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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens
Autoren: Lena Klassen
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ich nicht laufen können?«, gab Réka zurück. »Was ist hier eigentlich los?«
    »Der Schnee wird uns retten«, flüsterte Hanna. »Sie können uns kaum erkennen. Gib mir deine Hand. Auf mein Zeichen hin springen wir auf und rennen. Lass meine Hand nicht los.«
    »Das ist ein Traum, oder?«, fragte Réka.
    »Ja«, antwortete Hanna. »Nur ein Traum. Hab keine Angst. - Jetzt!«
    Sie sprangen zwischen den überraschten Schatten hindurch und liefen durch den hohen Schnee. Réka war nicht anzumerken, dass sie eben noch bewusstlos und halbtot dahingedämmert hatte. Mit kraftvollen, ausgreifenden Schritten hasteten die beiden Mädchen über den Fluss, und der Wind verwirbelte die Rufe ihrer Verfolger zu unkenntlichen Lauten.
    »Weiter!«, rief Hanna. »Weiter!«
    Sie liefen, bis sie nicht mehr konnten, bis sie nach Luft japsend stehen blieben und sich umsahen. Hanna spähte angestrengt zwischen den Schneeflocken hindurch, aber keine dunklen Gestalten brachen daraus hervor.
    »Wohin jetzt?«, fragte Réka ausgelassen. »Dorthin?« Sie wies auf das schwache Glimmen, das links von ihnen durch die Dunkelheit waberte.
    »Nein. In den Wald. Wir müssen zur Höhle, bevor die Pforte geschlossen wird. Komm.« Hanna zog ihren Schützling die Uferböschung hinauf, durch das knisternde Schilf bis unter die hohen Stämme. Hier fiel der Schnee nicht ganz so dicht. Die Dunkelheit schien aus den Bäumen zu kriechen und aus dem Himmel zu stürzen.
    »Du kennst dich hier aus, ja?«, fragte Réka.
    »Natürlich«, sagte die Ältere. »Es ist unser gemeinsamer Traum, oder nicht?«
    »Es fühlt sich nicht an wie ein Traum.« Réka lehnte sich gegen einen Baum mit rissiger Rinde, der mit silbernem
Raureif überzogen war. »Es fühlt sich so echt an wie sonst nichts. Wo ist Kunun?«
    »Kunun ist am Fluss. Er wartet darauf, dass ich das Zeichen zum Aufbruch gebe. Das Zeichen, dass das Blut seine volle Wirkung entfaltet.«
    Hanna musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Atschorek sich hinter ihnen aufgebaut hatte. Die Vampirin stand da, die Arme vor der Brust verschränkt, und starrte die Freundin ihres Bruders hasserfüllt an. Nie zuvor hatte Hanna so viel Gefühl in dem kühlen Antlitz gesehen.
    »Oh, nein«, flüsterte sie.
    »Jetzt ist die Stunde da«, sagte Atschorek. »Wenn Réka stirbt, wird sich die Kraft eines jeden Schluckes vervielfachen. Leben, freiwillig geopfert … Dann wird es doch noch ausreichen. Dann reicht selbst der winzigste Tropfen, den die Schatten aus dem Pokal getupft haben. Réka für Kunun. Und du für Mattim. Denn wir haben ihn, und er wird mit Kunun über den Fluss gehen. Dein Freund wird als Erster sterben, wenn die Kraft des Blutes nicht genügt.«
    »Du lügst«, sagte Hanna. »Ihr habt ihn nicht.«
    »Nein? Und was ist das?« Atschorek hob die Hand und zeigte den Mädchen einen Schuh - einen weißen Turnschuh ohne Schnürsenkel. »Wir haben ihn«, sagte Atschorek sanft, so als täte es ihr unendlich leid. »Und für euch zwei gibt es kein Entkommen mehr.«
    »Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher«, stieß Hanna hervor. »Komm, Réka. Lauf, lauf!«
    Atschorek lachte hinter ihnen auf.
    Hanna bemerkte die Wölfe nicht sofort, so sehr verschmolzen sie mit der Dunkelheit. Sie fuhr zusammen, als sie die Tiere plötzlich auf sich zuschleichen sah, mit langsamen, bedächtigen Bewegungen, anmutig und gewaltig zugleich.
    Der eine war fast so groß wie ein Bär, ein riesiges schwarzes Untier mit einem Silberschimmer auf dem Rücken,
der andere war kleiner und schlanker und erinnerte an einen Fuchs. Er richtete seine runden Augen auf das jüngere Mädchen, und ein merkwürdiges Japsen kam aus seiner Kehle.
    Réka wimmerte. »Was ist das? Hanna, was ist das?«
    »Beißt sie nicht«, sagte Atschorek, »ich will nicht, dass sie Schatten werden. Treibt sie zu mir. Wir brauchen ihr Blut und ihr Leben.«
    Hannas Herz hörte fast auf zu schlagen. Die Angst schien in ihr zu explodieren - und war auf einmal fort. Zurück blieb die Wut.
    »Es reicht!«, rief sie. »Ich habe jetzt wirklich genug! Ich habe genug davon, dass alle mein Blut wollen oder mein Leben und dass es ständig darum geht, ob ich gebissen werde oder nicht!« Ohne dass sie es wollte, wurde ihre Stimme lauter. »Es reicht! Ein für alle Mal!«
    Der rote Wolf blickte von Réka zu ihr, und die Überraschung war in seinem Tiergesicht zu lesen, in seinen intelligenten Augen.
    »Du bist Wilder«, sagte Hanna, »der Spieler. Hab ich Recht?« Ein frecher
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