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Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Titel: Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen
Autoren: Georges Simenon
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wir ganz gern alte Erinnerungen auf …«
    »Weiß Jocelyne davon?«
    »Das macht ihr nichts aus … Wenn ich anders wäre, würde sie nicht mit mir zusammenleben.«
    »Sind Sie mit ihr ins Bett gegangen?«
    »Nein … Ich wäre zwar nicht abgeneigt gewesen, aber das Kind hat angefangen, im Schlaf zu sprechen, und da habe ich mich auf Zehenspitzen rausgeschlichen.«
    »Wie spät war es da?«
    »Ich habe nicht auf die Uhr geschaut … Ich bin in meine Wohnung zurückgegangen … Dann habe ich noch schnell einen neuen Film in eine meiner Kameras eingelegt, denn am nächsten Morgen musste ich in aller Frühe Fotos machen … Danach habe ich das Fenster aufgemacht …
    Das tue ich jede Nacht. Zuerst mache ich es weit auf, damit der Zigarettenrauch abzieht, dann schließe ich es zur Hälfte, denn ich kann sommers wie winters nicht ohne frische Luft schlafen.«
    »Und dann?«
    »Ich habe noch eine letzte Zigarette geraucht … Der Mond schien, wie heute Abend … Ich habe ein Paar über den Hof gehen sehen und Francis und seine Frau erkannt … Sie hatten sich nicht wie sonst untergehakt, und sie haben miteinander gestritten.«
    »Haben Sie gehört, was sie gesagt haben?«
    »Nur einen einzigen schrillen Satz von Sophie, der klang, als wäre sie wirklich sehr aufgebracht.«
    »Kam das bei ihr oft vor?«
    »Nein … Sie hat geschrien:
    › Spiel nicht den Unschuldigen … Du hast es ganz genau gewusst!‹«
    »Hat er darauf geantwortet?«
    »Nein. Er hat sie am Ellbogen gepackt und zur Tür gezogen.«
    »Können Sie nicht sagen, wie viel Uhr es da war?«
    »Doch … Ich habe es vom Kirchturm zehn schlagen hören … Im Badezimmer ging das Licht an … Ich habe mir noch eine Zigarette angesteckt.«
    »Die Szene ging Ihnen wohl nicht aus dem Kopf?«
    »Ich war einfach hellwach … Ich habe mir einen Calvados eingeschenkt.«
    »Waren Sie im Wohnzimmer?«
    »Ja … Die Tür zum Schlafzimmer stand offen, und ich hatte das Licht ausgemacht, damit Jocelyne schlafen konnte.«
    »Wie viel Zeit war inzwischen vergangen?«
    »Also … Ich habe erst die Zigarette zu Ende geraucht, die ich mir bei meiner zweiten Frau angezündet hatte, dann habe ich noch eine zweite am Fenster geraucht. Das sind etwas über fünf Minuten … Auf alle Fälle weniger als zehn …«
    »Haben Sie nichts gehört?«
    »Nein. Ich habe nur gesehen, dass Francis wieder aus der Wohnung kam und zum Tor eilte … Er hat seinen Wagen immer in der Rue Saint-Charles geparkt. Kurz darauf habe ich das Stottern seines Motors gehört, dann ist er angesprungen.«
    »Wann sind Sie nach unten gegangen?«
    »Eine Viertelstunde später.«
    »Warum?«
    »Ich habe es Ihnen doch schon gesagt … Ich war noch nicht müde … Ich hatte Lust auf ein Schwätzchen …«
    »Nur auf ein Schwätzchen?«
    »Vielleicht auch auf ein bisschen mehr …«
    »Waren Sie schon vorher mit Sophie intim?«
    »Möchten Sie wissen, ob ich mit ihr geschlafen habe? Ja, einmal … Francis war betrunken, und da sie keinen Alkohol mehr im Haus hatten, hat sich Francis auf den Weg gemacht, um in einem Bistro noch eine Flasche zu kaufen.«
    »War Sophie damit einverstanden?«
    »Sie fand überhaupt nichts dabei …«
    »Und dann?«
    »Weiter gar nichts … Ricain kam ohne Flasche nach Hause, sie haben ihm keine verkaufen wollen … Wir haben ihn ins Bett gebracht. In den nächsten Tagen haben wir kein Wort darüber verloren …«
    »Kommen wir auf den Mittwochabend zurück … Sie sind also runtergegangen …«
    »Ich bin über den Hof gegangen und habe an ihre Tür geklopft … Um Sophie keinen Schreck einzujagen, habe ich ganz leise gerufen:
    ›Ich bin’s, Jacques …‹«
    »Keine Antwort?«
    »Nein … In der Wohnung hat sich nichts gerührt.«
    »Kam Ihnen das nicht sehr merkwürdig vor?«
    »Ich habe mir gesagt, dass sie sich mit Francis gestritten hatte und niemanden sehen wollte. Ich konnte mir gut vorstellen, dass sie sich voller Zorn oder in Tränen aufgelöst aufs Bett geworfen hatte …«
    »Haben Sie es dann noch einmal versucht?«
    »Ja, ich habe zwei- oder dreimal an die Tür geklopft, dann bin ich wieder nach oben gegangen.«
    »Haben Sie sich dann wieder ans Fenster gestellt?«
    »Als ich schon meinen Schlafanzug anhatte, habe ich noch einmal einen kurzen Blick in den Hof geworfen. Da war niemand. Im Badezimmer der Ricains brannte Licht … Dann habe ich mich hingelegt und bin eingeschlafen.«
    »Erzählen Sie weiter!«
    »Um acht Uhr bin ich aufgestanden und habe Kaffee gekocht. Jocelyne
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