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Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange

Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange

Titel: Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange
Autoren: Georges Simenon
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nicht in ein Bistro wie dieses. Wenn er es mal tut, wirft er jedes Mal einen Blick zu seinem Haus hinüber, als wolle er sich vergewissern, dass man ihn nicht sehen kann. Und er macht immer eine beschämte Miene, wenn er an die Theke tritt. ›Einen Rotwein!‹, sagt er immer. Nie etwas anderes. Ich weiß im Voraus, dass ich die Flasche nicht an ihren Platz zurückzustellen brauche, weil er noch ein zweites Glas trinkt. Er leert das Glas in einem Zug und wischt sich den Mund ab. Das Geld hat er schon abgezählt in der Hand.«
    »Betrinkt er sich manchmal?«
    »Nein, nie. Immer nur zwei Gläser. Wenn er weggeht, sehe ich, wie er sich eine Pastille oder eine Gewürznelke in den Mund steckt, damit sein Atem nicht nach Wein riecht.«
    »Wie sieht seine Mutter aus?«
    »Eine kleine, alte, ausgemergelte Frau, immer schwarz angezogen. Sie grüßt niemanden und hat bestimmt Haare auf den Zähnen!«
    »Und seine Frau?«
    »Ich sehe sie eigentlich nur, wenn sie im Auto hier vorbeifahren, aber wie man sich erzählt, ist sie Ausländerin. Sie ist groß und kräftig wie er, von blühendem Aussehen.«
    »Glauben Sie, dass sie in die Ferien gefahren sind?«
    »Moment mal. Ich glaube, ich habe ihm noch vor zwei oder drei Tagen seine zwei Glas Rotwein serviert.«
    »Vor zwei oder drei Tagen?«
    »Augenblickchen. Es war an dem Abend, als der Installateur hier war, um die Bierdruckanlage zu reparieren. Ich frage mal eben meine Frau, damit ich Ihnen keinen Quatsch erzähle.«
    Es war vor zwei Tagen gewesen, also am Dienstag, nur wenige Stunden, bevor Alfred Jussiaume eine Frauenleiche in dem Haus entdeckt hatte.
    »Wissen Sie noch, wie spät es war?«
    »Er kommt gewöhnlich gegen halb sieben.«
    »Zu Fuß?«
    »Ja. Sie haben einen alten Wagen, aber um diese Zeit macht er einen Spaziergang durchs Viertel. Können Sie mir denn nicht sagen, worum es geht?«
    »Vorläufig geht es um gar nichts. Eine bloße Überprüfung.«
    Der Mann glaubte ihnen nicht. Sein Blick ließ das deutlich erkennen.
    »Kommen Sie noch mal wieder?«
    Und, zum Kommissar gewandt:
    »Sie sind nicht zufällig Monsieur Maigret?«
    »Hat Ihnen das jemand gesagt?«
    »Einer der Maurer meint Sie erkannt zu haben. Wenn Sie es tatsächlich sind, würde meine Frau Sie gern mal persönlich kennenlernen!«
    »Wir kommen später wieder«, versprach Maigret.
    Sie hatten weiß Gott gut gegessen und den Calvados genossen, zu dem der Wirt, der aus Falaise stammte, sie eingeladen hatte. Sie gingen jetzt den Bürgersteig auf der schattigen Seite der Straße entlang. Maigret rauchte seine Pfeife in kleinen Zügen, Boissier hatte sich eine Zigarette angezündet. Zwei Finger an seiner rechten Hand waren vom Tabak braun geworden und sahen aus wie ein Pfeifenschaft.
    Man wähnte sich mehr als hundert Kilometer von Paris entfernt in irgendeiner Kleinstadt. Die Privathäuser waren zahlreicher als die Mietshäuser, und einige waren bürgerliche große Kästen, die aus dem letzten oder vorletzten Jahrhundert stammten.
    Es gab nur dies eine Vorgartengitter in der ganzen Straße, ein schwarzes Gitter, hinter dem sich eine Rasenfläche wie ein grüner Teppich im Sonnenlicht erstreckte. Auf dem Messingschild war zu lesen:
     
    Guillaume Serre
    Zahnarzt
     
    Darunter in kleinerer Schrift:
     
    Sprechstunden 14-17 Uhr
    und nach Vereinbarung
     
    Die Sonne lag voll auf der Vorderfront des Hauses und erwärmte deren gelbliche Steine. Außer an zwei Fenstern waren die Jalousien geschlossen. Boissier merkte, dass Maigret zögerte.
    »Wollen Sie reingehen?«
    Bevor sie die Straße überquerten, warf Maigret einen Blick nach links und rechts die Straße hinab und runzelte die Stirn. Boissier sah in die Richtung, in die Maigret mit starrem Blick schaute.
    »Die Bohnenstange!«, entfuhr es ihm.
    Sie kam vom Boulevard Richard-Wallace her und trug denselben grünen Hut wie vormittags. Als sie Maigret und den Inspektor erblickte, tat sie, als ob sie stutzte, und ging dann schnurgerade auf die beiden zu.
    »Sind Sie überrascht, dass ich hergekommen bin?«
    »Hatten Sie denn die Adresse?«
    »Ich habe vor einer guten halben Stunde in Ihrem Büro angerufen, um Ihnen zu sagen, dass ich die Liste gefunden habe. Ich wusste, dass sie irgendwo sein musste. Ich hatte nämlich gesehen, dass Alfred sie studierte und Kreuzchen darin machte. Als ich heute Morgen aus Ihrem Büro kam, fiel mir ein, wo Alfred sie versteckt haben könnte.«
    »Wo war sie denn?«
    »Muss ich Ihnen das sagen?«
    »Das wäre besser.«
    »Lieber
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