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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens
Autoren: Lena Klassen
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Wolf. Er machte keinerlei Anstalten, sie zu bedrohen. »Wessen Spiel spielst du? Atschoreks? Kununs? Oder dein eigenes? Was hältst du davon, lieber zu spielen, statt ihre Befehle zu befolgen?«
    Der schwarze Wolf schob sich näher heran. Dort hinten zwischen den Bäumen wartete die Schattenfrau.
    »Bist du jetzt völlig übergeschnappt?«, fragte Atschorek lachend. »Versuch gar nicht erst wegzurennen. Du hast keine Chance, ihnen zu entkommen.«
    »Ich laufe nicht vor euch weg«, sagte Hanna zu den Wölfen. »Ich bin Mattims Freundin. Ich habe gar nicht die Absicht wegzulaufen, während der Prinz kämpft.« Sie kniete sich hin, vor den schwarzen Wolf, denn sie erinnerte sich daran, dass Mattim ihr erzählt hatte, Bela sei schon früh ein Anführer gewesen.

    »Hilf mir, Bela«, sagte sie leise. »Du kennst Mattim. Dein Fell ist schwarz, aber dein Herz ist nicht finster. Es gibt keinen Grund, Kunun und Atschorek zu gehorchen. Kunun hat seinen eigenen Bruder in den Fluss gestoßen, obwohl er nicht wusste, ob Mattim dabei sterben würde oder nicht. Atschorek hat ihn mit dem Schwert verletzt, und es hat ihr Spaß gemacht. Aber ein Wolf würde sein Rudel niemals verraten.« Sie wusste nicht viel von Wölfen. Von echten Wölfen, die nicht mehr waren als Tiere, und noch weniger wusste sie, was einen Schattenwolf ausmachte. Aber ihr Gefühl sagte ihr, dass sie nicht böse waren, keine hungrigen Tiere auf der Jagd. Nur Brüder in anderer Gestalt, einen Schritt näher beim Licht als die Schatten, einen Herzschlag näher am Leben als die Vampire.
    »Wir haben keine Zeit«, sagte Atschorek ungeduldig. In der Hand hielt sie einen Dolch. Wilder knurrte leise. Nicht Hanna, sondern seine Schwester knurrte er an.
    »Scht«, flüsterte Hanna. »Zeig ihr nie, was du fühlst. Lass sie nie wissen, wer du bist. Tu, als wolltest du Réka beißen. Dann ist sie wertlos für die Schatten.«
    Wilder knurrte lauter. Bela starrte sie an, unergründlich. Dann sprangen die beiden Wölfe los, gleichzeitig. Im nächsten Moment lag Hanna auf dem Rücken und spürte Belas heißen Atem im Gesicht. »Nicht!«, rief Atschorek in heller Panik. »Lass das! Ich hab gesagt, lass das! Wilder, nein! Bela, zurück!«
    Der Wolf über ihr öffnete das Maul. Die Zähne wie ein Heer aus Elfenbein, funkelnd und tödlich. Dann fuhr der Kopf herab, und er umfasste Hannas Schulter.
    Sie schrie auf. Neben ihr hörte sie Réka kreischen. Das Mädchen schrie vor Angst, laut und panisch, und Hanna schrie mit, so laut und gellend, wie sie nur konnte. Obwohl sie die Spitzen des gewaltigen Gebisses nur ganz leicht durch den Stoff spürte, brüllte sie, als würde sie unter fürchterlichen Schmerzen leiden. Ihre Hände krallten sich in das
dichte Fell, als wollte sie ihn von sich stoßen oder umarmen.
    Atschorek fluchte laut und sehr undamenhaft, doch gleich darauf lachte sie wieder. »Na gut«, sagte sie. »Schatten. Glaubst du, damit hast du mich hereingelegt, Hanna? Indem du die Wölfe überredet hast, euch zu verwandeln? Ihr habt euer Leben an die Dunkelheit verloren. Ihr habt euch geopfert. Nun werden wir über den Fluss gehen, bis nach Akink, und uns den Sieg holen.« Sie riss die Arme in die Höhe und stieß einen gellenden Triumphschrei aus. Im Wald antwortete ihr das Geheul der Wölfe, ein wilder Chor.
    »Das Zeichen zum Angriff«, flüsterte Hanna.
    »Ja«, sagte Atschorek, »meine liebe Schwester. Nun geht es nach Hause.«
     
    Die Schatten kamen über den Fluss, hatten das diesseitige Ufer allerdings noch nicht erreicht. Die Bogenschützen waren bereits dabei, ihre brennenden Pfeile hinauszuschicken, aber die Flammen verloschen, sobald sie in den Schnee fielen. Dort hinten kamen sie, näher und näher, Kununs unheilvolle Horde …
    Mit schreckensbleichem Gesicht wandte König Farank sich an Mattim. »Wie viele sind es?«
    »Mindestens zweihundert«, sagte der Junge. »Ungefähr für so viele müsste das Blut gereicht haben. Die anderen werden drüben am Ufer warten.«
    »Sollen sie vor meinem Licht zu Asche zerfallen«, sagte der König grimmig.
    Die Bogenschützen machten ihnen Platz. Mattim achtete nicht auf die Blicke, die sie ihm zuwarfen. Farank kletterte die Sprossen in der Kaimauer hinunter. Sein Sohn zögerte einen Moment, dann folgte er ihm. Unter seinen Füßen, unter dem getrockneten Blut, brannte das kaum wahrnehmbare Licht des Flusses.

    Der Lichtkönig schritt den Schatten entgegen, die in einer langen Reihe auf die Stadt zumarschierten. Mattim ging
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