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Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange

Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange

Titel: Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange
Autoren: Georges Simenon
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schwerer als der Kommissar und einigermaßen verlegen, wohl weil er schon eine Weile gehorcht hatte.
    Seine Mutter hatte nicht gelogen, als sie behauptet hatte, er halte seinen Mittagsschlaf. Die spärlichen Haare klebten wirr in der Stirn, und er hatte nur eine Hose und ein weißes Hemd übergestreift, dessen Kragen offen geblieben war. Er trug gestickte Pantoffeln.
    »Kommen Sie herein, Monsieur Serre«, sagte Maigret.
    »Ich bitte um Verzeihung. Ich habe Geräusche gehört. Ich nahm an …«
    Er sprach ohne Hast und musterte sie einen nach dem anderen mit einem schwerfälligen, langen Blick.
    »Die Herren sind von der Polizei«, erklärte die Mutter und erhob sich.
    Er stellte keine Fragen, sah sie abermals an und knöpfte sich das Hemd zu.
    »Madame Serre sagte uns, dass Ihre Frau vorgestern abgereist ist.«
    Diesmal wandte er sich der alten Dame zu und zog die Stirn kraus. Sein massiger Körper war ebenso schlaff wie sein Gesicht, aber im Gegensatz zu vielen Dicken wirkte er nicht sehr beweglich. Seine Haut war matt und sehr blass. Braune Haarbüschel wuchsen ihm aus Nasenlöchern und Ohren, und er hatte große, buschige Augenbrauen.
    »Was genau wünschen die Herren?«, fragte er, jede Silbe betonend.
    »Ich weiß es nicht.«
    Maigret geriet in ziemliche Verlegenheit. Boissier seinerseits fragte sich, wie sich der Kommissar aus der Affäre ziehen würde. Mit Leuten wie diesen wurde man nicht so leicht fertig.
    »Um die Wahrheit zu sagen, Monsieur Serre, bei der Unterhaltung ist ganz zufällig die Rede auf Ihre Frau gekommen. Ihre Mutter hat uns wissen lassen, dass Sie sich zur Mittagsruhe zurückgezogen hätten, und da haben wir geplaudert und auf Sie gewartet. Wenn Sie uns hier sehen, meinen Kollegen« – über dieses Wort fühlte sich Boissier ungemein geschmeichelt – »und mich, dann nur, weil wir Grund zu der Annahme haben, dass Sie das Opfer eines versuchten Einbruchs geworden sind.«
    Serre war kein Mann, der die Augen niedergeschlagen hätte. Er sah Maigret mit einer Miene an, als wolle er dessen geheimste Gedanken lesen.
    »Wer hat Sie denn auf diese Idee gebracht?«
    »Uns gehen zuweilen vertrauliche Mitteilungen zu.«
    »Vermutlich meinen Sie Polizeispitzel?«
    »Nehmen wir mal an, dass es so ist.«
    »Ich bedaure, meine Herren –«
    »Bei Ihnen ist also nicht eingebrochen worden?«
    »Wenn das geschehen wäre, hätte ich selbstverständlich von mir aus sofort das hiesige Polizeirevier verständigt.«
    Er unternahm keinen Versuch, liebenswürdig zu sein. Kein einziges Mal zeigte sich auf seinem Gesicht auch nur der Anflug eines Lächelns.
    »Sie besitzen aber doch einen Geldschrank?«
    »Ich vermute, es ist mein gutes Recht, Ihnen nicht zu antworten. Ich sehe jedoch nichts Ungebührliches darin, Ihnen zu verraten, dass ich tatsächlich einen habe.«
    Seine Mutter versuchte, ihm ein Zeichen zu geben, vermutlich, um ihm zu raten, sich weniger abweisend zu verhalten. Er merkte es, ließ sich aber nicht beirren.
    »Wenn ich mich nicht irre, handelt es sich um ein Modell der Firma Planchart, das vor ungefähr achtzehn Jahren eingebaut worden ist.«
    Er wurde nicht verlegen. Er war stehen geblieben, während Maigret und Boissier im Halbdunkel saßen, und Maigret fiel auf, dass er dasselbe starke Kinn hatte wie der Mann auf dem Porträt an der Wand und dieselben Brauen. Zum Spaß versuchte der Kommissar, ihn sich mit Backenbart vorzustellen.
    »Ich kann mich nicht mehr an das Datum des Einbaus erinnern, und das geht auch niemanden etwas an.«
    »Ich habe beim Hereinkommen bemerkt, dass die Haustür mit einem Sicherheitsschloss und einer Kette versehen ist.«
    »Das ist bei vielen Türen der Fall.«
    »Sie schlafen in der ersten Etage, Ihre Mutter und Sie?«
    Serre schwieg beharrlich.
    »Ihr Büro und Ihre Praxis befinden sich hier im Erdgeschoss?«
    Einer Geste der alten Dame entnahm Maigret, dass es die Räume waren, die neben dem Wohnzimmer lagen.
    »Dürfte ich wohl einen Blick hineinwerfen?«
    Serre zögerte, öffnete den Mund, und Maigret war überzeugt, dass er nein sagen wollte. Seine Mutter spürte es auch, denn sie griff ein.
    »Warum sollen wir den Herren nicht ihren Wunsch erfüllen? Sie werden mit eigenen Augen sehen, dass bei uns nicht eingebrochen worden ist.«
    Der Mann zuckte die Achseln, machte weiterhin ein verbissenes, trotziges Gesicht und weigerte sich, ihnen in die angrenzenden Zimmer zu folgen.
    Madame Serre führte sie zunächst in ein Arbeitszimmer, das ebenso altmodisch und
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