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Maigrets Nacht an der Kreuzung

Maigrets Nacht an der Kreuzung

Titel: Maigrets Nacht an der Kreuzung
Autoren: Georges Simenon
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Geschichte ist so bizarr, daß es zu seinem Ruf und seiner Erscheinung durchaus paßt. Und würde er sich im Gefängnis nicht sowieso umbringen, um den Skandal zu vermeiden, der auf seine Familie zurückfiele, wenn seine wahre Identität aufgedeckt würde?«
    Der kleine Arzt aus Arpajon steckte den Kopf durch den Türspalt.
    »Wir brauchen noch einen Mann, um ihn festzuhalten. Wir haben ihn nicht betäuben können.«
    Er tat sehr geschäftig, war hochrot im Gesicht. Im Park stand noch ein Polizist.
    »Gehen Sie hinauf!« rief ihm Maigret zu.
    Und genau in diesem Augenblick bekam er einen Schlag gegen die Brust.
    11
    Else
    E
    s war Else, die sich auf ihn gestürzt hatte, die krampfartig schluchzte und kläglich stammelte:
    »Ich will nicht, daß er stirbt! Hören Sie? Ich … Es ist furchtbar!«
    Es war so ergreifend, und man spürte so sehr Elses Aufrichtigkeit, daß die anderen, die Männer, die an der Wand aufgereiht waren, ihre Galgengesichter weder zu einem Grinsen noch zu einem Lächeln verzogen.
    »Lassen Sie mich nach oben gehen. Ich flehe Sie an! Sie können nicht verstehen …«
    Aber nein. Maigret stieß sie zurück. Sie warf sich in jenen dunklen Sessel, in dem er sie bei seinem ersten Besuch angetroffen hatte, als sie ihm in ihrem hochgeschlossenen schwarzen Samtkleid so rätselhaft erschi e nen war.
    »Ich komme zum Schluß. Michonnet hat seine Rolle wunderbar gespielt. Sie fiel ihm um so leichter, weil es darum ging, als lächerlicher Kleinbürger aufzutreten, der in diesem blutigen Drama nur an seinen Sechszylinder denkt. Die Untersuchung beginnt. Carl Andersen wird festgenommen. Der Zufall aber will, daß er sich nicht umbringt, daß er sogar wieder freigelassen wird …
    Nicht einen Augenblick lang hat er seine Frau verdächtigt. Er wird sie nicht verdächtigen. Er würde sogar für sie eintreten, wenn ihre Schuld feststünde.
    Aber da kündigt sich Madame Goldberg an. Sie trifft ein. Sie weiß vielleicht, wer ihren Mann in diese Falle gelockt hat, und wird reden …
    Derselbe Mann, der den Diamantenhändler getötet hat, lauert ihr auf.«
    Er blickte einen nach dem anderen an und fuhr dann hastiger fort, als ob er schnell zum Schluß kommen wollte:
    »Der Mörder hat Carls Stiefel angezogen, damit man sie hier mit dem Schmutz vom Feld findet. Ein zu deu t liches Indiz! Aber die Schuld muß unbedingt dem D ä nen zugeschoben werden, andernfalls wird es nicht lange dauern, bis die wahren Mörder entlarvt sind … Panik entsteht.
    Andersen muß nach Paris fahren, denn er braucht Geld. Wiederum derselbe Mann, der die beiden ersten Morde beging, paßt ihn auf der Straße ab, gibt sich als Polizist aus und steigt neben ihn in den Wagen.
    Nicht Else hat sich das ausgedacht … Ich denke dabei vielmehr an Oscar …
    Und was bekommt Andersen erzählt? Daß er über die Grenze gebracht werden soll? Oder daß er jemandem in irgendeiner Stadt im Norden gegenübergestellt wird?
    Man läßt ihn Paris durchqueren. Die Straße nach Compiègne ist von dichten Wäldern gesäumt. Der Mörder drückt ab, wieder einmal aus nächster Nähe. Wahrscheinlich hört er hinter sich einen Wagen kommen. Er beeilt sich. Er wirft den Mann in den Straßengraben. Auf der Rückfahrt will er ihn dann besser ve r stecken.
    Am dringlichsten ist es, jeden Verdacht von sich abzulenken. Es gelingt. Andersens Wagen wird wenige hundert Meter vor der belgischen Grenze verlassen aufg e funden.
    Die Polizei kommt zu dem fatalen Schluß: Er hat sich ins Ausland abgesetzt. Demnach ist er schuldig.
    Der Mörder fährt mit einem anderen Auto zurück. Das Opfer liegt nicht mehr im Straßengraben. Die Spuren lassen vermuten, daß er noch lebt.
    Der Mörder setzt Monsieur Oscar telefonisch von Paris aus in Kenntnis. Er lehnt es ab, in eine Gegend z u rückzukehren, in der es von Polizisten wimmelt.
    Carls Liebe zu seiner Frau ist zur Legende geworden. Lebt er, wird er zurückkehren. Kommt er zurück, wird er vielleicht reden …
    Die Sache muß zu einem Abschluß gebracht werden. Aber keiner ist kaltblütig genug. Monsieur Oscar hat keine Lust, selbst Hand anzulegen.
    Ist das nicht der Augenblick, Michonnet einzusetzen? Michonnet, der alles seiner Liebe zu Else geopfert hat und der sich überreden lassen wird, zum letzten Schlag auszuholen.
    Der Plan wird sorgfältig einstudiert. Monsieur Oscar und seine Frau fahren nach Paris. Sie tun es ganz o f fenkundig und geben genau an, wo sie überall sein werden.
    Monsieur Michonnet läßt mich zu sich
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