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Maigret bei den Flamen

Maigret bei den Flamen

Titel: Maigret bei den Flamen
Autoren: Georges Simenon
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zu verstehen …«
    Auch Maigret atmete schwer. Ihm ging auf, wieviel Tragik und wieviel billige Gewöhnlichkeit zugleich di e ses Drama enthielt.
    Er wagte Anna kaum noch anzusehen. Anna selbst rührte sich nicht.
    »Sie durften sich auf keinen Fall erwischen lassen, nicht wahr? Denn sonst hätte Joseph nicht gewagt, Marguerite zu heiraten. Sie haben an alle möglichen Waffen gedacht. Eine Pistole wäre zu laut gewesen. Und da man Germaine hier nie etwas anbot, konnten Sie ihr auch kein Gift g e ben. Wenn Ihre Hände kräftig genug wären, hätten Sie sie wahrscheinlich erdrosselt.«
    »Ich habe daran gedacht.«
    »Schweigen Sie, um Gottes willen! Sie haben sich den Hammer aus irgendeiner Werkstatt besorgt, denn Sie sind nicht so dumm, einen Gegenstand hier aus dem Haus zu benutzen … Unter welchem Vorwand haben Sie Germa i ne dazu gebracht, Ihnen zu folgen?«
    Und sie berichtete ungerührt:
    »Sie hatte im Laden geweint. Sie war eine Frau, die ständig weinte. Meine Mutter hatte ihr nur fünfzig Francs für den Unterhalt gegeben. Ich bin dann mit ihr hinaus gegangen. Ich habe ihr versprochen, ihr die restl i che Hälfte zu geben.«
    »Und Sie sind beide in der Nacht um das Haus herum gegangen. Dann sind Sie durch die Hintertür wieder hereingekommen und zum ersten Stock hochgestiegen …«
    Er betrachtete die Tür und knurrte mit einer Stimme, die unerbittlich klingen sollte:
    »Sie haben die Tür geöffnet und Germaine vorgehen lassen. Der Hammer lag bereit, und …«
    »Nein.«
    »Wieso nein?«
    »Ich habe nicht gleich zugeschlagen. Vielleicht hätte ich nicht einmal den Mut dazu gehabt – ich weiß es nicht. Nur sagte diese Frau dann mit einem Blick auf das Bett:
    ›Hier also trifft sich mein Bruder mit Ihnen? Aber Sie haben Glück: Sie verstehen es, keine Kinder zu beko m men!‹«
    Nicht ein Detail, das nicht billig, gemein und alltäglich zugleich gewesen wäre!
    »Wie viele Schläge?«
    »Zwei. Sie stürzte gleich zu Boden. Ich habe sie unter das Bett geschoben.«
    »Und unten haben Sie sich dann wieder zu Ihrer Mutter und Ihrer Schwester Maria gesellt, und zu Marguerite, die eben angekommen war …«
    »Meine Mutter war bei meinem Vater in der Küche, und sie war damit beschäftigt, den Kaffee für den nächsten Morgen zu mahlen …«
    »Was ist denn nun, Anna?« hörte man Madame Peeters von neuem rufen. »Der Inspektor möchte gehen …«
    Es war Maigret, der sich über das Geländer beugte und hinunter rief: »Er soll warten!«
    Dann schloß er die Tür ab.
    »Haben Sie Ihrer Schwester und Marguerite gesagt, was passiert war?«
    »Nein! Aber ich wußte, daß Joseph kommen würde. Was ich tun mußte, konnte ich nicht allein tun. Außerdem wollte ich nicht, daß man meinen Bruder im Haus sah. Ich habe Maria gebeten, am Kai auf ihn zu warten und ihm zu sagen, er solle sein Motorrad möglichst weit von hier stehen lassen und herkommen, ohne daß ihn jemand sieht.«
    »Hat Maria sich nicht gewundert?«
    »Sie hatte Angst. Sie verstand nicht, spürte aber irgendwie, daß sie gehorchen mußte. Marguerite saß am Klavier. Ich hatte sie gebeten, zu spielen und zu singen, denn ich wußte, daß es hier oben Geräusche geben wü r de …«
    »Und Sie waren es auch, die auf die Idee mit dem Wasserbehälter auf dem Dach gekommen waren?«
    Er zündete seine Pfeife an, die er, ohne es zu merken, gestopft hatte.
    »Joseph ist dann zu Ihnen in Ihr Zimmer gekommen. Was hat er gesagt, als er die Tote sah?«
    »Nichts! Er verstand es nicht und sah mich nur entsetzt an. Fast wäre er nicht einmal in der Lage gewesen, mir zu helfen …«
    »… die Leiche durch die Luke auf das Dach zu heben und bis zu dem Zinkbehälter zu schleifen.«
    Große Schweißtropfen standen auf Maigrets Stirn, und er murmelte vor sich hin: »Grauenhaft!«
    Sie tat, als habe sie es nicht gehört.
    »Wenn ich diese Frau nicht umgebracht hätte, dann wäre Joseph jetzt tot …«
    »Wann haben Sie Maria die Wahrheit gesagt?«
    »Überhaupt nicht. Sie hat auch nicht gewagt, mir Fragen zu stellen. Als bekannt wurde, daß Germaine verschwunden war, hat sie irgend etwas geahnt. Und seitdem ist sie krank.«
    »Und Marguerite?«
    »Wenn sie einen Verdacht hat, dann will sie jedenfalls nichts wissen … Verstehen Sie?«
    Und ob er verstand! Madame Peeters lief weiterhin in diesem Haus umher, ohne das Geringste zu ahnen, und regte sich darüber auf, daß die Leute in Givet ihre Fam i lie verdächtigten!
    Der alte Peeters hingegen begnügte sich damit, Pfeife
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