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Maigret und Pietr der Lette

Maigret und Pietr der Lette

Titel: Maigret und Pietr der Lette
Autoren: Georges Simenon
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Fälschungen, denn ich war in diesen Dingen sehr geschickt geworden …
    Er gab mir ein bißchen Geld.
    ›Du taugst nur zum Trinken, dreckiger Russe!‹ wiederholte er.
    Eines Tages teilte er mir mit, daß er wegen eines Riesengeschäfts, das ihn zum Milliardär machen würde, nach Amerika müsse. Er befahl mir, aufs Land zu ziehen, weil mich die Ausländerpolizei in Paris schon öfter vernommen hatte.
    ›Ich verlange nichts weiter von dir, als daß du dich still verhältst! … Das ist doch wohl nicht zuviel, wie?‹
    Gleichzeitig gab er eine ganze Serie von falschen Pässen bei mir in Auftrag, die ich ihm auch geliefert habe.
    Ich kam nach Le Havre …«
    »Dort sind Sie derjenigen begegnet, die später Frau Swaan geworden ist …«
    »Sie hieß Berthe …«
    Schweigen. Der Adamsapfel des Letten trat hervor.
    Dann brach er los:
    »Da habe ich auf einmal etwas Ordentliches werden wollen! … Sie hatte in dem Hotel, in dem ich wohnte, die Kasse unter sich … Sie sah mich jeden Tag betrunken nach Hause kommen … Und sie schimpfte mich aus …
    Sie war sehr jung, aber ernsthaft. Sie erweckte in mir den Gedanken an ein Heim, an Kinder …
    Eines Abends, als ich nicht völlig betrunken war, hielt sie mir eine Standpauke, und da habe ich in ihren Armen geweint und ihr, glaube ich, geschworen, ein anderer Mensch zu werden.
    Ich hätte auch sicherlich Wort gehalten. Mich widerte alles an. Ich hatte es satt, herumzulungern!
    Das dauerte etwa einen Monat … Sehen Sie, das ist verrückt! … Sonntags besuchten wir gemeinsam die öffentlichen Konzerte … Es war Herbst … Wir kamen am Hafen entlang, wo wir die Schiffe betrachteten …
    Wir sprachen nicht von Liebe … Sie sagte, sie sei meine Freundin … Aber ich wußte genau, eines Tages …
    Ach ja! Eines Tages ist mein Bruder zurückgekehrt … Er brauchte mich dringend … Er brachte eine ganze Mappe voller Schecks, die gefälscht werden mußten … Wenn man sich vorstellte, wo er sie herhatte! … Sie waren auf alle großen Banken der Welt ausgestellt …
    Aus diesen Gründen war er Marineoffizier geworden und nannte sich Olaf Swaan …
    Er stieg in meinem Hotel ab … Während ich wochenlang – denn das ist eine knifflige Arbeit – Schecks fälschte, suchte er die Häfen an der Küste ab, um Schiffe zu kaufen …
    Denn sein neues Geschäft ging gut. Er hatte mir erklärt, daß er sich mit einem der bedeutendsten amerikanischen Bankiers zusammengetan habe, dessen Rolle in der ganzen Sache natürlich im dunkeln blieb.
    Es ging darum, alle großen internationalen Banden in einer Hand zu vereinigen.
    Die Zustimmung der Alkoholschmuggler lag bereits vor. Man brauchte kleinere Schiffe für die Transporte …
    Ist es der Mühe wert, Ihnen den Rest zu erzählen? Pietr hatte mich vom Trinken abgehalten, um mich zur Arbeit zu zwingen … Ich lebte in meinem Zimmer eingeschlossen, mit Uhrmacherlupen, Säuren, Federn, Tuschen aller Art und sogar mit einer kleinen Handdruckerei …
    Eines Tages trat ich unvermittelt ins Zimmer meines Bruders. Berthe lag in seinen Armen …«
    Er griff aufgebracht nach der Flasche, deren Boden nur noch gerade bedeckt war, und trank sie leer.
    »Ich bin abgehauen!« schloß er mit merkwürdiger Stimme. »Ich hätte nichts anderes tun können. Ich bin weggelaufen. Ich habe mich in einen Zug gesetzt … Tagelang bin ich in Paris durch die Bistros gezogen … Am Ende bin ich in der Rue du Roi de Sicile gelandet, sturzbetrunken und sterbenskrank!«

18
    Hans und sein Zuhause
     
    Ich scheine bei Frauen nur Mitleid erwecken zu können. Als ich erwachte, war eine Jüdin da, die sich um mich kümmerte …
    Auch sie hatte sich in den Kopf gesetzt, mich vom Trinken abzubringen! … Und wie die andere hat sie mich als Kind behandelt! …«
    Er lachte. Er hatte feuchte Augen. Es war ermüdend, all diesen Veränderungen, dem wechselnden Mienenspiel zu folgen.
    »Nur hat es diesmal Bestand gehabt … Was Pietr betrifft … Sicher sind wir nicht umsonst Zwillinge, und es gibt trotz allem Gemeinsamkeiten zwischen uns …
    Ich habe Ihnen schon gesagt, daß er eine Deutsche aus der höheren Gesellschaft hätte heiraten können … Nun, er tat es nicht! … Er hat etwas später, als sie ihre Stellung gewechselt hatte und in Fécamp arbeitete, Berthe geheiratet … Er hat ihr nicht die Wahrheit gesagt …
    Ich verstehe das! … Sehen Sie, das Bedürfnis nach einem sauberen, friedlichen Eckchen … Und er hatte Kinder! …«
    Man hatte den Eindruck, daß das
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