nadel-und-Faden-Skulptur auf dem Piazzale Cadorna versinnbildlicht die Modestadt Mailand
    Gegensätze prägen die Stadt, in der man großartige Zeugen romanischer Kirchenbauten besichtigen kann und die zugleich von der Zweckarchitektur einer Handelsmetropole bestimmt scheint, in der es alle Leute immer eilig haben und in der dennoch Kreativität Trumpf ist. Mit Paris und New York ist Mailand eine weltbestimmende Hauptstadt der Mode, was man etwa im Quadrilatero della Moda, im Modeviertel hinter dem Dom, erleben kann. Auch wer neueste Tendenzen im Design von Industrieformen bis zu Alltagsgegenständen sucht, wird sie hier, wo sie erdacht werden, finden. Die Scala, das Piccolo Teatro und die Pinakotheken Brera oder Ambrosiana sind Aushängeschilder für die führende Rolle der Stadt auf dem Sektor der schönen Künste – vor allem, weil in ihr Kultur auf großen und kleinen Bühnen, in Studios, bei Medienbetrieben und Verlagen entsteht und nicht nur mu-seal verwaltet wird. Auch Phänomene der Massenkultur von der Werbung bis zum Fußball (Inter! Milan!) sind hier zu Hause. Technologie und Forschung haben sich Mailand mit seinen sieben Universitäten und unzähligen Fachinstituten längst zur Hauptstadt gewählt. In den Clubs und Musikcafés swingt, klingt und tanzt es das ganze Jahr über wie in den Diskos von Rimini zur Hochsaison. Nur etwas schicker, weniger provinziell – und viel teurer.
> Genau hinschauen: die Grundformel für diese Stadt
    Sogar der politische Populismus eines Silvio Berlusconi und seiner Partei Popolo della Libertà hat in dieser Metropole eine Hochburg (und bestimmt die Stadtpolitik). Aber zugleich ist von hier aus Anfang der Neunzigerjahre unter dem Schlagwort „Mani pulite“ („saubere Hände“) die Justizkampagne gegen Korruption und illegale Parteienfinanzierung in Gang gekommen, in deren Tradition sich heute eine ganze Palette von Protestgruppen zu einer neuen Bürgerrechtsbewegung zusammengefunden hat.
    Mailand ist keine einfache Stadt, und das nicht nur in klimatischer Hinsicht (schwüle Sommer, nasskalte Winter). Sie ist laut bis in die späte Nacht, und doch gibt es verträumte Winkel mitten im Zentrum wie den kleinen Park in der Via Giardini oder Bramantes Kreuzgang von Santa Maria delle Grazie. Sie ist schnell und geschäftstüchtig bis zur Schmerzgrenze, und doch sagt man ihr ein großes Herz nach, das zum Beispiel kranke ältere und schwache jüngere Menschen nicht ausschließt, wie die vielen Freiwilligenorganisationen zeigen. Sie ist anspruchsvoll bis zur Arroganz – und bietet zugleich Neuankömmlingen und
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