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Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange

Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange

Titel: Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange
Autoren: Georges Simenon
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da?«
    Er musste in sein Büro zurückgehen, um die Cognacflasche zu holen, die er immer in seinem Wandschrank stehen hatte. Weil keine Schnapsgläser da waren, goss er ihr den Alkohol in ein Wasserglas. Sie kippte ihn in einem Zug hinunter und musste aufstoßen.
    »Ich weiß nicht, wie Sie mit dem Sohn zurechtkommen. Ich bin mit der Mutter am Ende. Zuletzt flimmerte es mir schon vor den Augen.«
    »Hat sie geredet?«
    »Sie ist robuster als ich. Darauf wollte ich Sie noch besonders hinweisen. Anfangs war ich überzeugt, sie glaube alles, was ich ihr vorschwindelte. Dann, ich weiß nicht, wie es gekommen ist, hat sie angefangen, mir knappe, scheinbar belanglose Fragen zu stellen. Ich kenne diese Methode von früheren Flunkereien und hielt mich für imstande, meine Geschichte glaubhaft zu machen. Aber bei ihr habe ich nicht lange durchgehalten.«
    »Hast du ihr gesagt, wer du bist?«
    »Nicht klipp und klar. Diese Frau ist schrecklich intelligent, Monsieur Maigret! Woran hat sie erkennen können, dass ich mal auf den Strich gegangen bin? Können Sie mir das sagen? Sieht man mir das noch an? Dann hat sie mir gesagt:
    ›Sie kennen sich bei diesen Leuten gut aus, was?‹
    Damit hat sie Sie und Ihre Kollegen gemeint.
    Zu guter Letzt fragte sie mich über das Gefängnisleben aus, und ich gab ihr Antwort.
    Wenn man mir gesagt hätte, als ich mich ihr gegenübersetzte, dass ich mich verplappern würde, hätte ich es bestimmt nicht geglaubt!«
    »Hast du ihr was von Alfred erzählt?«
    »Nicht allzu viel. Vor allem nicht, was er eigentlich macht. Sie glaubt jetzt, er sei ein Scheckbetrüger. Aber das interessiert sie nicht so sehr. Seit mindestens einer Dreiviertelstunde will sie jetzt von mir alles darüber wissen, wie es in einem Gefängnis zugeht: Wann man aufstehen muss, was man zu essen bekommt, wie die Wärterinnen sich verhalten … Ich dachte, Sie würden das alles gern erfahren, und habe so getan, als würde mir speiübel. Ich bin aufgestanden und habe erklärt, ich würde etwas zu trinken verlangen, und es sei unmenschlich, Frauen die ganze Nacht hier herumsitzen zu lassen …
    Kann ich noch einen Schluck haben?«
    Sie war tatsächlich erschöpft. Der Alkohol verlieh ihren Wangen wieder Farbe.
    »Ihr Sohn gesteht nicht?«
    »Noch nicht. Hat sie von ihm gesprochen?«
    »Sie horcht auf alle Geräusche und zuckt jedes Mal zusammen, wenn eine Tür geöffnet wird. Sie hat mir noch eine Frage gestellt. Sie wollte wissen, ob ich Leute gekannt habe, die mit der Guillotine hingerichtet worden sind … So, jetzt geht es mir besser; ich gehe wieder zu ihr. Diesmal nehme ich mich in Acht. Keine Angst!«
    Sie benutzte die Gelegenheit, sich zu pudern, und sah nach der Flasche, wagte aber nicht, um einen dritten Schluck zu bitten.
    »Wie spät ist es?«
    »Drei Uhr.«
    »Ich weiß nicht, wie die das fertigbringt. Sie sieht überhaupt nicht müde aus und sitzt genauso kerzengerade da wie gestern Abend.«
    Maigret ließ sie gehen, schöpfte frische Luft an einem offenen Fenster, das auf den Hof hinausging, und trank einen Schluck Cognac direkt aus der Flasche. Als er durch das Büro ging, in dem der Übersetzer bei der Arbeit war, zeigte ihm dieser eine Stelle in einem Brief, die er unterstrichen hatte.
    »Das hat sie vor anderthalb Jahren geschrieben«, sagte er.
    Maria teilte ihrer Freundin mit:
     
    Gestern habe ich herzhaft, gelacht. G … war in meinem Schlafzimmer, nicht aus dem Grund, den Du vermutest, sondern um mit mir einen Plan zu besprechen, den ich am Vortag gefasst hatte, nämlich für zwei Tage nach Nizza zu fahren.
    Die Serres sind Menschen, die Reisen einfach scheußlich finden. In ihrem ganzen Leben sind sie mit einer einzigen Ausnahme aus Frankreich nicht herausgekommen. Die Auslandsreise haben sie gemacht, als der Vater noch lebte. Da sind sie zusammen nach London gefahren. Übrigens sind sie wohl allesamt seekrank geworden und haben sich vom Schiffsarzt behandeln lassen.
    Aber davon wollte ich Dir gar nicht berichten. Wenn ich bestimmte Dinge sage, die ihnen nicht passen, antworten sie nicht sofort darauf. Sie schweigen, und man hört, wie man so sagt, einen Engel durchs Zimmer gehen.
    Dann kommt später oder am nächsten Tag G … mit verärgerter Miene zu mir ins Schlafzimmer, druckst herum und rückt zu guter Letzt mit dem heraus, was er auf dem Herzen hat. Kurz und gut, es scheint, dass meine Idee, zum Karneval nach Nizza zu fahren, albern und fast unanständig ist. Er hat mich wissen lassen, dass seine
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