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Maigrets Nacht an der Kreuzung

Maigrets Nacht an der Kreuzung

Titel: Maigrets Nacht an der Kreuzung
Autoren: Georges Simenon
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kommen, um mir zu zeigen, daß die Gicht ihn an seinen Sessel fesselt.
    Er hat bestimmt Kriminalromane gelesen. Er wendet für dieses Vorhaben die gleichen Tricks an wie bei seinen Versicherungsgeschäften.
    Kaum bin ich wieder weg, da wird an seiner Stelle ein Besenstiel mit einer Kugel aus Lappen in den Sessel gesetzt. Die Inszenierung ist perfekt. Von draußen ist die Tä u schung vollkommen. Und die in Angst und Schre c ken versetzte Madame Michonnet erklärt sich bereit, ihre Rolle in der Komödie zu spielen, indem sie hinter dem Vorhang so tut, als pflege sie den Kranken.
    Sie weiß, daß eine Frau im Spiel ist. Auch sie ist eifersüchtig. Aber sie will ihren Mann trotz allem retten, weil sie immer noch hofft, daß er zu ihr zurückkehren wird.
    Sie irrt sich nicht. Michonnet hat gemerkt, daß er zum Narren gehalten worden ist. Er weiß nicht mehr, ob er Else liebt oder haßt, aber eines weiß er, daß er sie t ö ten wird!
    Er kennt das Haus, den Park, alle Ausgänge. Vielleicht ist ihm auch bekannt, daß Else die Gewohnheit hat, abends Bier zu trinken.
    Er vergiftet den Inhalt der Flasche in der Küche und wartet dann draußen auf Carls Rückkehr.
    Er schießt. Er ist am Ende. Überall sind Polizisten. Da versteckt er sich im Brunnen, der seit langem ausgetrocknet ist.
    Das ist erst wenige Stunden her. Während dieser Zeit hat Madame Michonnet ihre Rolle spielen müssen. Sie hatte einen Auftrag: Sobald in der Nähe der Werkstatt etwas Ungewöhnliches geschieht, soll sie in der Chope-Saint-Martin in Paris anrufen.
    Nun, ich bin in der Werkstatt. Sie hat mich hineingehen sehen. Ich gebe mehrere Schüsse ab.
    Das unbeleuchtete Fenster ist das Zeichen für die Komplizen in den Autos, nicht anzuhalten.
    Der Anruf erfolgt. Monsieur Oscar, seine Frau und Guido, der sie begleitet, springen in einen Wagen, brausen vorüber und versuchen, mich zu erschießen, mich, der ich wahrscheinlich der einzige bin, der etwas weiß.
    Sie fliehen in Richtung Etampes und Orléans. Warum, da sie doch auf einer anderen Straße in eine andere Richtung hätten fahren können?
    Weil auf dieser Straße gerade ein Lastwagen fährt, dem der Mechaniker ein Ersatzrad aufmontiert hat. Und in diesem Rad sind die Diamanten!
    Es gilt, diesen Lastwagen einzuholen und erst dann, mit vollen Taschen, zur Grenze zu fahren.
    Ist das alles? Ich frage nicht euch! Ruhe! … Michonnet ist in seinem Brunnen. Else, die sich im Park auskennt, ahnt, daß er sich dort versteckt. Sie weiß, daß er es war, der versucht hat, sie zu vergiften. Sie macht sich keine Illusionen über den guten Mann. Einmal verha f tet, wird er reden. Also beschließt sie, ihn umzubringen.
    Ist sie irgendwie gestolpert? Jedenfalls befindet sie sich plötzlich bei ihm im Brunnen. Sie hat einen Revolver in der Hand. Aber er hat sie an der Kehle gepackt und umkla m mert mit der anderen Hand ihr Handgelenk. Der Kampf geht in der Dunkelheit weiter. Ein Schuß geht los. Else schreit gegen ihren Willen, weil sie Angst hat zu ste r ben …«
    Er zündete ein Streichholz an und hielt die Flamme an seine Pfeife, die ausgegangen war.
    »Was sagen Sie dazu, Monsieur Oscar?«
    Dieser runzelte die Stirn.
    »Ich werde mich verteidigen. Ich sage nichts … Oder vielmehr, ich behaupte, lediglich ein Hehler zu sein.«
    »Das ist nicht wahr!« schrie neben ihm Guido Ferrari.
    »Sehr gut! Auf dich habe ich gerade gewartet, mein Kleiner! Denn du hast geschossen! Alle drei Mal! Erst auf Goldberg, dann auf dessen Frau und schließlich, im Auto, auf Carl … Aber ja doch! Du siehst ganz nach e i nem professionellen Mörder aus.«
    »Das stimmt nicht!«
    »Nun mal sachte!«
    »Das ist nicht wahr! Es stimmt nicht … Ich will nicht …«
    »Du kämpfst um deinen Kopf, aber Carl Andersen wird dich später wiedererkennen. Und die anderen werden dich fallenlassen. Sie riskieren nur das Kittchen.«
    Da richtete sich Guido auf und zeigte haßerfüllt mit dem Finger auf Monsieur Oscar.
    »Der da hat befohlen!«
    »Verflucht noch mal!«
    Maigret konnte nicht mehr dazwischengreifen, als der Werkstattbesitzer seine in Handschellen gelegten Fäuste erhob und sie auf den Kopf des Italieners niedersausen ließ, während er brüllte:
    »Du Lump! Das wirst du mir büßen!«
    Beide mußten das Gleichgewicht verloren haben, denn sie rollten auf den Fußboden, wo sie ihren gehäss i gen Kampf fortführten, obwohl sie sich kaum bewegen konnten.
    In diesem Augenblick kam der Chirurg herunter.
    Er trug hellgraue Handschuhe und
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