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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens
Autoren: Lena Klassen
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kann ich nicht glauben«, sagte der König leise, »denn das Licht in dir ist stärker als alles andere. Nicht ich allein habe den Fluss geweckt. Wir beide waren es. Das Eis ist erst gebrochen, als du deine Hand auf meine gelegt hast.« Er musterte seinen Sohn mit Liebe und Stolz. »Du kannst kein Schatten sein. Selbst deine Dunkelheit ist heller als mein Licht. Komm, Mattim. Lass uns die Pforte schließen.«
    Der Junge wandte sich zu Hanna. Mit dem königlichen Mantel um die Schultern und dem Eis im Haar wirkte er fremd und unwirklich. Ein Prinz aus einer anderen Welt. Aber als er seine Hand ausstreckte und ihre Wange berührte, war er nur Mattim. Ihr Mattim.
    »Geht«, flüsterte er. »Bring sie zurück, Hanna.«
    Sie wollte nicht. Sie wollte ihre Arme um ihn schlingen, ihn an sich drücken und weinen und betteln - aber die Stimmen im Wald wurden lauter. Es blieb keine Zeit mehr. Also nahm sie Réka bei der Hand. Mattim legte die Arme um die Schultern der Mädchen, und zu dritt gingen sie durch den Fels und befanden sich im nächsten Moment in einem düsteren Keller in einer anderen Stadt in einer anderen Welt. Die Hand auf ihrer Schulter löste sich, sie spürte nur noch einen flüchtigen Kuss auf ihrem Haar, dann war Mattim fort.
     
    »Warum sind wir eigentlich so gerannt?«, fragte Réka.
    »Damit du rechtzeitig zu deiner Geburtstagsparty kommst.«

    »Ach so.« Das Mädchen blinzelte verwirrt. »Dann muss ich mich aber noch umziehen.«
    Hanna blickte sich um. Hinter ihr war nur der Durchgang in den anderen Kellerraum, in dem ein großer Käfig stand. Eine Falle für einen Wolf.
    »Komm«, sagte sie und zog Réka zum Fahrstuhl.
     
    Wenn Hanna die Wände berührte, spürte sie das Dröhnen der Bässe. Die Party war in vollem Gange. Bunte Lichter flackerten über Palmen und Korbstühle und verwandelten den Wintergarten in eine Tanzhölle. Von ihrem Fenster aus konnte sie die tanzenden Mädchen sehen. Es war nicht viel nötig gewesen, um die Gäste, von denen die ersten bei ihrer Rückkehr bereits gewartet hatten, zufriedenzustellen. Sie hatte Rékas Musikanlage nach unten geschleppt, Teller und Gläser in der Küche bereitgestellt, die Getränkekisten aus dem Keller geholt und die Knabbersachen in Schüsseln arrangiert. Danach hatte sie Pizza bestellt und alles an Kerzen und Lampen hervorgeholt, was sich im Haus befand. Solange sie beschäftigt gewesen war, hatte sie nicht nachdenken müssen, war es ihr fast gelungen, nichts zu fühlen. Konzentriert auf ihre Aufgabe, innerhalb von einer Viertelstunde Partystimmung aufkommen zu lassen, hatte sie alles beiseitegeschoben und so getan, als wäre dies ihr Leben. Dies und nichts anderes.
    »Du bist traurig«, stellte Attila mit Kennermiene fest.
    »Geh tanzen«, sagte sie. »Geh ruhig, mein Schatz. Ich komme später, versprochen.« Sie blinzelte die Tränen fort.
    »Ich muss nicht ins Bett?« Die Augen des Jungen leuchteten auf.
    »Bei dem Lärm kann sowieso keiner schlafen. Geh ruhig runter. Lass dich nicht wegschicken, ja?«
    »Au ja!«
    Hanna versuchte zu lächeln. Sie versuchte ihr Lächeln festzuhalten, als sie den kleinen Jungen die Treppe hinunterhüpfen
sah, den Lichtern entgegen. Doch sobald sie ihre Zimmertür geschlossen hatte, entglitt es ihr. Kam der Name wie ein Blitz zu ihr zurück.
    Mattim.
    Sie setzte sich aufs Bett und umschlang mit beiden Armen ihre Knie, sie hielt sich an sich selbst fest und konnte sich dennoch keinen Trost geben.
    »Mattim.« Sie wollte nicht weinen. Sie wollte sich für ihn freuen, für all das, was er erreicht hatte. Die Pforte war geschlossen. Sein Vater akzeptierte ihn. Es gab keinen Grund, so traurig zu sein. Freuen wollte sie sich für ihren Liebsten, lächelnd wollte sie an ihn denken, an ihn und sein Glück … und trotzdem stiegen solche ungestümen Schluchzer in ihr hoch, dass sie sich herumwarf, das Gesicht ins Kissen presste und heiße Tränen weinte.
    »Mattim!« Wie ein Urschrei brach es aus ihr heraus, und nur der lauten Musik war es zu verdanken, dass nicht alle in ihr Zimmer stürzten.
    Eine Berührung an ihrem Rücken, wie von einer streichelnden Hand. So sehr sehnte sie ihn herbei, dass sie ihn schon körperlich spüren konnte.
    »Warum brüllst du in dein Kissen?«
    Hanna hob den Kopf. Da saß er, an ihrem Bett, dieses unvergleichliche Grinsen auf seinem Gesicht, das ihr Herz schmelzen ließ. Sie schlang die Arme um ihn, sie lachte, sie hörte nicht auf zu weinen, sie lachte und weinte und küsste ihn, alles
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